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alles sonderbündische Wesen, alles Bilden von Gemeinschaften unverträglich, die unabhängig vom Staat sich selbst regieren wollten. Er erließ Verbote gegen alle geheimen Gesellschaften und Verbindungen, weil er in ihnen den Heerd der Revolutionen erblickte. Selbst eine Gesellschaft von Handwerkern, die sich zusammengethan hatten, um bei Feuersgefahr schleunige Hülfe zu leisten, mußte sich wieder auflösen, weil auch ste in diese Kategorie der verbotenen Gemeinschaften fiel 6). Nun war es natürlich, daß die Zusammenkünfte der Christen im römischen Reich von den Statthaltern der Provinzen als solche geheime Verbindungen betrachtet und so nach dem Geseze bestraft wurden. Mancher mochte dabei seine Befugniß überschreiten, und nicht alle waren wohl so gewissenhaft, wie der Statthalter in Bithynien, Plinius der Jüngere, der Neffe des berühmten Naturforschers, der, unschlüssig was er thun sollte, sich Verhaltungsbefehle von Trajan ausbat. Wir haben noch den höchst merkwürdigen Brief desselben an den Kaiser, sowie auch die Rückantwort Trajans an Plinius. Der erstere lautet so 7):

"In allen zweifelhaften Fällen pflege ich, Herr! an dich zu berichten; denn wer kann besser mich leiten, wo ich zögere, mich unterrichten, wo ich irre? Den (gerichtlichen) Untersuchungen über die Christen habe ich nie beigewohnt, daher weiß ich nicht, was man an ihnen und wie weit man sie zu strafen pflegt. Auch bin ich nicht in geringer Verlegenheit, ob man nicht einen Unterschied des Alters bei ihnen machen soll, oder ob die von zarter Jugend gleichmäßig wie die von kräftigem Alter zu behandeln seien; ob der Neue Vergebung zu gewähren sei und ob es ehmaligen Christen nicht zugutkommen soll, wenn sie aufhören es zu sein? ob schon der Name allein, wenn auch keine Verbrechen dran haften, oder ob nur die mit dem Namen zusammenhängenden Verbrechen strafbar seien? Inzwischen habe ich bei denen, die mir als Christen verzeigt wurden, folgendes Verfahren beobachtet. Ich habe sie gefragt, ob sie Christen seien. Wenn sie bekannten, so habe ich sie zum zweiten und drittenmal gefragt und ihnen mit der Todesstrafe gedroht; beharrten ste darauf, so habe ich sie zum Tode bringen

6) Plinii Epp. X, 42. 43.

7) Ebend. 97. 98.

Lassen; denn worin auch immer ihr Verbrechen mochte bestanden haben, das war mir ausgemacht, daß ihr Eigensinn und ihr unbeugsamer Starrsinn in allewege geahndet werden müsse. Andere von eben diesen Wahnsinnigen habe ich, weil sie römische Bürger waren, zur Deportation nach Nom bezeichnet. Da im Verlauf dieses Prozesses, wie das zu geschehen pflegt, das Verbrechen sich weiter ausbreitete, so haben sich auch nachgerade verschiedene Arten desselben gezeigt. Es wurde eine anonyme Klagschrift vorgelegt, worauf viele Namen von Personen standen, die leugneten, daß sie Christen seien oder gewesen seien. Als diese nach meinem Vorgang die Götter anriefen, und deinem Bildniß, das ich zu diesem Behuf nebst den Götterbildern herbeischaffen ließ, Wein und Weihrauch opferten, und überdieß Chrifto fluchten, wozu die sich nie sollen zwingen lassen, die wirklich Christen find, so glaubte ich sie entlassen zu sollen. Andere, die von einem Angeber waren. verzeigt worden, sagten, sie seien Christen und leugneten es nachher wieder ab; sie seien es zwar gewesen, aber sie seien wieder zurückgetreten, einige vor drei, andere vor mehr, einer sogar vor zwanzig Jahren schon. Diese alle beteten dein Bild und die Bilder der Götter an und verwünschten Christum. Sie gestanden aber, ihr größtes Verbrechen oder ihr größter Irrthum habe darin bestanden, daß sie an einem bestimmten Tag vor Sonnenaufgang zusammengekommen und ein Lied auf Chriftus als auf einen Gott wechselsweise gesungen hätten; sodann hätten sie sich durch einen Eid (sacramentum) verbunden, nicht zu irgend einer Uebelthat, sondern daß sie keinen Diebstahl, keinen Raub, keinen Ehebrucd) begehen, ihr Wort nicht brechen und anvertrautes Gut nicht verleugnen wollten, wenn es von ihnen zurückgefordert würde. Dar nach wären sie gewöhnlich auseinander gegangen, bald aber wieder zusammen gekommen, um gewöhnliche und unschuldige Speisen zu genießen. Das hätten sie aber auf meine Verordnung hin unterlassen, in welchem ich dein Verbot der geheimen Verbindungen fund machte. Um so nothwendiger hielt ich, von zwei Mägden, welche Dienerinnen (ministrae) genannt wurden, durch die Folter zu erfahren, was Wahres an der Sache sei. Aber ich habe nichts gefunden, als einen verkehrten, ausschweifenden Aberglauben. Deßhalb habe ich die Untersuchung aufgeschoben und mich bei dir Raths

zu erholen beslissen; denn die Sache schien mir allerdings der Ueber= legung werth, besonders wegen der Menge derer, die dabei in Gefahr kommen. Denn Viele, von jedem Alter, von jedem Stand und Geschlecht kommen in diese Gefahr oder werden noch drein kommen, denn nicht nur in die Städte, sondern auch in Flecken und Dörfer hat sich die Ansteckung dieses Aberglaubens verbreitet, von der es jedoch den Anschein hat, daß ihr könne Einhalt gethan und mit Heilmitteln begegnet werden. Wenigstens ist es Thatsache, daß die beinahe verlassenen Tempel wieder anfangen besucht zu werden, daß die längst unterlassenen Ceremonien wieder gefeiert und hie und da auch wieder Opferthiere verkauft werden, die bis dahin selten einen Käufer gefunden hatten. Hieraus läßt sich leicht abnehmen, welche Menge von Menschen noch gebessert werden könne, wenn man ihnen Gelegenheit dazu giebt."

Trajan schrieb zurück: „Du hast, mein Lieber, in Ansehung der Chriften, die bei dir verklagt wurden, den rechten Weg eingeschlagen; denn es läßt sich darüber nichts im Allgemeinen, was in allen Fällen maaßgebend wäre, bestimmen. Aufsuchen soll man sie nicht; wenn sie aber angeklagt und überwiesen werden, soll man sie strafen; doch so, daß wenn einer leugnet, er sei Christ gewesen und das durch die That beweist, indem er unsere Götter anbetet, er der Reue wegen Verzeihung erlangt, auch wenn noch ein Verdacht aus früherer Zeit her auf ihm lasten sollte. Namen= lose Klagschriften aber dürfen bei keinem Criminalprozeß etwas gelten; denn das giebt ein schlechtes Beispiel und ist unserm Jahrhundert (d. h. unserer Regierungszeit und Negierungsmarime) unangemessen."

Diese beiden Briefe geben uns zu verschiedenen Bemerkungen Anlaß. Wir sehen daraus für's Erste, wie die Hochgestellten und Gebildeten unter den Heiden über das Christenthum dachten. Es ist ihnen trauriger Aberglaube, verderbliche Schwärmerei. Beide, sowohl Plinius, als Trajan bemitleideten die Christen; ihr mensch= liches Gefühl sträubte sich gegen alle Gewaltthat; aber beide waren. zu sehr Römer, zu sehr in den Ansichten der Staatsreligion be= fangen, als daß sie nicht gleichwohl die Christen schon als Chriften für strafbar hielten. So scheut sich Plinius nicht, gegen schwache Frauen die Folter anzuwenden und redet davon mit einer Objecti=

vität, die uns an einem sonst so humanen Manne befremden muß. Was das Benehmen Trajans betrifft, so ist dieß verschieden beurtheilt worden. Man hat es als ein sehr kluges gerühmt, und gewiß macht es seinem Herzen Ehre, daß er sowohl die förmlichen Nachstellungen verbot, als daß er anonyme Klagschriften von der Hand wies. Allein gerecht und consequent war die Maaßregel auf keinen Fall. Es war eben eine halbe Maaßregel, die es nachh beiden Seiten gut machen wollte; weßhalb schon der Kirchenlehrer Tertullian, freilich in declamatorischem Eifer ausruft 8): o welch ein durch Verlegenheit verworrenes Urtheil! (o sententiam necessitate confusam!), er will nicht, daß man ihnen nachspüre als Unschuldigen, und doch will er sie bestraft wissen als Schuldige! Er schont und wüthet zugleich; er steht durch die Finger und ahndet! Warum giebst du dir solche Blöße? Wenn du verdammest, warum sprichst du nicht auch frei? u. s. w.

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Aber auch noch in anderer Beziehung ist der Brief des Plinius wichtig, indem er uns Blicke thun läßt in den Zustand der Christen zu seiner Zeit, d. i. zu Ende des ersten Jahrhunderts. Also, das ging aus den Bekenntnissen, die ihm gemacht wurden, hervor, daß die Christen an einem bestimmten Tage (stato die) zusammenkamen. Offenbar war dieß der Sonntag. Wie bald der Sonntag überhaupt bei den Christen gefeiert wurde, ist nicht so leicht zu ermitteln. Die Judenchristen schlossen sich vorerst an den Sabbath an und feierten diesen auch als Christen fort. Eine förmliche Verlegung des Sabbaths auf den Sonntag wird uns nirgends gemeldet. Wir können zwar im neuen Testament Spuren der christlichen Sonntagsfeier entdecken, in sofern von Versammlungen der Christen an diesem Tage, als dem Tag nach dem Sabbath die Rede ist (Apostelg. 20, 7); doch ist damit nicht gesagt, daß dieser Tag ausschließlich der Versammlungstag gewesen, noch weniger, daß er durch irgend einen Beschluß an die Stelle des Sabbaths getreten sei 9). In der Apocalypse kommt der Ausdruck Tag des Herrn" allerdings vor. An diesem Tag des Herrn" empfing der Seher seine Offenbarung, und dort muß der Ausdruck wohl als ein damals schon üblicher vom Sonntag ver

8) Apologeticus II.

9) So wenigstens muß ich mir mit Neander u. A. noch immer die

standen werden 10), wie denn auch der status dies in unserm Briefe. Wir lesen ferner, daß die Christen ein Lied wechselsweise (secum invicem) auf Chriftum sangen als auf einen Gott. Daraus nehmen wir also ab, daß Christus von den Seinigen göttlich verehrt, daß Lieder, in Form von Gebeten an ihn gerichtet wurden, und wahrscheinlich waren dieß Wechselgesänge, wie denn auch solche um eben diese Zeit Ignatius in Antiochien soll eingeführt haben. So= dann sehen wir, daß die Versammlungen eine praktisch-fittliche Tendenz hatten; man ermahnte sich gegenseitig zur Redlichkeit, zur Treue, zur Keuschheit. Wenn dann weiter gesagt wird, die Christen seien zusammengekommen, um gewöhnliche und unschuldige Speisen zu genießen 11), so geht dieß offenbar auf die sogenannten Liebesmahle (Agapen), wie wir sie schon zu des Apostels Zeiten in Corinth finden und wie sie noch längere Zeit mit dem Genusse des heil. Abendmahls verbunden blieben. Ausdrücklich bekannten jene Christen, es sei eine gewöhnliche und unschuldige Speise gewesen. Dieß mußten sie thun, weil sich unter anderm das Gerücht verbreitet hatte, die Christen schlachteten ein Kind, dessen Blut sie tränken und dessen Fleisch sie äßen, oder sie hielten thyestische Mahlzeiten. Wir werden auf die verschiedenen Beschuldigungen, die gegen die Christen erhoben wurden, später zurückkommen. Endlich sagt uns Plinius, er habe die Geständnisse aus zwei Mägden durch die Folter erpreßt, welche Dienerinnen genannt wurden. Höchst wahrscheinlich waren diese Dienerinnen Diaco= nissen; Frauen, denen die Kranken- und Armenpflege vertraut

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Stelle erklären, troß der dagegen erhobenen Einwendung von Hengstenberg in seiner gelehrten und belehrenden Schrift über den Tag des Herrn. Berlin 1852. Aus 1 Cor. 16, 2 kann vollends nicht für das Vorhandensein der Sonntagsfeier geschlossen werden. Der Apostel fordert die Christen - in Corinth auf, je am ersten Sabbather, d. h. am ersten Wochentag etwas für die betreffende Steuer bei Seite zu legen, damit nicht die Collecte erst geschehen müsse, wenn er komme. Der erste Wochen-(Werk-)tag eignete sich dazu am besten; ähnlich könnte etwa jest bei Kreuzersammlungen in christlichen Kreisen der Montag als der schicklichste bezeichnet werden. An eine Liebessteuer, die in der gottesdienstlichen Versammlung wäre aufgehoben worden, zu denken, wehrt das rag έavry (bei sich selbst).

10) Freilich ließe sich eben daraus eine Instanz gegen eine allzufrühe Abfaffung der Apocalypse erheben. Weitere Spuren der Sonntagsfeier finden sich außer dem N. T. im Brief des Barnabas (c. 15) und in der später anzuführenden Stelle bei Justin dem Märtyrer.

11) Ad capiendum cibum, promiscuum tamen et innoxium.

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