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Siebente Vorlesung.

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Weitere Schicksale der Christen im römischen Reich. Domitian und Nerva. Schluß des apostolischen Zeitalters. Die apostolischen Väter. (Clemens von Rom.) Trajan und Plinius. Der Tod des Ignatius. Seine Briefe. Schicksale der Christen unter Hadrian.

Symeons.

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Bar Cochba und das Judenthum.

Der Tod

Das schwere Gericht, das mit der Zerstörung Jerusalems über das jüdische Land ergangen, war, wie ich zum Schlusse der vorigen Stunde bemerkt habe, auch für die Christen von großer Bedeutung. Allervorderst diente es ihnen zur Stärkung ihres Glaubens; ste sahen darin eine merkwürdige Erfüllung der Weissagungen ihres Herrn und Meisters. Sodann aber diente das Ereigniß dazu, die Scheidung zwischen Juden und Christen nun auch äußerlich zu vollziehen. Durch den Sturz von Jerusalem hatte das Judenchristenthum eine mächtige Stüße verloren. In dem dürftigen Pella und der Umgegend konnte es sich nur sehr kümmerlich erhalten; den angesehensten Städten der Heidenwelt gegenüber, in der das Christenthum seine frischen Wurzeln schlug, trat es bald in das Dunkel einer jüdischen Secte zurück. Eine Zeitlang wurden indessen die Christen auch jezt noch von den Römern als Juden behandelt. So wurde der den Juden seit der Eroberung des Landes auferlegte Leibzoll auch von den Christen gefordert und oft mit Härte eingetrieben. Dazu kam, daß die Lehre vom Messias und seinem himmlischen Reich leicht dahin mißverstanden werden konnte, als nährten auch die Christen politische Hoffnungen und revolutionäre Gelüste. So geschah es, daß der Nachfolger des Titus,

der argwöhnische Domitian, in Palästina Nachforschungen anstellen ließ, ob sich daselbst noch Davidische Nachkommen befänden, was übrigens auch schon Vespaftan gethan hatte 1). Nun waren wirklich noch Anverwandte Jesu, nämlich die Enkel jenes Judas vorhanden, der ein Bruder des Herrn genannt wurde. Der Kaiser ließ sie vor sich führen; es waren schlichte Landleute. Auf die Frage, ob sie von Davids Geschlecht seien, antworteten sie mit Ja. Nach ihrem Vermögen befragt, gestanden sie, daß sie im Ganzen nur 9000 Denarien besäßen, wovon jedem die Hälfte gehöre. Dieß hätten sie aber nicht in baarem Geld, sondern in einem Grundstück, daß sich auf 39 Morgen Landes belaufe. Dieses Grundstück bearbeiteten sie selbst, und zum Beweis davon wiesen ste auf die harten Schwielen ihrer Hände. Als sie darauf über Christum und sein Reich befragt wurden, antworteten sie, es sei dieß kein irdisches Reich, sondern ein himmlisches, das am Ende der Welt sich aufthun werde, wenn der Herr kommen werde, zu richten die Lebendigen und die Todten, und einem Jeden zu vergelten nach seinen Werken. Da entließ sie der Kaiser. So erzählt den Vorgang der älteste Kirchengeschichtschreiber Hegesipp bei Euseb 2). Dağ Domitian von Manchen als der Kaiser genannt wird, der den Johannes nach Patmos verwiesen, haben wir bereits erwähnt. Eine eigentliche Christenverfolgung finden wir unter seiner Regierung nicht, wohl aber ließ er einzelne Christen hinrichten. So einen Flavius Clemens und seine Gemahlin Domitilla und noch Andere, wie es heißt, um ihrer Gottlosigkeit (ihres Atheismus) willen; wahrscheinlich weil sie die Götter nicht mehr anbeten wollten. Unter dem milden Nerva genossen die Christen vollkommene Ruhe; aber wie seine Regierung, so dauerte auch diese Ruhe nur kurze Zeit.

Mit dem Tode Nerva's und dem Regierungsantritte Trajans schließt sich denn auch der Abschnitt der Geschichte, den man gemeiniglich das apostolische Zeitalter nennt. Verweilen wir dabei noch einen Augenblick.

Schon bei der Zerstörung Jerusalems waren wohl die wenigsten der unmittelbaren Jünger Jesu noch am Leben. Am längsten

1) Euseb Kirchengesch. III,

2) a. a. D. III, 20.

Hagenbach, Vorlesungen II.

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Vertrat Johannes das Geschlecht der Apostel. Aber auch er ging, wahrscheinlich zu Anfang der Regierung Trajans zu seiner Ruhe ein, und ein neues Geschlecht der Christen trat in die Lücken derer ein, die in seliger Erwartung des Herrn und seines Reiches entschlafen waren. In die Fußstapfen der Apostel traten ihre Schüler, und unter diesen ragen die Männer hervor, die man die apostolischen Väter nennt. Zu diesen sogenannten apostolischen Vätern zählt die Kirche Clemens, Barnabas, Hermas, Ignatius, Polykarp und Papias. Mit Ausnahme des leztern haben wir von Allen noch schriftliche Denkmäler oder wenigstens Schriften, die ihren Namen tragen. Aber wie groß ist der Abstand dieser Werke von den apostolischen, namentlich von den geistesfrischen und geisteseigenthümlichen paulinischen Schriften! Es ist uns, als ob wir aus der frischen Alpenluft hinunter uns ließen in die gewohnten Niederungen des Landes. Wir wollen uns nicht bei diesen Schriften aufhalten, nicht bei dem Brief, der dem Barnabas, dem Begleiter des Paulus zugeschrieben wird und der in Typen und Allegorien sich ergeht 3), die uns schwerlich zusagen würden, auch nicht bei dem visionären Buche des Hermas, das den Namen des Hirten führt, und das troz seiner Seltsamkeiten bei der Kirche in großem Ansehen stand 4). Nur einer dieser Männer mag uns näher ansprechen, es ist der Bischof Clemens von Rom. Ueber sein Leben wissen wir zwar sehr wenig 5). In seinem Brief an die Philipper (4, 3) nennt uns Paulus einen Clemens als Mitarbeiter, dem er das Zeugniß giebt, „er sei eingeschrieben im Buche des Lebens“. Ob dieser Clemens derselbe ist, den wir nachmals als Aeltesten oder Bischof in Rom finden, läßt sich nicht bestimmen. Eben so wenig läßt sich genau römischen Kirche gefolgt find. dieses Bisthums ist, wie wir

ermitteln, wie sich die Bischöfe der Schon die petrinische Grundlage gesehen haben, vielfach durch die

3) Ob diese Epistel des Barnabas wirklich von dem Begleiter des Paulus herrühre, darüber sind die Meinungen der Gelehrten noch heute getheilt. So viel ist gewiß, daß die spielende Art der Allegorie, die sich von der im Hebräischen hervortretenden Behandlung des A. L. bedeutend unterscheidet, fich kaum als Werk eines apostolischen Mannes begreifen läßt; vgl. Neander (Kirchengesch. I, 3. 1100–1102) und Thiersch apostol. Zeitalter, S. 334. 35. 4) Thiersch S. 350. 51.

5) Vgl. meinen Aufsaß in Piper's evang. Kalender 1852.

Kritik erschüttert worden, und über die nächste sogenannte Nachfolge des Petrus, Linus, Cletus, Anacletus schwanken die Angaben hin. und her. Dadurch kommt auch eine Unsicherheit in die Zeitbestim mung des Clemens, den die Einen noch vor der Zerstörung Jerusalems, die Andern in die ersten Regierungsjahre des Trajan seßen. Eine, freilich ganz unverbürgte Sage läßt ihn sogar von Trajan nach dem taurischen Chersones verbannt werden und dort den Märtyrtod sterben. Auch von den übrigen Schicksalen und Thaten des Mannes wissen wir wenig. Was ihn hingegen für die Kirchengeschichte wichtig macht, ist sein Brief, den er von Rom aus an die Genteinde zu Corinth geschrieben hat, und der bei der ersten Kirche in großem Ansehen stand, so daß er sogar unter die heiligen Schriften gezählt und in den Versammlungen vorgelesen wurde. Aus diesem Briefe, der zu dem Besten gehört, was wir aus der Litteratur der apostolischen Väter haben, können wir uns ein Bild von der corinthischen Gemeinde machen, wie sie wenige Jahrzehnte nach Paulus sich darstellte. Wir sehen daraus, daß die Streitigkeiten, die schon der große Apostel zu schlichten bemüht war, noch fortdauerten oder vielmehr in veränderter Gestalt empor gekommen waren. Der väterliche Ton, in dem Clemens die Streitenden zur Einheit ermahnt, ist überaus wohlthuend und ganz der Gesinnung des großen Apostels würdig, den er sich zum Vorbild genommen hatte. Clemens weist hin auf die große Ordnung und Harmonie in der Schöpfung, auf die Beispiele der heil. Geschichte, vor allem auf das Beispiel Christi selbst. Auch den Trost der Auferstehung, von dem schon Paulus in seinem Brief gehandelt, sucht Clemens auf's Neue in seinen Lesern zu beleben, und er steht in der äußern Natur, im Wechsel der Jahres- und Tageszeiten ein sprechendes Sinnbild davon. Selbst der Wundervogel Phönir in Arabien, der sich selbst verbrennt und aus seiner eigenen Asche verjüngt emporsteigt, ist ihm ein solches Sinnbild. Manches in seiner Beweisart mag uns fremdartig berühren, und auch bei ihm. werden wir den vorhin berührten Abstand wahrnehmen zwischen apostolischer und nachapostolischer Production; nichts desto weniger werden wir begreifen, wie die Kirche bei der Verehrung des Mannes dazu kam, diesen Brief so hoch in Ehren zu halten. Außer diesem ersten Brief des Clemens an die Corinther hat man noch

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einen zweiten, der aber eher das Bruchstück einer alten chriftlichen Homilie, und wohl auch nicht von Clemens verfaßt ist. Von den erwiesen falschen Schriften, die man diesem Kirchenlehrer unterschoben hat, den sogenannten Clementinen, werden wir später zu reden haben.

Wir nehmen jezt den Faden der allgemeinen Geschichte wieder auf, die uns die Schicksale der Kirche im Großen und Ganzen. darstellen soll.

Die neunzehnjährige Regierung des Trajan (98-117) wird bekanntlich als eine der besten und ruhmwürdigsten geschildert, welche die römische Kaiserzeit aufzuweisen hat. Trajan hat sich den Beinamen des „Besten“, den Ruhm des größten Cäsaren, eines „Vaters des Vaterlandes" errungen. Unter ihm hob sich das Reich, für dessen innere Angelegenheiten er auf's Eifrigste besorgt war. Der äußere Wohlstand, die Rechtspflege fanden an ihm ihren weisen Ordner und kräftigen Beschüßer. Seinen siegreichen Feldzügen, wodurch er das römische Reich über den Euphrat erweiterte und die er bis nach Indien auszudehnen beabsichtigte, können wir hier nicht folgen. Wir haben es mit seiner Stellung zum Christenthum und zu der sich heranbildenden christlichen Kirche zu thun. Ein Mann, deffen Wahlspruch war, so zu herrschen, wie er wünschte beherrscht zu werden, und der täglich seines dem Senat gethanenen Eides eingedenk war, „niemals etwas zu unternehmen, das dem Leben oder der Ehre rechtschaffener Leute nachtheilig sein könnte," ein Solcher kann doch wohl nicht zu ungerechten Verfolgungen der Christen die Hand geboten haben? Mit Wissen freilich nicht. Aber es ist ein eigenes Verhängniß, dem wir in der Geschichte des Christenthums und seiner Stellung zu den römischen Kaisern begegnen, daß oft gerade die Edlern und Bessern dieser Kaiser, wie ein Trajan, ein Marc Aurel, ein Diocletian, unter den Verfolgern des Christenthums genannt werden, während manche der schlechtern, wie ein Caracalla, dieselben unangefochten ließen. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß der römische Kaiser vor allen Dingen den Staat und das Wohl des Staates im Auge hatte und daß je mehr er dieses Wohl bedachte, er um so strenger gegen alles verfahren mußte, was ihm dieses Wohl zu gefährden schien. Mit dem römischen Staatsleben hielt Trajan

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