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1788. eines freien freundschaftlichen Umganges entbehrt; uns fand er immer empfänglich für die Gedanken, die eben seine Seele erfüllten. Er wollte auf uns wirken, uns von Poesie, Kunst und philosophischen Ansichten das mittheilen, was uns frommen könnte, und dies Bestreben gab ihm selbst eine milde, harmonische Gemüthsstimmung. Sein Gespräch floß über in Heitrer Laune. Ein Waldbach, der sich in die Saale ergießt, und über den eine schmale Brücke führt, war das Ziel, wo wir ihn erwarteten. Wenn wir ihn im Schimmer der Abendröthe auf uns zukommend erblickten, da erschloß sich ein heiteres ideales Leben unserem innern Sinne. Hoher Ernst und anmuthige geistreiche Leichtigkeit des offenen, reinen Gemüths, waren in Schillers Umgang immer lebendig, man wandelte wie zwischen den unwandelbaren Sternen des Himmels und den Blumen der Erde in seinen Gesprächen."

„Auf diesem milden Lichtpfade geistiger Freundschaft“ follte Schiller das Herz Charlottens gewinnen. Die ältere Schwester, damals Gattin des Herrn von Beulwiß, begeg= nete mit ihrem immerwährenden Bedürfnisse eines Lebens in Ideen der ganzen Stimmung des Dichters. Die nächsten Umgebungen förderten diese Neigung; ihr Gemahl hatte viele Kenntnisse und wissenschaftliche Ausbildung. Zu ihrer beinahe täglichen Gesellschaft gehörte der Baron Gleichen mit seiner Braut, nach Karolinens Zeugniß einer der edelsten und liebenswürdigsten Menschen. ** „Ausbildung des Geistes war sein innigstes Bedürfniß, und die reinste wohlwollendste Gesinnung stellte sich in seinem ganzen Leben wie in seiner ausgezeichnet schönen Gestalt dar. Er hatte viel Sinn für bildende Kunst; wir zeichneten und malten zusammen . . .. Sein

* Er starb als Rudolstädt'scher Geheimer-Rath

** Sein Sohn ist Gatte von Schillers jüngstem Kind, Emilie.

ganzes Wesen war Religion, Achtung vor dem Gewissen, 1788. Abweisung alles Unrechts und zarte Schonung jedes Verhältnisses. Dennoch konnte dieser treffliche Mensch nicht zur Einigkeit mit sich selbst kommen. Er studirte alle philosophische Systeme, um über die ewigen Fragen der Menschheit Antwort zu finden. Sein Glaube wurde von seinem Scharfsinne gestört; er lebte immer im Zweifel. Unsere Gespräche betrafen meistens Gegenstände der Metaphysik, ich wünschte Ueberzeugung für meinen Freund." So wurde Schiller von der bei ihm sich eben jezt recht festseßenden Spekulation, selbst wider Willen, im Athem gehalten; er mußte sich ergeben, so oft er auch, im Augenblicke nach andern Richtungen strebend, bat, die Metaphysik nur einige Tage ruhen zu lassen.

Gleichen fand in der Kant'schen Philosophie späterhin, wie Schiller selbst, Beruhigung, und die Erziehung der Söhne seines Freundes, des Fürsten von Rudolstadt, entzog ihn seinem überwiegenden Hange zur Spekulation.

Der Fürst und sein Bruder, Prinz Carl, lebten, als liebenswürdige Jünglinge, viel im Lengefeld'schen Kreise, und bewahrten immer eine herzliche Freundschaft für Schiller. Ob der Dichter selbst je dem großen und in Deutschland in seiner Art einzigen Volksfeste, dem sogenannten Rudolstadter Vogelschießen, beigewohnt, auf des Fürsten Veranstaltung daselbst Schüße wurde, und als er den ihm dargereichten, mit altem Rheinwein gefüllten Becher, der Sitte gemäß, leerte, und Kanonenschüsse zu Ehren des neuen Schüßen fielen, zum Fürsten gewandt, die Worte sprach: Onädigster Herr! Ich wünsche Ihnen alle Kronen der Erde, denn ich sehe, Ihre Unterthanen sind sehr glücklich!" diese ganze Erzählung muß beruhen bleiben, da die Nachricht an

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1788. chronologischen Widersprüchen* leidet, und Schillers Lebensbeschreiberin derselben nicht erwähnt.

Glaublicher ist, was weiter gemeldet wird, daß Schiller die Natur der Umgegend liebend genossen, und das Stammhaus der Grafen zu Schwarzburg, wie die benachbarte hohe byzantinische Ruine des Klosters Paulinzelle wiederholt bes sucht habe, ** und er soll Jedem, der in jenen Gegenden reiste, noch in Weimar den Rath gegeben haben: „die Natur auf Schwarzburgs hohen Bergen zu belauschen!" Der Weg dahin, ist, wie alle Wege durch das Saalethal, auch von Rudolstadt aus febr malerisch; ein enges düsteres Thal windet fich, nachdem man an Stadt und Ruine Blankenburg *** vorüber ist, in Kreisformen durch das Gebirge; in seiner Mitte rauscht tosend die Schwarza, bald über hellen kiesigen Boden, bald über Felsenmassen und Erdschollen hinweg, die sich wie ein verfallenes Menschenwerk in ihrem kleinen Bette emporthürmen. Düstre Fichten und Lannen, nackte, Einsturz drohende Felsen, Schlünde und Haiden beschäftigen vier Stunden lang das Auge. Nicht fern vom Eingange des Thals erhebt sich eine Felsenpyramide, von der Schiller gesagt haben soll, „daß sie ein Denkmal abgeben könne und er

* Die jedoch vielleicht zu lösen wären, wenn die Begebenheit in einen Vakanzaufenthalt Schillers von Jena aus fiel. Februar 1840.

** In der dritten Sektion von Georg Wigands „malerischem und romantischem Deutschland,“ welche Thüringen umfaßt, findet man mit Ludw. Bechsteins blühendem und belehrendem Terte außer den Abbildungen von Meiningen (Tert S. 22 34), Weimar (S. 189–196) und Jena (S. 146–151) auch Rudolstadt (S. 134–140), Paulinzelle (S. 121 124), Schloß Schwarzburg (S. 128 ff.) und das Schwarzathal (S. 124-134).

*** Bei Wigand abgebildet und beschrieben S. 116–120.

auch hier den Fürsten verewigt wissen möchte." Die Schwarz- 1788. burg liegt wie eine Königin in sich faltenden Gewändern von verschiedenem Grün" auf einem hohen Berg am Ende des Thales, an der forellenreichen Schwarza. Von diesem Standpunkte gesehen erscheint reizend und einladend in der Uebersicht, was im Einzelnen finster und abschreckend aussah. Nicht weit vom Schlosse findet sich der Gasthof, in dessen Fremdenbuch Schiller die berühmten Worte schrieb:

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Von diesem Ausfluge kehren wir nach Volkstädt zurück, in das Studierzimmer des Dichters. Dieser arbeitete dort an seiner Geschichte des Abfalls der Niederlande, und las den Schwestern die einzelnen Abschnitte vor, wie sie vollendet waren. Zu jenem Gegenstande hatten ihn die Studien über den Don Carlos geführt. Auch der Geisterscher beschäftigte ihn, und das philosophische Gespräch in diesem Romane, das Schiller später unterdrückte, und in welchem als Grundgedanke erscheint, daß Zweck und Mittel nur Begriffe menschlicher Thätigkeit und Bestrebungen seyen, daß alle Teleologie der Natur ein täuschendes Spiel unserer Einbildungskraft, und deßwegen der Mensch durch die theoretis sche Beschränktheit seiner Vernunft, sowie durch die Unzuverlässigkeit des Glückes, ganz theils auf das Wirken im Augenblicke, theils auf das Genießen desselben hingewiesen sey* dieses ganz in Kant'sche Ideen getauchte Gespräch hält Karoline v. Wolzogen „vielleicht für einen Nachklang ihrer spekulativen Unterhaltungen."

· Vergl. Hoffmeister II. 45 ff. „Schiller ordnete also, wie alle Edelsten unseres Geschlechts, das Handeln dem Erkennen über."

1788.

Schillers erste Bekanntschaft mit den Griechen. Die
Götter Griechenlands. Die Künstler.

Zu Weimar und in dem holden weiblichen Kreise zu Rudolstadt wurde Schiller auch, am leztern Orte als lernender Lehrer, seit seinen Schulstudien, die doch selbst in der Akademie nicht viel über die Elemente der griechischen Sprache hinausgegangen waren, wieder, und zwar zum erstenmale, obwohl nur durch Ueberseßungen, gründlicher in die Welt des hellenischen Alterthums eingeführt, und „das Leben und Weben in diesen Urgebilden wurde auch ein Wendepunkt für seinen eigenen Geist."

In dieser Zeit schrieb er an seinen Freund Körner: „Ich lesc jezt fast nichts als Homer; die Alten geben mir wahre Genüsse. Zugleich bedarf ich ihrer im höchsten Grade, um meinen eigenen Geschmack zu reinigen, der sich durch Spitfindigkeit, Künstlichkeit und Wigelei sehr von der wahren Simplicität zu entfernen anfing.“

Dieses Lesen im Homer geschah in Gesellschaft der Freundinnen, denen Schiller Abends regelmäßig die Odyssee vorlas; „und es war ihnen, als rieselte ein neuer Lebensquell um fie her.“ Darauf kamen die griechischen Tragiker, freilich nur aus des Paters Brumoy französischer Ueberseßung, an die Reihe. Aber auch so ergriff diese große Darstellung der Menschheit in ihrer Allgemeinheit und ewigen Naturwahrheit,“ fagt Schillers Schwägerin, uns im tiefsten Innern, und entzückte uns so sehr, daß wir viele Stellen der Tragödien überseßten, um nur diese Reden, Gefühle und Bilder vermittelst unserer Sprache inniger in Herz und Seele aufzunehmen." Schiller versprach ihnen, ihre Lieblingsstücke zu verdeutschen, und wahrscheinlich hat dieses Versprechen die deutsche Bearbeitung der Iphigenie in Aulis von Euripides

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