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1797. schreiben, zuweilen aus dem neben ihm stehenden Pokal einen flüchtigen Zug thun. *

1796

1797.

Auch in seiner Winterwohnung, abgesondert vom Gewühle der Menschen, im Griesbach'schen Hause am Stadtgraben, hinten hinaus, fand man ihn zuweilen bis früh um vier, auch fünf Uhr am Schreibtische; im Sommer bis gegen drei Uhr. Aber hier zu verweilen ward ihm, bei peinigender Kränklichkeit und herankommendem Frühlinge, jest ganz unerträglich.

Am 2. Mai 1797 kann er endlich an Göthe schreiben: „Ich begrüße Sie aus meinem Garten, in den ich heute eingezogen bin. Eine schöne Landschaft umgibt mich, die Sonne geht freundlich unter und die Nachtigallen schlagen. Alles um mich herum erheitert mich, und mein erster Abend auf dem eigenen Grund und Boden ist von der fröhlichsten Vorbedeutung."

Schillers geselliges Leben hatte sich in der lezten Zeit bis auch recht angenehm gestaltet. Besuche seines Schwagers Reinwald und seines Freundes Körner erfreuten ihn. „Bringe immer das ganze Geräthe deiner Launen mit, lieber Reinwald:" schreibt er, ohne Datum, dem Schwager, * „Ein Hypochonder wird mit dem andern Geduld haben. Doch ist bei mir, das sey zu Eurem Trost gesagt, die Hypochondrie mehr im Unterleib und in der Brust, als im Gemüth, welches bei allen Unfällen, die über mich ergingen, Dank sey dem guten Gott, noch leidlich frei geblieben ist." Oft erheiterte sich seine trübe Stimmung im Umgange mit den geistreichen Männern,

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Nach der Schwägerin Versicherung trank er bei'm Schreiben nie
Wein, oft Kaffee, der ermunternd auf ihn wirfte. Fr. v.
Wolz. II, 294.

** Boas II,

482.

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welche die Universitätsstadt Jena damals in ihren Mauern 1796 vereinigte. Mit Fichte zwar kam er erst in nähere Berührung, 1797. als es galt, sich des Bedrängten anzunehmen, was der hohe und edle aber unfügsame Charakter dieses Philosophen nicht eben erleichterte. Schellings, des neuen Ankömmlings, tiefer Geist und offenes Gemüth machten ihm diesen bald sehr werth; mit ihm und dem vieljährigen philosophischen Glaubensgenossen Niethammer verbrachte er alle Wochen einen heiteren Abend bei einer Lhombre-Partie. Die ältern Freunde blieben immer treugesinnt. Schon im Jahre 1796 war der Jugendfreund Schillers und seiner Schwägerin Caroline, Wilhelm von Wolzogen, der in Paris manchem Sturme der Revolution getrost hatte, und nach Stuttgart zurückgekehrt war, der zweite Gatte dieser aus früher Jugend ihm theuren Anverwandten gewors den. Sie waren zusammen nach Bauerbach gereist, als das französische Heer, Schwaben überschwemmend, nach Franken vordrang, und hatten sich endlich vor dem Gewitter nach Nudolstadt und Jena geflüchtet. Wolzogen wurde als Kammerrath und Kammerherr vom Herzoge von Weimar angestellt, und so lebte das Freundepaar seit dem August 1796 wieder in des Dichters Nähe. Auch Wilhelm von Humboldt mit seiner Gemahlin kehrte im Herbste dieses Jahres von Berlin nach Jena zurück, und sein Bruder Alexander, dessen lebhafter Geist die Riesenschritte, die er in der Erkenntniß der Natur machen würde," schon damals andeutete, hatte sich ihnen zugesellt.

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Im Sommer des Jahrs 1797 verließ die Humboldt'sche Familie Jena und trat eine Reise nach Italien an, so daß selbst der Briefwechsel zwischen den beiden Freunden Schiller und W. v. Humboldt nur in großen Unterbrechungen sich fortsette.

1796

bis

1797.

Der Genius der Reflexion war von unserem Helden geschieden, der Schußgeist der Produktion ergriff ihn mächtig bei der Hand und zog ihn aus der Liefe der Spekulation ins lichte Gebiet der Erscheinungswelt und der Dichtung empor.

Das Balladenjahr.

Der epische Drang sollte nicht objektlos bleiben. Er 1797. führte den Dichter zur Ballade.

Ein Wetteifer mit Göthe, sagt Körner, veranlaßte Schillers erste Balladen. * Beide Dichter theilten sich in die Stoffe, die sie gemeinschaftlich ausgesucht hatten. „Dieses ist cinmal das Balladenjahr!" rief Schiller selbst am 22. September vergnügt aus, als er schon viele Stoffe verarbeitet vor fich liegen hatte. Mit manchen blieb es auch bei der bloßen Idee, wie mit einer Romanze über Don Juan und einer Ballade über den Amlet (Hamlet) des Saro Grammaticus. ** Vielleicht schreckte ihn die Bekanntheit und frühere Verarbeitung dieser Stoffe ab, die für den schaffenden Dichter immer etwas Widerwärtiges hat. Dagegen freute er sich, wenn ihm der Zufall einen unbekannten Stoff in die Hände spielte. Der erste dieser Art war Der Taucher," von welchem Göthe am 10. Juni ihm schreibt: leben Sie recht wohl und lassen Ihren

* Die Ballade Eberhard der Greiner (1782) ist ein Schulversuch.

** Briefw. mit G. III, S. 95. 121 ff. Von Don Juan sagt Göthe: „Die allgemein bekannte Fabel, durch eine poetische Behandlung, wie sie Ihnen zu Gebot steht, in ein neues Licht gestellt, wird guten Effekt machen.“ (Mai 1797.)

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Laucher je eher je lieber ersaufen." Diese Ballade entstand 1797. zu derselben Zeit mit Göthe's „Gott und die Bajadere.“ „Es ist nicht übel," schreibt dieser, „da ich meine Paare in das Feuer und aus dem Feuer bringe, daß Ihr Held sich das entgegengesette Element aussucht." Das Motiv zu dem Gedichte war Nicolaus der Fisch, der Laucher eines sicilianischen Königs, die Fundgrube desselben noch unentdeckt. Athanasius Kirchners Erzählung in seinem Buche über die unterirdische Welt scheint Schiller nicht gekannt zu haben. ** Um den Klippenfisch, den Hammer, den Hay und den stachlichten Nochen aufmarschiren lassen zu können, hatte Göthe dem Freunde zwei Fischbücher geliehen. Den Strüdel der Charybde konnte der Dichter „nur bei einer Mühle studiren,“ aber am Rheinfall fand Göthe, auf seiner Schweizerreise im Herbst, die Schöpfung des Dichtergenius verwirklicht und legitimirt. Die Ballade selbst stellt uns den Kampf des Menschen mit einer furchtbaren Naturkraft vor Augen, und trägt daher den Charakter des Erhabenen.“

Bald nachher, Mitte Juni's, entstand „der Handschuh“ aus einer Anekdote, die der Dichter in St. Foir' historischen Versuchen über Paris, mit dem ursprünglichen Ausgange fand, daß der Ritter de Lorges der Dame den Handschuh au nez geworfen. Daraus machte Schiller sein plastisches Bild, in dem Göthe ein artiges Nach- und Seitenstück zum Laucher

* Ein ähnliches Motiv hat ein altfranzösisches Volkslied; französisch bei Chamisso, Leben I, 258; deutsch bei Uhland, Gedichte (XIII.) S. 493.

** Neber die Quellen von Schillers Valladen s. Schmidt's Taschenbuch deutscher Romanzen; Gözingers deutsche Dichter; und aus ihnen Hoffmeister III, 291 ff., ebendaselbst die äußerst glückliche Charakterisirung der einzelnen Balladen. Wir folgen dem Lezten, so weit wir beistimmen können.

1797. erkannte, das durch sein eigenes Verdienst das Verdienst jener Dichtung erhöhe; hier sey es die reine That, ohne Zweck oder vielmehr im umgekehrten Zwecke, was so wohl gefalle. Schiller selbst nannte das Gedicht, als ideenlos, keine Ballade, sondern nur eine Erzählung.

Am 23. Juni hoffte Schiller seinem Freunde schon wieder eine neue Ballade senden zu können, und sie folgte auch wirklich am 26. Es war der Ring des Polykrates, „ein Gegenstück zu Ihren Kranichen," schreibt er an Göthe; denn dieser war es, der den leztern Stoff damals bearbeiten wollte. „Der Ring des Polykrates," antwortet Göthe am andern Lag, in einem in der Sammlung verschobenen Brief, „ist sehr gut dargestellt. Der königliche Freund, vor dessen, wie vor des Zuhörers Augen Alles geschieht, und der Schluß, der die Erfüllung in Suspenso läßt, alles ist sehr gut. Ich wünsche, daß mein Gegenstück ebenso gelingen möge!" Die Alten glaubten, wie Hoffmeister trefflich zu diesem Gedichte entwickelt, daß sich in dem Leben eines jeden Menschen Glück und Unglück das Gleichgewicht halten müssen; selbst der größten Macht sey ein entsprechendes Leid beigesellt; wer die ganze Fülle des Glücks in sich vereinigen wolle, der trete aus den Schranken der Menschheit und ziehe sich den Neid und die Rache der selbst vielfach bedürftigen und beschränkten Götter zu. „Dieses, jeden Uebermuth mäßigende, demüthige Lebensgefühl hat Schiller aus der Weltanschauung des Herodot heraus zart und wahr dargestellt."

Anfang Juli entstand die „Nadowesische Todtenklage," der Göthe einen ächten realistisch - humoristischen Charakter zuerkannte, welcher wilden Naturen so wohl ansteht. Er hielt es für ein Verdienst der Poesie, den Kreis ihrer Gegenstände immer zu erweitern, und Hoffmeister erinnert bei diesem

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