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Am 26. Juni las er zum Eintritt in die deutsche 1784. Gesellschaft einen Aufsaß über die Frage: was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken ?" Derselbe ist

unter dem Titel „die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet" in seine Werke aufgenommen, und neuerdings von Hoffmeister sorgfältig zergliedert und im rechten Verhältnisse zu seiner fortschreitenden Geistesbildung dargestellt, insbesondere auf die darin enthaltene Idee aufmerksam gemacht worden, „daß das ästhetische Gefühl und folglich auch die Kunst, in einem harmonischen Spiele und mittleren Zustand der sittlichen und geistigen Kräfte des Menschen liege," eine Idee, auf welche er später seine ganze Theorie des Schönen erbaute. *

Schiller vertheidigte in diesem Auffaße die Schaubühne von ihrer edelsten Seite, als eine Gehülfin der Religion und der Geseze. „Welche Verstärkung," sagt er, „für diese, wenn sie mit der Schaubühne in Bund treten, wo Anschauung und lebendige Gegenwart ist, wo Laster und Tugend, Glückseligkeit und Elend, Thorheit und Weisheit in tausend Gemälden faßlich und wahr an dem Menschen vorübergehen, wo die Vorschung ihre Räthsel auflöst, ihren Knoten vor seinen Augen entwickelt, wo das menschliche Herz auf den Foltern der Leidenschaft seine leisesten Regungen beichtet, alle Larven fallen, alle Schminke verfliegt, und die Wahrheit unbestechlich wie Rhadamanthus Gericht hält. Die Gerichtsbarkeit der Bühne fangt an, wo das Gebiet der weltlichen Geseze sich endigt... aber ihr Wirkungskreis dehnt sich noch weiter aus. Auch da, wo Religion und Gesetz es unter ihrer Würde achten,

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1784. Menschenempfindungen zu begleiten, ist sie für unsere Bildung noch geschäftig (durch die Züchtigung der Thorheit). Zugleich ist die Schaubühne mehr als jede andere öffentliche Anstalt des Staats eine Schule der praktischen Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele." Aber „nicht bloß auf Menschen und Menschencharakter, auch auf Schicksale macht uns die Schaubühne aufmerksam, und lehrt uns die große Kunst, sie zu ertragen." Und nicht genug; „sie lehrt uns auch gerechter gegen den Unglücklichen zu seyn, und nachsichtsvoller über ihn richten. ist endlich der gemeinschaftliche Kanal, in welchen von dem denkenden, bessern Theile des Volks das Licht der Weisheit herunterströmt, und von da aus in mildern Strahlen durch den ganzen Staat sich verbreitet.“

Sic

Was in dieser Rechtfertigung seines neuen Berufes von Schiller gesagt wird, ist wahr, auch wenn es gleich nicht der höchste Standpunkt ist, auf welchen die Poesie gestellt werden muß, und auf welchen sie Schiller nachher selbst stellte, als eine Herrin der Schönheit, nicht bloß als eine Dienerin der Pflicht. Er nannte später die religiösen und moralischen Wirkungen der Poesie und der Bühne nicht mehr Zweck, nicht mehr Dienst, aber er läugnete sie nicht als natürliche Folge. Zugleich zeigt dieser Auffah, mit welchem heiligen Eifer Schiller sein neues Amt im Dienste der Menschheit angetreten hat.

Der Baron von Dalberg war gewohnt, jährlich dramaturgische Preisfragen zur Beantwortung aufzugeben, in welchen sich die Mitglieder der Mannheimer Bühne Rechenschaft über ihre Kunst und ihr Spiel ablegen sollten; die Auffäße wurden in der Ausschußversammlung der

Schauspieler vorgelesen, und dann empfing Dalberg die 1784. Manuscripte, und entschied mit Zuziehung der deutschen Gesellschaft und einiger dramaturgischen Schriftsteller. Schiller erkannte in der Theilnahme an dieser Anstalt eine sehr angenehme und fruchtbare Uchung für seine freien Augenblicke, und erfuhr durch sie als dramatischer Schriftsteller mannigfache Belehrung. Zugleich machte die deutsche Gesellschaft jährliche Preisfragen bekannt und unserem Dichter wurde die vorläufige Durchsicht eingegangener Auffäße übertragen. Unter diesen wurde Schiller durch die Handschrift seines Jugendfreundes Petersen überrascht: alle traulichen Abende, alle Gespräche, alle Entwürfe der Stuttgarter Vergangenheit traten plößlich vor seine Seele: "Ich mußte in der Pfalz eruliren,“ schreibt er seinem Freunde, mit der Meldung, daß er ihm ein Accessit mit 25 Dukaten durchgescht habe, „ich mußte Mitglied dieser Gesellschaft werden, um dir vielleicht darin dienen zu können!"

*

Aus jener Beschäftigung mit den Auffäßen der Mannheimer Schauspieler entwickelte sich nun allmählig der Plan Schiller's zu einer dramaturgischen Monatschrift, die eine Geschichte des Mannheimer Theaters, eine Uebersicht seiner Einrichtung und seines Geschmacks, Schilderung seines Personals, Verzeichniß der gegebenen Stücke, Kritik des Spiels, fortlaufendes Monatsrepertorium, Auffäße, Gedichte und die Preisaufgaben der Intendanz nebst deren

Johann Wilhelm Petersen, Bibliothekar zu Stuttgart, geb. zu
Bergzabern im Elsaß 1758, studirte auf der Carlsschule und
wurde 1789 Professor der Diplomatik und Heraldik an derselben.
Er starb 1815. Der Auffag führte den Titel: „leber die
Epochen der deutschen Sprache,“ und wurde dem 2ten Bande
der „Schriften der Mannh. deutschen Gesellschaft“ einverleibt.
Schwab, Schillers Leben.

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1784. Entscheidung enthalten sollte. Die Correspondenz, welche Schiller mit Dalberg im Juni 1784 wegen dieses Planes führte, läßt keineswegs auf besondere Geneigtheit dieses leztern schließen; die Empfindlichkeit des Dichters ist in seinen Briefen sehr fühlbar, und er unterzeichnet dieselben kalt, bald mit vollkommenstem Respekt, bald nur mit vollkommenster Achtung. Endlich wurde am 2. Julius der Plan zu der Mannheimer Dramaturgie dem Intendanten vorgelegt; aber die Sache scheiterte an dem Geize seines Gönners, welcher die jährliche Gratifikation von fünfzig Dukaten aus der Theaterkasse zu leisten sich nicht entschließen konnte.

Entscheidung für Don Carlos. Rheinische Thalia.

Schiller fand seinen Trost für die Vereitlung eines Lieblingsplanes da, wo er ihn suchen sollte, in der Produktion. Sein versöhnliches Gemüth verschmerzte auch bald die Kränkung, die ihm Dalberg durch die Zurückweisung seiner Idee angethan. Als dieser im August 1784 von Mannheim abwesend war, verwünschte er den Sommer, der den klugen Rathgeber aus seiner Sphäre gezogen, und fühlte seinem Genius einen leidigen Zwang auferlegt. Er vermißte die elastische Feder, die seine Phantasie und Schöpfungskraft in Schwung bringen und erhalten sollte, und sah mit Vergnügen die Blätter fallen und den Herbst kommen, der ihm den Vertrauten seiner poetischen Gedanken zurückbringen sollte.

Denn nachdem er sich einige Zeit mit den Gedanken

an einen Conradin, an einen zweiten Theil der Räuber, an 1781. eine Bearbeitung von Shakspeare's Macbeth und Timon für die deutsche Bühne getragen, so war er jezt endlich für Don Carlos entschieden. Er ist ein herrliches Sujet," schreibt er an Dalberg den 24. August, „vorzüglich für mich. Carlos, Philipp, die Königin und Alba öffnen mir ein unendliches Feld. Ich kann mir es jezt nicht verbergen, daß ich so eigensinnig, vielleicht so eitel war, um in einer entgegengesezten Sphäre zu' glänzen, meine Phantasie in die Schranken des bürgerlichen Kothurns einzwängen zu wollen, da die hohe Tragödie ein so fruchtbares Feld, und für mich, möchte ich sagen, da ist; da ich in diesem Fache größer und glänzender erscheinen, und mehr Dank und Erstaunen wirken kann, als in keinem andern, da ich hier vielleicht nicht erreicht, in andern übertroffen werden könnte."*

Als Schiller diese Worte schrieb, hatte er das volle Bewußtseyn seiner Kraft und seiner Bestimmung; es lautete wie Prahlerei, aber es war die Wahrheit, die er aussprach, und der Erfolg hat seine Prophezeihung bestätigt.

In diesem Gefühl seiner Weihe ging er an die Arbeit, die sein Freund Streicher mit Bewunderung vorrücken sah. Seine Gespräche verbreiteten sich nicht allein über den Plan

* Noch_am_ 7. Juni war dieser poetische Durchbruch bei dem Dichter nicht erfolgt. Damals schrieb er noch an Dalberg: „Carlos würde nichts weniger als ein politisches Stück, sondern eigentlich ein Familien gemälde in einem fürstlichen Hause; und die Situation eines Vaters, der mit seinem Sohne so unglücklich eifert, die schrecklichere Situation eines Sohnes, der bei allen Ansprüchen auf das größte Königreich der Welt ohne Hoffnung liebt, und endlich aufgeopfert ist, müßten, denke ich, interessant ausfallen."

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