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Schiller in Leipzig und Dresden.

nicht 15

Eine Wohnung nicht zu ebener Erde, und nicht unter 1785. dem Dach, ein Schlafzimmer, das zugleich Arbeitszimmer seyn kann, und ein Besuchzimmer dazu, beides wo möglich nicht mit der Aussicht auf einen Kirchhof (denn er liebt die Menschen und also auch ihr Gedränge); Commode, Schreibtisch, Bett und Sopha, ein Tisch und einige Sessel: -wenn das in Leipzig zu haben ist, so braucht (nach seinem Briefe an den neugewonnenen Freund Huber aus Mannheim vom 25 März 1785) unser Dichter zu seiner Bequemlichkeit nichts weiter. Kann er mit dem fünffachen Kleeblatte von Freunden nicht zusammenspeisen, so will er die Table d'hôte im Gasthof aufsuchen; denn er fastete lieber, als daß er nicht in Gesellschaft (großer, oder auserlesen guter) speisete. Nur nicht allein wohnen, nur keine eigene Dekonomie! das ist nun einmal schlechterdings seine Sache nicht. Es kostet ihn weniger, eine ganze Verschwörung und Staatsaktion durchzuführen, als seine Wirthschaft. Wenn ein zerriffener Strumpf ihn an die wirkliche Welt mahnt, so wird seine Seele getheilt, und er stürzt aus seinen idealischen Welten!

Außer den oben genannten Erfordernissen brauchte Schiller (nach eben jenem Briefe) zu seiner geheimen Glückseligkeit nur noch einen rechten wahren Herzensfreund, der ihm stets wie sein Engel zur Hand wäre, dem er seine

1785. aufkeimenden Ideen in der Geburt mittheilen könnte, und nicht erst durch Briefe oder lange Besuche zutragen müßte. „Ich kenne mich besser, als vielleicht tausend anderer Mütter Söhne sich kennen; ich weiß wie viel, und oft wie wenig ich brauche um ganz glücklich zu seyn. Es fragt sich also: kann ich in Leipzig diesen Herzenswunsch in Erfüllung bringen? Wenn es möglich ist, daß ich Eine Wohnung mit Ihnen beziehen kann, so sind alle meine Wünsche darüber gehoben. Ich bin kein schlimmer Nachbar, wie Sie sich vielleicht vorstellen möchten. . . . Können Sie mir dann noch außerdem die Bekanntschaft von Leuten zu Wege bringen, die sich meiner kleinen Wirthschaft annehmen mögen, so ist Alles in Richtigkeit."

Der Leipziger Freund scheint seinen Wünschen entsprochen zu haben, obgleich wir nicht wissen, in welcher Ausdehnung. Genug, Schiller trat Ende März oder Anfang Aprils die Reise von Mannheim aus an, aber es war, wie er seinem alten Freunde Schwan aus Leipzig vom 24. April berichtet, die fatalste, die man sich denken kann. Morast, Schnee und Gewässer peinigten ihn wechselsweise, und trot unaufhörlicher Vorspann verzögerte sich die Ankunft am Ziele doch um zwei Tage gegen die Berechnung.

Ob Schiller seinen Körner sogleich anwesend getroffen, bleibt zweifelhaft. Er nennt unter unzähligen Bekanntschaften nur „Weiße (den Verfasser des Kinderfreunds), Deser (den kunstreichen Freund Göthe's), Hiller (den Musikdirektor und Componisten), den Professor Huber, Jünger (den Theaterdichter) und den Schauspieler Reineke." Außer diesen Männern werden noch der Buchhändler Göschen, später Schillers freigebiger Verleger, und der seltsame Morik, der ihm auch in der Folge näher trat, als neue Bekanntschaften

„Man hat.

Schillers genannt, und der leßtere gedenkt in seinem Haupt- 1785. werke einer traulichen Unterredung mit dem Dichter, aus jener Zeit. In den ersten Tagen vergaß er über den Mannigfaltigkeiten, die durch seinen Kopf gingen, sich selbst. Recht genießen konnte er auch, da es gerade Meßzeit war, Niemand, denn die Aufmerksamkeit auf Einzelne verlor sich in dem Getümmel. Seine angenehmste Erholung war, Richters Caffeehaus zu besuchen, wo er immer die halbe Welt Leipzigs beisammen fand und seine Bekanntschaften mit Einheimischen und Fremden erweiterte. mir,“ schreibt er weiter an Schwan, „von verschiedenen Seiten her verführerische Einladungen nach Berlin und Dresden gemacht, denen ich wohl schwerlich widerstehen. werde. Es ist so eine eigene Sache mit einem schriftstellerischen Namen, bester Freund! Die wenigen Menschen von Werth und Bedeutung, die sich einem auf diese Veranlas= sung darbieten, und deren Achtung einem Freude gewährt, werden nur allzusehr durch den fatalen Schwarm derjenigen aufgewogen, die wie Geschmeißfliegen um Schriftsteller herum summen, einen wie ein Wunderthier angaffen, und sich obendrein gar, einiger vollgekleksten Bogen wegen, zu Collegen aufwerfen. Vielen wollt' es gar nicht zu Kopf, daß ein Mensch, der die Räuber gemacht hat, wie andere Muttersöhne aussehen solle. Wenigstens rundgeschnittene Courierstiefel und eine Heßpeitsche hätte man

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Haare, erwartet."

* Das Natürlichste erschien noch damals affektirt und unbegreiflich. Es war fast noch, wie hundert Jahre früher zu Molières Zeit, der es als das non plus ultra von Lächerlichkeit aufführte, daß sein Harpagon vom Sohne verlangt, er könnte wohl auch aus Sparsamkeit ohne Perrücke gehen, les cheveux crus.

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1785.

Er gedachte nun dem Beispiele der Leipziger Familien zu folgen und den Sommer eine Viertelstunde von der Stadt auf dem Dorfe Gohlis, das schon Flemming in feinen Gedichten verherrlicht hat, und nach dem der Weg durch das berühmte Rosenthal führt, zu verleben, dort am Don Karlos und der Thalia zu arbeiten, und - sich unvermerkt zur Medicin zu bekehren.

Ja, zur Medicin! Aber warum? Welche Bürgschaft giebt er seinem Freunde Schwan für diesen raisonnabeln Entschluß? „Ießt oder nie muß es gesagt seyn. Nur meine Entfernung von Ihnen giebt mir den Muth, den Wunsch meines Herzens zu gestehen. Oft genug, da ich noch so glücklich war, um Sie zu seyn, oft genug trat dieß Geständniß auf meine Zunge; aber immer verließ mich meine Herzhaftigkeit, es herauszusagen.“ Kurz, er hat Schwanz liebenswürdige Tochter, bei dem freien Zutritt in des Vaters Hause, ganz kennen gelernt; die freimüthige, gütige Behandlung, deren ihn beide würdigten, verführten sein Herz zu dem kühnen Wunsche, Schwans Sohn seyn zu dürfen. Seine bis jezt unbestimmten und dunkeln Aussichten fangen an sich zu seinem Vortheile zu verändern, und er wird mit jeder Anstrengung seines Geistes dem gewissen Ziel entgegengehen. Zwei Jahre rechnet er bis zur Erfüllung seines Wunsches, und Ein Jahr hat er schon in der Stille geliebt (in dieser Frist jedoch auch um Lotte von Wolzogen gefreit, 7. Juni 1784). Der Herzog von Weimar war der erste Mensch, dem er sich öffnete, und

er freute sich der Wahl des Dichters.

Von ihrer Ent

scheidung," schließt er, der ich mit Ungeduld und furchtsamer Erwartung entgegensehe, hängt es ab, ob ich es wagen darf, selbst an Ihre Tochter zu schreiben."

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