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diente, Schiller ihn von der allzustrengen Beobachtung der 1798. äußern Dinge und Verhältnisse auf sich selbst zurückgeführt, ihn die Vielseitigkeit des innern Menschen mit mehr Billigkeit anzuschauen gelehrt, ihm eine zweite Jugend verschafft, ihn wieder zum Dichter gemacht habe. * Jezt aber wünscht er vor allen Dingen baldiges Fertigwerden des Wallenstein, und unter wie nach der Arbeit gegenseitige rechte Durcharbeitung der dramatischen Forderungen. „Sind Sie künftig in Absicht des Plans und der Anlage genau und vorausbestimmend, so müßte es nicht gut seyn, wenn Sie, bei Ihren geübteu Lalenten und dem innern Reichthum nicht alle Jahr ein paar Stücke schreiben wollten." Göthe hielt es nämlich für nothwendig, daß der dramatische Dichter oft auftrete, die Wirkung, die er gemacht, immer wieder erneure und, wenn er das Talent habe, darauf fortbaue.

Vorübergehend hatte inzwischen unsern Dichter der mephistophelische Gedanke durchzückt, wenn einmal das Publikum kirre wäre, etwas recht Böses zu thun, und eine alte (dramatische) Idee mit Julian dem Apostaten auszuführen. ** Vielleicht greift hier oder dort ein Dichter unserer Zeit lüstern nach diesem Vermächtnisse.

Auch an ein Seedrama d. h. ein Stück, das auf einer wüsten, von Europäern wenig besuchten Insel spielen, und

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* Und dennoch hat sich folgendes Epigramm hervor gewagt:

„Viel kraßfüßelnde Bücklinge macht dem gewaltigen Göthe
Schiller; dem schwächlichen nickt Göthe's olympisches Haupt.“
A. W. v. Schlegel.

Es verdient, dem Verfaffer zu Ehren, nicht vergessen zu
werden.

Briefw. zw. S. u. G. IV, S. 9 f.

1798. alle Abentheuer, Interessen und Schicksale einsamer Weltumsegler in sich fassen sollte, hatte Schiller zwischen seinen Arbeiten am Wallenstein gedacht, und man hat Andeutungen darüber unter seinem Nachlasse entdeckt, die uns Hoffmeister mitgetheilt hat. *

Im März wurde der dritte Akt des Wallenstein fertig. Im April aber rang er wieder mit dem „Gedankenbilde" des Stückes, freute sich jedoch der Ahnung, daß Göthe mit dem Wallenstein im Ganzen zufrieden seyn werde, und auch Göthe hatte die besten Hoffnungen. „Die Anklage," antwortet er (7. April), „ist von der Art, daß Sie, wenn das Ganze beisammen ist, die ideale Behandlung mit einem so ganz irdisch beschränkten Gegenstande in eine bewundernswürdige Uebereinstimmung bringen werden."

In dieser Zeit war Iffland in Weimar. Schiller hatte einst in Mannheim an ihm emporgeblickt, und ihm große Tage prophezeit. Jest musterte der Genius das Talent mit Kenneraugen, und mäßigte sogar die Bewunderung Göthe's, indem er die Grenzen, innerhalb welchen das Naturell den Mimen. trug, und außerhalb deren Alles an ihm mehr Geschicklichkeit, Verstand, Calcul und Besonnenheit sey, scharf zu ziehen bemüht schien. ** Als Jüngling hatte er Alles bewundert, wo Etwas zu bewundern war; im reifen Alter schlug der Kritiker vielleicht das große Etwas doch zu klein und niedrig an.

* III, 359-360 und aus ihm Boas III, 448.
** Briefw. zw. S. u. G. IV, S. 168 ff. 175. 178. 187.

Aufführung des Lagers.

Während nun Schiller im Juli sein Gartenhäuschen in 1798. Jena unter ein Strohdach brachte, wurde der Tempel seiner Melpomene zu Weimar durch den Architekten Thouret * unter Göthe's Oberaufsicht aufs geschmackvollste zu dekoriren angefangen. ** Es ging den Sommer über rasch und sollte, nach Göthe's Versicherung, recht artig werden.

Der Ueberdruß, den man an Ifflands Stücken, wie beim Langen Angaffen eines Alltagsgesichts, zu empfinden anfing, ließ Schillern einen günstigen Moment für seinen Wallenstein hoffen. Im September war er mit dem „Lager," das jezt einen Prolog bildete, beschäftigt. Derselbe sollte, „als ein lebhaftes Gemälde eines historischen Moments und einer gewissen soldatischen Existenz ganz gut auf sich selber stehen kön nen." Am 4. Oktober ging er an Göthe ab, und war somit das Erste, was vom Wallenstein ihm unter die Augen trat. Göthe hatte seine große Freude daran, er hatte schon früher die ihm allein bekannte Anlage vortrefflich genannt, und fand ihn jezt gerathen, wie er angelegt war.

Die Kritik in Deutschland wollte dem subjektiven Schiller noch lange nach seinem Tode nicht etwas so rein und meisterlich Objektives zutrauen; zum wenigsten die allerdings erst nachträglich eingeschobene Kapuzinerpredigt sollte von Göthe seyn. Dieser aber hatte dem Freunde dazu nur den Abraham a Sancta Clara geliehen, im ganzen Lager nur hier und da

* Herr von Thouret, Vorstand und Professor der Kunstschule und Ritter des württemb. Kronordens, lebt und wirkt zu Stuttgart und hat sich um das Denkmal Schillers wesentliche Verdienste erworben.

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*

1798.,,wegen des Theatereffekts einen kleinen Pinselstrich aufgehöht," und, nach seiner Versicherung bei Eckermann nur die zwek Linien zu Anfang des Stücks,

„Ein Hauptmann, den ein andrer erstach,
Ließ mir die zwei glückliche Würfel nach,“

zu besserer Motivirung dem Bauern in den Mund gelegt, und
nach dem Briefwechsel ** für die erste Aufführung ein einlei-
tendes Soldatenlied, das Schiller noch mit ein paar Versen
vermehrte, hinzugefügt. So wurde der Prolog gedruckt und
sofort einstudirt. ***

Einige Anspielungen auf Zeitbegebenheiten wurden zu besserer Wirkung auch eingeschaltet. Das neuerbaute, freundliche Theater (das die Flammen im Jahr 1825 zerstört haben) wurde mit der Vorstellung eingeweiht. Göthe, Schiller und Frau von Wolzogen, die dies berichtet, † waren bei der lezten Probe allein gegenwärtig, und überließen sich ganz dem hinreißenden Vergnügen, die eigenthümliche Dichtung in ihrem vollen Leben zu sehen. Der Wallone erschien ihnen wie eine homerische Gestalt, eine plastische Darstellung des neuern

* Ecfermann II, 346.

** Briefw. IV, C. 325. 335.

*** Bei einer spätern Aufführung weigerte sich Herr Becker, ein nahmhafter Schauspieler, einen gemeinen Reiter im Lager zu spielen. Göthe ließ ihm aber sagen, wenn er die Rolle nicht spielen wolle, so wolle Er, Göthe, sie selber spielen. „Das wirkte," sagte Göthe zu Eckermann; denn sie kannten mich beim Theater und wußten, daß ich in solchen Dingen keinen Spaß verstand, und daß ich verrückt genug war, mein Wort zu halten und das Tollste zu thun. Ich hätte die Rolle gespielt und würde den Herrn Becker heruntergespielt haben, denn ich kannte die Rolle besser als er.“ Eckermann I, 122 f.

† Fr. v. Wolz. II, 176 ff.

Kriegslebens. Schiller war gerührt über die Freude der 1798. Freunde.

Die Vorstellung selbst (am 18. oder 19. Okt.) übertraf die kühnsten Ewartungen. Der Prolog wurde von dem Schauspieler Vohs in dem Costüm, das späterhin Mar Piccolomini trug, mit Jnnigkeit, Anmuth und Würde gesprochen. Genast als Kapuziner, Leißring als erster Jäger entzückten durch ihr gelungenes Spiel.* An die Stelle des Constabels war ein Stelzfuß getreten.

Die Gelehrten aber urtheilten anders als Göthe und das Publikum. Wieland fand das Lager höchst unmoralisch **; Jean Paul wurde auf die ersten Vorstellungen desselben verdrießlich, und Herder gar über die „sittlichen und ästhetischen Fehler des Stückes" vor Aerger krank. Göthe dagegen freute sich, daß Alles so vergnügt und heiter geschieden sey und pries den angenehmen Tag. Und Ludwig Tieck, kein parteiischer Freund Schillers, nennt das Lager „trefflich, unvergleichbar. Alles lebt und stellt sich dar, nirgends Uebertreibung, nirgends Lückenbüßer, so der ächte, militärische, gute und böse Geist jener Lage, daß man Alles selbst zu erleben glaubt; kein Wort zu viel noch zu wenig; es gehört freilich [was A. W. Schlegel getadelt hatte] nicht zur Handlung selbst, von welcher es sich auch durch Sprache und Reimweise absondert; es ist Schilderung eines Lagers und der Stimmung desselben, ein Gemälde ohne Handlung, in niederländischer Manicr, Styl und Haltung, ganz anders als die Tragödie."

Auch Frau von Stael, die das Stück während ihres

*Döring, zweites Leben, S. 219 f.

** Er fällte überhaupt ein sehr ungünstiges Urtheil über den
Wallenstein (an Böttiger 10. März 1799.)
Schwab, Schillers Leben.

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