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Plane zu seyn, hätte ein andres Gepräge tragen müssen, 1783 als der allzu weibische Jüngling, dessen Ideal Schiller aus bis unreiseren Jahren mitgebracht, und der im Stande war, die Worte einer Dirne mit dem Ausrufe zu erwiedern:

Unglaublich! wie? ein solches Mädchen hatte

Madrid, und ich, und ich erfahr' es heute
Zum erstenmal?*

Es ist sehr begreiflich, wie zwei Kritiker dieses Stück zweier-
lei Perioden Schillers anweisen konnten. Dasselbe ruht
mit seinen drei ersten Akten in Schillers lyrisch-dramatischer
Jugendperiode, und thut mit allen seinen Personen (insbe-
sondere mit Posa, Philipp und der Königin, zulegt mit
Carlos selbst) in den zwei leßten Akten einen wahren Rie-
senschritt in die männliche Kunstbildung des Genius hinein.
Und es ist am Ende gerade diese wunderbare Verwandlung,
welche während des Stückes mit den Charakteren desselben
vorgeht, die uns von der Allmacht des genialen Willens
überzeugt, der den Dichter fühlbar vorwärts und dem Ziel
entgegen reißt.

Von den drei ersten Akten, zumal in ihrer ursprünglichen Gestalt, gilt nun auch hauptsächlich Wielands Tadel, welcher die psychologische Wahrheit an den Charakteren vermißt und findet, daß sie schöne Carrikaturen seyen; welcher schwülstige, zur Unzeit wißige, oder sonst unschickliche Gedanken und Ausdrücke rügt, in Don Carlos eher einen Wilden, als einen Zögling Karls V. sieht, und den

Dieß sagt Carlos, nachdem Eboli ihm erklärt hat, daß „der
Seelen entzückender Zusammenklang ein Kuß der
Schäferstunde schwelgerische Freuden. nur Einer
Blume Blätter ¡seyen." Und so spricht die Prinzessin vor
ihrem Falle!

1788.

1788.

1783 Rodrigo, der die Mißhandlung des Knaben Carlos um seinetbie willen zugeben und ansehen konnte, den Elendsten unter allen Nichtswürdigen, die jemals Athem geholt haben, schilt; denn der übrige Theil dieses Urtheils, daß Schiller noch zu reich sey, zu viel sage, zu voll sey an Gedanken und Bildern, ist an der Arbeit eines jungen Mannes mehr Lob als Tadel.

Gewiß waren es jene ersten Akte, welche Göthe'n den Ausspruch abnöthigten, „daß die Erscheinung des Don Carlos nicht geeignet gewesen sey, ihn dem Dichter näher zu führen,“ und die zwei leßten, welche ihn zur Anerkennung vermochten, daß sich Schiller schon im Don Carlos einer gewissen Mäßigkeit beslissen, daß er im Begriffe ge= standen, sich zu beschränken, dem Rohen, Uebertriebenen, Gigantischen zu entsagen; daß ihm schon das wahrhaft Große und dessen natürlicher Ausdruck gelang." Auch das harte Wort Zelters, „daß von den Hauptrollen keiner recht schuldig, und keiner eigentlich unschuldig sey, weil sie zu dumm seyen, oder zu superklug, wie der einfältig weise Posa, der den Kohl fett machen will, und sehr gut daran gethan hätte, noch einige Jahre zu reisen," auch dieses Wort über das „mühsame Stück unsres edlen Schiller“ kann doch, wenn etwas Wahres daran ist, nur auf die früher verschuldete unvollkommene Anlage des Ganzen sich gründen.

Schiller selbst, der liebenswürdige, bescheidene Schiller, blickte in späterer Zeit, als er es wieder für das Theater bearbeitete, mit unbefangenem Auge auf das Trauerspiel seiner ersten Mannesjugend zurück und sprach: „Es ist ein sicherer theatralischer Fonds in dem Stück; es enthält Vieles, was ihm die Gunst verschaffen kann; es war frei

lich nicht möglich, es zu einem befriedigenden Ganzen zu 1783 machen."

Die Ausgabe des Don Carlos, die wir jezt in den Gesammtwerken sinden, ist eine Arbeit der späteren Jahre des Dichters. Er unterdrückte darin manche „trunkene Gedanken und sprißende Pechfackelflammen" und verwandelte den metrisch falsch gebrauchten Namen Ródrigo größtentheils in Roderich. „Ein gediegenes poetisches Kunstwerk in höherem Sinne konnte indessen das Stück seiner ganzen Anlage nach doch nicht werden." Wie es von 1784 an vor den Augen des deutschen Publikums, durch die Mittheilungen in der Thalia, allmählig wurde, arbeitete gleichsam die ganze Zeit mit, insbesondere „tausend und wieder tausend deutsche Jünglinge; und wie man sich chedem als Hamlet und Werther gefallen hatte, so gefiel man sich jest als feuriger Jnfant, dem man jedoch etwas Posa beimischte, um die Composition solider zu machen.“ In dieser Gestalt, die das Stück noch in der Ausgabe von 1787 hat, „bleibe es für die Nachwelt, was es war, eine großartige und geniale, aber ungemessene und unkorrekte Aeußerung der Zeit, die sich hier in tausend Stücken, die sle will und die sie nicht will, ausspricht." *

Was wir weiter über dieses Drama sagen möchten, sey auf den Ueberblick dieser Periode des großen Dichterlebens verspart.

* Aus dem mehrfach angeführten Aufsaß der Blätter für lit. Unterhalt. 1836 (S. 1201), in welchem ich eine Freundeshand zu erkennen glaube, die seit kurzem ruht.

bis

1788.

1788.

Aufenthalt in Volkstädt.

Nach diesen schwierigen, doch für den poetischen Lebenslauf des Dichters unentbehrlichen Untersuchungen, begleitet der Leser gewiß von dem Ambos der Dichtung hinweg, die kein so leichtes und anmuthiges Geschäft ist, als die Wirkungen ihrer schönsten Resultate glauben machen, den Poeten gern in die Zurückgezogenheit des ländlichen Thales, wo seine Neigung wohnt.

Eine halbe Stunde von Rudolstadt, frei vor dem Dorfe Volkstädt gelegen, steht das kleine Haus, in welchem Schiller im Maimonat 1788 seine Frühlingswohnung bezog. Aus seinem Zimmer, so lautet die Beschreibung der Schwägerin, * übersah er die Ufer der Saale, die sich in einem sanften Bogen durch die Wiesen krümmt und im Schatten uralter Bäume dahinfließt. Die gegenüber am jenscitigen Ufer des Flusses sich erhebenden waldigen Berge, an deren Fuß freundliche Dörfer liegen, und das hoch und schön gelegene Schloß von Rudolstadt an der andern Seite geben diesem Plage den Reiz der Mannigfaltigkeit, zugleich einer Einsamkeit, aus der man nur anmuthige Gegenstände überschaut. Auf einer kleinen Anhöhe, dem Hause gegenüber, die ein Wäldchen krönt, hat ein kunstliebender Verehrer Schillers ein Monument für ihn errichtet, wozu Dannecker seine kolossale Büste zu einem Bronzeabguß verehrte. Hier, wo das ehemals Unbehaun'sche Wohnhaus, Schillers einstige Miethwohnung, steht, erkaufte jener von den Besißern der am Fuße des Berges gelegenen schönen Porcellanfabrik im Juli 1828 ein Stück Berglandes

Fr. v. Wolzogen I, 262 ff., für den ganzen Abschnitt. ** Geheimer Kammerrath Werlich von Rudolstadt. Vgl. „die Büste Schillers auf Schillershöhe." Rudolstadt 1833.

und arrondirte es durch weitere Käufe; bald entstanden Wege 1788, zwischen Felsen, Erhöhungen, Einebnungen; schöne Ges sträuche, Rosen und andre Blumen erblühten, ein Schilfhausward errichtet, Ruhepläßchen erhoben sich; in die schöne Felfengruppe wurde die Inschrift, „Schiller 1788," eingehauen, und in einer natürlichen, nur wenig erweiterten Nische des Gesteins am 9. Mai 1830, Schillers vielbegangenem Todestage, die Bronzebüste des Dichters beim Gesange der Rudol städter Liedertafel im Angesichte von mehr als 2000 Zuschauern aus der Stadt und Umgegend aufgestellt und enthüllt. Das Gestein ist mit Gesträuchen und Grasblumen bewachsen, und neuangepflanzte, in die Felsenrisse und in die Nische hineingezogene Epheuranken geben dem Ganzen einen Anstrich, als wenn die Natur selbst diesen Plaß zu dem bestimmten Zwecke vorbereitet hätte. Ueber der Nische zieht sich ein Felssturz von sechs Fuß Höhe mit ebener Stirne hin, an welcher eine goldene Lyra, aus Sternen gebildet, weit in die Gegend hinaus leuchtet.

"Oft wird dieser schöne Plaz* denen, die Schillern noch persönlich gekannt, und den jüngern, seinem Geiste befreundeten Bewohnern zum Vereinigungsplaße dienen, und Göthes sinnvolle Worte bewähren :

Die Stelle, die ein guter Mensch betrat,
Sie bleibt geweiht für alle Zeiten.“

Wir müssen für die vorliegende Periode Schillers meist die treue Beobachterin seines neuen Glückes sprechen lassen: "In unserem Hause,“ fährt Frau von Wolzogen fort, „begann für Schillern ein neues Leben. Lange hatte er den Neiz

* Daß Schiller hier seinen „Spaziergang" gedichtet, ist irrig. Er entstand 1795 in Jena, im Okt., f. Schiller an Humboldt (Brfw. S. 227).

Schwab, Schillers Leben.

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