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ten, nicht nur nach ihrer Form, sondern auch nach ihrem Inhalte sich als eine falsche und unberechtigte herausstellen. Es liegt in der Natur der religiösen, namentlich der christlichen Wahrheit, daß sie nur von einem demüthigen und liebenden Sinne in ihrem innersten Wesen erkannt wird. Das hat schon Paulus ausgesprochen, wenn er sagt: wenn ich alle Geheimnisse wüßte und alle Erkenntniß und hätte allen Glauben, also, daß ich Berge versezte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts (1 Cor. 13, 2); womit er offenbar auch sagen will, daß auch eine solche Erkenntniß nicht die rechte und im Grunde keine wahre Erkenntniß sei. Es entsteht dann eine Religion, die den Schein des gottseligen Wesens hat, aber dessen Kraft verleugnet. Als bloße Weltweisheit mag fie immerhin gewisse geniale Griffe thun in das Gebiet der Wahrheit, aber da sie nicht aus der Wahrheit ist, so wird sie nie Gottesweisheit werden; sie wird bei allen Geheimnissen, die sie zu ergründen glaubt, das eine Grundgeheimniß, das Geheimniß der Gottseligkeit nicht erkennen. Das eigentliche Vaterland, die Heimath der Religion wird ihr immer fremd bleiben; sie wird tausend Irrfahrten um das Land herum machen, aber es nie er= reichen; und so werden auch alle ihre Aussagen über Religion und religiöse Verhältnisse immer etwas Schiefes, Halbwahres, mit kräftigen Irrthümern Gemischtes enthalten. Je höher sie zu stehen. glaubt über der Menge der Gläubigen, desto weiter wird sie sich auch verirren von dem gemeinsamen Grund des Glaubens, und wenn sie auch dieselben Worte gebraucht, wie die Gläubigen, dieselben Redensarten einmengt, die bei diesen gelten, so wird sich bald zeigen, daß diese Worte und Redensarten in ihrem Munde eine andere Geltung, eine andere Betonung haben, und daß sie entweder über den Inhalt ihres eigenen Glaubens in Selbsttäuschung begriffen ist oder in bewußter Zweizüngigkeit Andere zum Besten hat.

Dieß die falsche Gnosis im Allgemeinen, wie sie zu allen Zeiten und unter den verschiedensten Formen, bald mehr in mystischtheosophischer, bald mehr in rationalistischer oder auch bisweilen in affectirt orthodorer Weise sich zu produciren gewußt hat.

Wenden wir uns nun zu den Gnostikern des zweiten Jahrhunderts, mit denen wir es hier zu thun haben, so läßt sich aus der bloßen allgemeinen Benennung noch wenig entnehmen. Nur

so viel ist richtig, daß sie mehr oder weniger Alle einer solchen, das einfache Wesen des Glaubens gefährdenden, in großartige Irrthümer hinführenden Richtung huldigten. Ihr gemeinsames Vaterland ist der Orient, und wie weit sie mit den alt-orientalischen Philosophemen, wie weit sie fernerhin mit der platonischen, wie weit mit der alexandrinisch-jüdischen Philosophie zusammenhängen, das möge Gegenstand der gelehrten Untersuchung bleiben 3). viel ist gewiß, daß wir die Gnostiker im Zeitalter Hadrians theils in Syrien, theils in Egypten, und zwar in Alexandrien zu suchen. haben; und daß sich ihre Lehren zunächst in der griechisch-orientalischen, dann aber auch theilweise in der römisch-abendländischen Kirche ausbreiteten. Ihre Systeme gehen selbst wieder bedeutend auseinander, und es gehört ein eigenes Geschick dazu, sie gehörig von einander zu sondern und sie nach Klassen und Familien zu ordnen. Für unsern Zweck wird genügen, wenn ich erst ein allgemeines Bild von dem vorausschicke, was allen Gnostikern mehr oder weniger gemeinsam ist und dann ein Paar der hauptsächlichsten Vertreter dieser Richtung Ihnen vorführe.

Ein charakteristischer Zug aller Gnostiker ist ihre Verwandtschaft zum Heidenthum. Man hat zwar, und nicht ohne Grund, zwischen sogenannten judaisirenden und antijudaisirenden Gnostikern unterschieden 4); allein auch die sogenannten judaistrenden Gnostiker, auch die, welche sich verhältnißmäßig mehr an das Judenthum anschließen, als die übrigen, haben eine heidnische, eine polytheistische, mythologische Färbung. Die Vielgötterei war allerdings durch das Christenthum gestürzt, und auch die Gnostiker führten dieselbe nicht mehr in ihrer krassen Gestalt ein. Allein zum rechten Monotheismus, zum Glauben an einen höchsten Gott und Schöpfer der Welt, der nach freiem heiligem Willen Alles geschaffen hat und Alles nach unumschränkter Weisheit und Liebe regiert, zum Glauben an diesen einen persönlichen Gott, brachten es die Gnostiker nicht. Der gnostische Gott ist ein dunkles, verhülltes Wesen, das erst durch ein mannigfach abgestuftes Heer von Kräften, die aus

3) Andie Verdienste eines Mosheim, Neander, Gieseler, Matter, Baur u. A. auf diesem Gebiete bedarf es kaum der Erinnerung.

4) So Neander.

ihm ausfließen (Emanationen), sich zum Bewußtsein seiner selbst hindurch arbeiten muß. Die Welt ist nicht eine freie Schöpfung dieses Gottes, sondern das Werk eines dem höchsten Gotte untergeordneten oder gar eines ihm feindlich entgegengesetzten bösen Wesens. So ist auch der Mensch ein Gebilde dieses untergeordneten Weltschöpfers, und er selbst ist unterthan einem blinden Geschick, und preisgegeben den Mächten, die zwischen Himmel und Erde walten. Mit der Freiheit des Menschen geht dann natürlich auch der Begriff der Sünde und der Zurechnung dieser Sünde verloren. Die Materie, die als eine dunkle Macht begriffen wird, ist der Siz des Bösen, und so lange der Mensch unter dem Einfluß der Materie steht, so lange ist auch seine Erlösung nicht vorhanden. Diese kann nur dadurch geschehen, daß höhere Lichtwesen den Menschen aus dem Zusammenhang mit der Materie heraus heben und ihn in das Lichtreich verseßen. Ein solches Lichtwesen ist nach der gnostischen Lehre auch Christus; aber dieser Christus der Gnostiker, wie verschieden ist er von dem Jesus Christus von Nazareth, den die Evangelien uns vorführen? Er ist ein mythischer Christus, ein Aeon, d. i. ein erhabener Engel des Lichts, der sich entweder nur zeitweise mit dem Jesus von Nazareth verbunden hat bei der Taufe am Jordan, um ihn dann bei seinem Tode wieder zu verlassen, oder der, statt wirklich Fleisch zu werden, nur mit einem Scheinkörper sich umgeben hat, eine Meinung, die wir schon das leztemal bei den Doketen des Ignatius gefunden haben. Am allerwenigsten ist es Christus, der Gekreuzigte, auf den der gnostische Glaube sich stüßt; was Paulus von den Juden und von den Griechen sagt, daß ihnen das Kreuz Christi ein Aergerniß und eine Thorheit sei, das läßt sich auch auf den Gnosticismus anwenden. Nicht als erlöste Sünder, sondern als eine Art von Engel, als vornehm-ideale Wesen (im Gegensaß gegen die Masse) werden die Seelen im Triumph eingeführt in das phantastischidealistische Lichtreich, nachdem sie durch eigene Büßungen und Kasteiungen und endlich durch den Tod sich der Herrschaft des Leibes entledigt, sich zu lichten Geistnaturen verklärt haben. Mit Verachtung steht daher auch der Gnosticismus auf die Gnadenmittel der Kirche, auf das Wort Gottes und die Sacramente herab. In seiner Geistigkeit bedarf er dergleichen nicht; er überläßt dieß

den Schwachen, die noch der Milchspeise bedürfen. Ebenso macht sich der Gnosticismus seine eigene Moral. Während er auf der einen Seite die strengste Zucht sich auferlegt, die bis zu gewaltsamer Peinigung des Körpers und zu freiwilligem Märtyrthum sich steigert, weiß er auch wieder gelegentlich dieser und aller Zucht sich zu entziehen, und der an sich richtige Sah, daß dem wahrhaft freien, dem geistigen Menschen Alles erlaubt ist, wird von ihm zu Gunsten einer gänzlichen Emancipation von jedem Sittengesehe ausgebentet, so daß die tollsten Ausschweisungen der Phantasie und der Sinnlichkeit ihre Rechtfertigung finden.

Neber

Seine Lehre ist fol=

Nun zu den einzelnen Gnostikern. Ein Hauptrepräsentant derselben ist Basilides in Alexandrien um's Jahr 125. sein äußeres Leben wissen wir weiter nichts. gende: Es giebt zwei einander entgegengeseßte Principien, ein gutes und ein böses, ein Reich des Lichts und ein Reich der Finsterniß. An der Spiße des Lichtreiches steht der unaussprechliche, der namenLose Gott. Aus diesem Urwesen, in dem alle Lebenskeime verschlossen liegen, entwickelt sich das Leben in folgender Ordnung: Erst geht dem ungenannten Gott hervor der Nus (vors) (der Geist oder der Erstgeborne), aus diesem wieder der Logos (der göttliche Verstand), dann aus diesem die Einsicht (poórnois), dann in weitern Ausflüssen die Weisheit (sopia), die Macht (divaμus), die Gerechtigkeit (dizaióiry) und endlich der Friede (eign). Diese fieben Kräfte, die sich aber Basilides nicht als abstracte Kräfte, sondern als belebte, persönliche Wesen denkt, bilden mit dem göttlichen Urwesen selbst, dessen Entfaltung sie sind, die erste heilige Achtzahl (ogdoas) oder den ersten Himmel. An diesen Himmel schließt sich ein zweiter als Abbild des ersten, ebenfalls mit solchen Kräften und Geistern erfüllt; an diesen wieder ein dritter, vierter bis zur Zahl 365. Diese 365 Himmel oder Geisterreiche, in welchen die Fülle der Gottheit nunmehr ausgegossen und die also das reine Spiegelbild Gottes ist, in dem Gott selbst erst sein eigenes Wesen erkennt, werden zusammengefaßt in das mystische Zahlwort Abraxas, das eine Art von Zauberkraft in sich schloß. An der Spize des letzten und untersten Lichtreiches steht der Weltherrscher (Archon), ein beschränktes, dem höchsten Gott untergeordnetes Wesen. Dieser und nicht der höchste Gott hat die gegenwärtige Welt ge=

schaffen, auf der wir leben; er ist auch der Gott der Juden, der Gott des alten Testaments. Er handelt nicht frei von sich aus, sondern dient der Vorsehung des höchsten Gottes als bloßes Werkzeug, um den Weltverklärungsprozeß seinem Ziel entgegen zu führen. Zu Vollendung dieses Prozesses bedurfte es einer besondern Offenbarung, die weit über die Einsicht und Macht des Weltschöpfers hinausreichte. Der höchste der aus Gott ausgeflossenen Geister, der Nus, vereinigte sich, um diese Gottesoffenbarung zu bewerkstelligen, mit einem Menschen, und zwar mit dem Menschen Jesus.. Diese Vereinigung geschah bei der Taufe am Jordan. Bis dahin, bis zu dem feierlichen Einweihungsakte der Taufe, war Jesus ein gewöhnlicher Mensch; aber nun kam der Gottesgeist über ihn; nun war er der Sohn Gottes, wie denn auch Gott hier erst erklärte: dieß ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe (Matth. 3, 17); daher denn auch die Anhänger des Basilides die Taufe Jesu besonders hoch hielten, und zum Andenken an dieselbe ein eigenes Fest feierten, das Fest der Epiphanic am 6. Januar. Was Jesus gelitten hat, das hat er nicht als Erlöser der Welt, das hat er einfach als Mensch gelitten und zwar hat auch er wie andere Menschen leiden müssen, um sich selbst von Sünden zu reinigen. Sonach war Jesus nicht vollkommen sündlos, obgleich bei ihm die Sünde auf ein Geringstes (Minimum) verschwindet. Ein stellvertretendes Leiden Jesu konnte Basilides nicht annehmen. Nach ihm leidet jeder Mensch und muß jeder leiden für seine eigene Sünde. Aber die Leiden sind eine Wohlthat für den Menschen; sie haben eine reinigende, eine läuternde Kraft, und eine besondere Gnade ist es, wenn ein Mensch schon in diesem Leben alle Sünden abbüßen kann; daher die Märtyrer vor allen glücklich zu preisen sind, weil es ihnen vergönnt ist, diese Sühne vollkommen zu vollbringen durch die freiwillige Hingabe ihres Lebens. Der Mensch, so lehrt Basilides weiter, ist ein geistleibliches Wesen : alle Leidenschaften, denen er unterworfen ist, kommen von der Materie her, in die sein Geist eingetaucht und versenkt ist. Er steht unter dem dunkeln Einfluß der ganzen Sinnenwelt um ihn her. Er steht im Rapport mit ihr, deren Abbilder er in sich trägt. Der Wolf weckt in ihm die Grausamkeit, der Stein die Herzenshärtigkeit u. s. w. In dem Maaße nun, als er sich von diesen

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