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haupt bilden, wenn nicht noch andere Gründe hinzukommen. So viel müssen wir aber von vorne herein zugeben, daß ja nicht alles, was uns aus dieser Zeit unter dem Namen apostolischer Schüler geboten wird, unbesehen darf angenommen werden. Es wäre freilich schön und lieblich, wenn die Kirchengeschichte keine andere Aufgabe hätte, als das ihr überlieferte Material zu einem schönen Kunstwerke zu verarbeiten, an dem sich unser Auge mit dem sichern Bewußtsein: „so ist es geschehen“, erbauen könnte. Allein diesen ungestörten Genuß gestattet uns die reine Liebe zur Wahrheit nicht. Das historische Material bedarf noch gar sehr der Prüfung und Sichtung, und es wäre unredlich, die Einsprache der Kritik ohne Weiteres zu unterdrücken, nur um den schönen Eindruck sich nicht verderben zu lassen. Diese Knoten zu lösen ist freilich unsere Sache nicht; ich hielt es eben für meine Pflicht, auf den Stand der Dinge hinzuweisen. Wir fahren in unserer Erzählung fort.

Auf Trajan folgte sein Großneffe Aelius Hadrianus (117 bis 138). Trajans Befehle gegen die geheimen Gesellschaften dauerten fort, und auch jezt machten die Statthalter, je nach den Umständen und ihrer eigenen Gemüthsart, bald einen strengern, bald einen minder strengen Gebrauch davon. Viele wurden auch durch das Geschrei des Pöbels zu Gewaltthätigkeiten hingerissen, namentlich ward bei öffentlichen Festlichkeiten das Gelüste nach Thierkämpfen rege. „Werft die Christen den Löwen vor!" (Christianos ad leones!) mit diesem wilden Rufe bestürmte die aufgeregte Menge die Obern, und diese gaben ihnen die unglücklichen Opfer preis. Doch nicht Alle fügten sich diesem blutdürftigen Verlangen. Einer der kleinasiatischen Proconsulen, Serenius Granianus, wandte sich schriftlich an den Kaiser, und stellte ihm das Unbillige vor, die Christen, ohne daß sie eines Verbrechens beschuldigt seien, dem Tode zu weihen. Hadrian ging auf dieses Gesuch ein, und befahl dem Nachfolger des Granianus, Minucius Fundanus, nur dann die Christen zur Strafe zu ziehen, wenn sie eines wirklichen Verbrechens überwiesen würden 16). Wo aber Einer," fährt der Kaiser fort, „den Andern bloß aus Verleumdung anklagt, da, beim Herkules! sorge dafür, daß er für seine Bosheit auf's Empfindlichste gestraft werde."

16) Euseb Kirchengesch. IV, 9.

Uebrigens hatte Hadrian selbst nur sehr unklare und verworrene Vorstellungen vom Christenthum; er scheint es mit andern Culten verwechselt zu haben, die um eben diese Zeit im römischen Neich Eingang fanden, wie mit dem Serapisdienst in Egypten 17); daher die Angabe eines spätern römischen Schriftstellers, Hadrian Habe Christo einen Tempel errichten und ihn unter die Götter versehen wollen 18), schwerlich Glauben verdient. Zu dieser Sage hat wahrscheinlich der Umstand Veranlassung gegeben, daß Hadrian an verschiedenen Orten des Reiches Tempel errichten ließ, ohne Bildsäule eines Gottes. Wahrscheinlich gedachte er später sein eigenes Bild hinein zu stellen, und nur Mißverstand konnte ihm später die Absicht unterlegen, Chriftum in denselben zu verehren.

Noch wichtiger als für die Schicksale der Christen war aber die Regierung Hadrians für die weitern Schicksale der Juden, mit denen jedoch auch jezt noch die der Christen theilweise verflochten erscheinen.

Nach der Zerstörung von Jerusalem unter Titus waren die nach Pella geflüchteten Christen zum Theil wieder auf die alten Trümmer der gefallenen Mutterstadt zurückgekehrt; mit ihnen auch der greise Symeon, einer der Anverwandten Jesu, der nunmehr als Bischof der Christengemeinde daselbst vorstand, und der im Jahr 107 als ein Greis von 120 Jahren den Kreuzestod starb, indem ihn die Juden bei dem römischen Statthalter als einen staatsgefährlichen Sprossen des Hauses Davids verklagt hatten. Dieselben Juden, die den Zunder der Empörung in ihrem eigenen Volke immer wieder anfachten! Wie sollten sie es auch ertragen, daß die heilige Stätte von den Unheiligen entweiht, daß sogar der Name Jerusalem aus der Zahl der Städte getilgt war! Auf ihren Trümmern hatte sich eine neue Stadt erhoben, in der Heiden und Christen ihr Wesen trieben, während an der Stätte des Tempels, da einst Jehovah verehrt worden, dem Jupiter göttliche Ehre erwiesen ward. Lange gährte der Aufruhr im Stillen. Eine Reise, die Hadrian im Jahr 130 in den Orient machte, hinderte noch

17) Vgl. den Brief Hadrians an seinen Schwager Servianus bei Flavius Vopiscus, in vita Saturnini c. 2. Illi qui Serapin colunt, Christiani sunt, et devoti sunt Serapi, qui se Christi episcopos dicunt. Sever. c. 43.

18) Ael. Lampridius, Vita Alex.

Kaum aber hatte er sich entfernt,
Jene Worte Bileams: Ein Stern

eine Zeitlang dessen Ausbruch. so brach er auf's Heftigste los. wird aufgehen aus Jakob und ein Scepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Fürsten der Moabiter und zerstören alle Kinder Seth," (4 Mos. 24, 17) fanden auch jezt noch einen mächtigen Wiederhall in der Brust eines Schwärmers, der sich den Sohn des Sterns, Bar Cochba nannte. Zu Bither (Bethera), einer Festung des jüdischen Landes, unweit Jerusalem, ließ er sich zum König salben, und die ihm nicht huldigen wollten, namentlich die Christen im Lande, verfolgte er auf's Blut. Er überfiel mit einer bewaffneten Macht Jerusalem, zerstörte den heidnischen Tempel und ließ Münzen prägen, die auf der einen Seite seinen Namen, auf der andern die Inschrift: „Freiheit Jerusalems" trugen. Als der römische Statthalter Tinnius Rufus zu schwachh war, Widerstand zu leisten, so wurde der tüchtigste Feldherr des Kaisers, Julius Severus mit einer Verstärkung aus Britannien herbeigerufen, der erst mit weiser Vorsicht, ohne sich in Schlachten einzulassen, den Aufruhr zu dämpfen begann. Die Juden warfen sich auf Bither, entschlossen zum äußersten Kampf. Nachdem Severus das Land einzeln erobert, erhielt er auch diese lehte Veste in seine Gewalt. So ward nach einem dreijährigen blutigen Kriege der Aufruhr im Jahr 135 getilgt, in welchem nach der gewöhnlichen Angabe 580,000 Juden ihr Leben verloren. Fünfzig feste Schlösser wurden zerstört, 985 Städte und Dörfer in eine Wüste verwandelt.

Bar Cochba, den das enttäuschte Volk nun den „Sohn der Lüge", Bar Cosiba, nannte, war in der Schlacht umgekommen; sein Haupt ward in's römische Lager gebracht. Der Rabbi Akiba, der auch mit in die Verschwörung verwickelt war, wurde unter grau, samen Martern hingerichtet, die er mit der größten Standhaftigkeit trug. Andere der Mitschuldigen wurden theils zu Sclaven verkauft, theils in die Steinbrüche Egyptens abgeführt. Ueber die Stätte, da der Tempel gestanden, ließ Hadrian den Pflug gehen. und den Boden mit Salz bestreuen. Die Stadt Jerusalem aber wurde dem Kaiser und dem Jupiter Capitolinus zu Ehren wieder aufgebaut, Aelia Capitolina genannt und mit heidnischen Colonisten bevölkert. Kein Jude durfte im Umkreis von mehrern Stunden der Stadt sich nähern, und um das Maaß des Hohnes Hagenbach, Vorlesungen II.

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voll zu machen, ward über dem Stadtthor gen Bethlehem ein marmornes Schwein angebracht. Der Uebertritt zum Judenthum ward bei Todesstrafe verboten 18).

Mit dieser zweiten Eroberung Jerusalems durch die Hand der Römer löste sich das lezte Band, das noch die Juden äußerlich zusammen gehalten hatte. Von da an erscheinen sie als das aus der Heimath vertriebene, unftäte und flüchtige Volk, wie es bis auf den heutigen Tag sich uns darstellt, ein Zeugniß des göttlichen Gerichtes, wie des göttlichen Erbarmens, ein Volk, dessen Geschichte noch nicht beendet ist und das augenscheinlich aufbewahrt ist, um dereinst zur Vollendung des Reiches Gottes in seiner Weise verwendet zu werden.

Aber auch für die Geschichte des Christenthums war dieses Schicksal der Juden ein entscheidender Wendepunkt. Wollten die Christen auch jezt noch in Jerusalem (Aelia Capitolina) bleiben, so mußten sie noch entschiedener, noch auffälliger vom Judenthum sich lossagen, als es bisher geschehen war. Nur so konnten sie auf Duldung von Seiten der Heiden Anspruch machen. So trat denn auch wirklich das erstemal ein Heidenchrist, Marcus, an die Spige der dortigen Gemeinde 19). Das Judenchristenthum, das bis anhin noch immer seine Vertreter im jüdischen Lande gefunden hatte, hörte damit auf, als solches zu eristiren; und die freiere Form, für die Paulus gekämpft hatte, trug den endlichen Sieg davon,

Dieß führt uns auf die innern Verhältnisse des Christenthums zur Zeit Hadrians, namentlich auf den Gegensaß des Judenund Heidenchristenthums, wie er in den häretischen Gestaltungen des Ebionismus und des Gnosticismus hervortrat.

18) Vgl. Jost, Geschichte des israelitischen Volkes II, S. 109 ff.
19) Euseb Kirchengesch. IV, 6.

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Es ist eine altkirchliche Sage, daß bis auf Hadrian die Kirche in Absicht auf die Lehre ihre jungfräuliche Reinheit bewahrt habe, daß sie von keiner Keßerei sei befleckt worden. Erst um die Zeit, mit der wir uns in der lezten Stunde beschäftigt haben, erst mit dem Beginn des zweiten Jahrhunderts der christlichen Geschichte, habe auch die Irrlehre sich hervorgethan 1). Streng buchstäblich, darf man das wohl nicht nehmen; denn schon Paulus hatte ja zu kämpfen theils mit denen, die sich den jüdischen Sagungen hingaben, theils mit denen, welche aus Mißverstand der chriftlichen Freiheit, diese mißbrauchten, wie denn auch er schon einer falschen Philosophie, einer falschen Gnosis oder der „falschberühmten Kunst" entgegen trat. Eben so warnten auch die andern Apostel vor Irrlehrern. Aber das ist gewiß, daß erst im zweiten Jahrhundert die häretischen Parteien sich sondern, und unter bestimmten Namen in bestimmten Gestaltungen hervortreten, gegen welche dann die Kirche, als die rechtgläubige, als die katholische Kirche sich um so kräftiger verwahren mußte, wenn sie nicht nach der einen oder andern Seite hin ihre Eigenthümlichkeit aufgeben und selbst eine Beute des Häretischen werden wollte. Das Christenthum

1) Hegesip bei Euseb Kirchengesch. III, 32.

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