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gen Bücher der Christen zu studiren, und überzeugte sich mehr und mehr, daß in ihnen und sonst nirgends die wahre Philosophie, die er suche, enthalten sei. Was ihn aber auch noch besonders günstig für das Christenthum stimmte, das war die todesmuthige Gesinnung der Märtyrer, die eben in den damaligen Verfolgungen so freudig für ihren Glauben in den Tod gingen. So, dachte er, sterben keine Bösewichter, keine Thoren, keine Schwärmer, und von nun an kannte er kein größeres Verlangen, als ein christlicher Philosoph zu sein und Andern zu dieser christlichen Philosophie zu verhelfen. Er behielt daher auch als Christ seine Philo. sophenkleidung und seinen Philosophenberuf bei, die ihm beide das Recht gaben, mit den Leuten Gespräche und Disputationen anzuknüpfen. So machte er, ohne daß ihn ein bürgerliches oder kirchliches Amt an einen festen Aufenthalt gebunden hätte, verschiedene Reisen, hielt sich bald in Palästina, bald in Aegypten (Alexandrien), bald in Kleinasten (Ephesus), zuleht in Rom auf. Auf allen diesen Reisen war er bemüht, die irrenden, nach Wahrheit durstenden Gemüther zu dem Quell der ewigen Wahrheit hinzuleiten, aus dem er selbst geschöpft hatte, bis er endlich, wie wir schon früher gesehen, in Rom durch den cynischen Philosophen Crescens verfolgt, unter Mark Aurel den Märtyrtod litt (im Jahr 166). Freudig und unerschrocken wie im Leben, zeugte er auch im Angesicht des Todes für die evangelische Wahrheit."

Was seine beiden Apologien betrifft, so schrieb er die erste, größere derselben, unter Antonin d. Fr. um's Jahr 138 oder 139 und reichte sie dem Kaiser und seinen Adoptivföhnen, dem jungen. Mark Aurel und Lucius Verus ein. Vor allen Dingen zeigt

bloßen Namens willen

Justin das Unbillige, Christen um des zu verfolgen. „Die Vernunft," sagt er, „lehrt, daß die, welche fromm und Philosophen sein wollen (mit Anspielung auf die Namen Pius und Philosophus), auch allein der Wahrheit die Ehre geben müssen. Wie verträgt sich also damit, die Christen auf das bloße Gerücht hin, zu verurtheilen? Man wirft den Christen Atheismus vor; allein weit entfernt, den Glauben an Gott zu unter= graben, sucht das Christenthum die Menschen aus der Gewalt der Dämonen zu befreien und ste zur Erkenntniß des wahren Gottes zu führen. Das haben schon die bessern der griechischen Weisen,

das hat schon Sokrates gewollt." Es ist eine schöne, nicht nur humane, sondern der paulinischen Lehre ganz entsprechende Idee, die bei Justin und den ältern Kirchenlehrern öfter wiederkehrt, daß auch Gott sich den Heiden nicht unbezeugt gelassen habe. „Die ewige, die göttliche Vernunft, der Logos," so lehrt Justin, „war als ein Samenkorn auch in der Heidenwelt vorhanden; aber das Christenthum hat erst diesen Samen zur vollen Reife gebracht. Wir opfern, fährt Justinus fort, nicht den Bildern der Götter, die von Menschenhänden gemacht sind, sondern beten den wahrhaften Gott an, den uns Christus geoffenbart hat. Man hält uns freilich für Unsinnige, daß wir diesen Christus, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt worden, nächst dem Vater göttlich verehren; allein ste würden nicht so reden, wenn sie das Geheimniß des Kreuzes erkennten! An den Früchten mag man es crkennen. Wir, die wir einst in Unzucht lebten, befleißigen uns der Keuschheit; die wir uns mit Zauberkünften abgaben, haben uns dem guten, dem unerschaffenen Gott geweiht; die wir Geld und Besit über alles liebten, geben jeßt, was wir befizen, willig hin zum allgemeinen Besten und theilen jedem Dürftigen mit; die wir uns gegenseitig mordeten und befehdeten, und mit denen, die nicht zu unserm Volk gehörten, keine Gemeinschaft hatten, wir sind jezt, nachdem Chriftus erschienen, ihre Tischgenossen geworden und beten für unsere Feinde. Die, welche uns mit Haß verfolgen, suchen wir gütig zu besänftigen und haben die gute Hoffnung, daß auch sie derselben Güter theilhaft werden, deren wir uns freuen.“ Nun führt Justin in Weiterm die christliche Lehre aus und weist. ihr Verhältniß zum Heidenthum nach. Er zeigt, wie auf der einen Seite das Christenthum nichts anders lehre, als was auch die Dichter und Weisen des Alterthums geahnt haben, wie es aber auf der andern Seite auch weit über die Weisheit des Heidenthums hinausgehe und frei sei von den Gebrechen, die dem Heidenthum anhaften. Dann geht er auf die Weissagungen des alten Testamentes ein und zeigt, wie sie in Christo erfüllt seien. Ja, nicht nur im alten Testamente, auch in den sibyllinischen Orakeln sieht Justin Hinweisungen auf Christus. Die sogenannten sibyllinischen Bücher, wie ste Tarquinius Superbus von jenem seltsamen Weibe gekauft Hatte und wie sie seither als ein Heiligthum im capitolinischen

Tempel aufbewahrt wurden, waren im marsischen Kriege eine Beute der Flammen geworden. Allein später ward eine neue Sammlung angefertigt und zu verschiedenen Zeiten wurden dann unter dem Namen „sibyllinischer Orakel“ Weissagungen aller Art ersonnen, theils von Juden, theils von Heiden, theils auch (im zweiten Jahrh.) von Christen selbst. Auf solche untergeschobene Weissagungen, denen man den Schein des Alterthums zu geben suchte, berief sich allerdings nun auch Justin und theilte hiemit den irrthümlichen Glauben seiner Zeit. Einen bewußten Betrug können wir ihm dabei schwerlich Schuld geben. Nicht nur aber geschriebene Weissagungen, wie sie das jüdische und heidnische Alterthum ihm bot, beachtete Justin. Selbst die stumme Natur verschließt für ihn eine christliche Symbolik. So entdeckt das gläubige Auge Justins überall das Kreuz des Herrn vorgebildet. „Betrachtet einmal," sagt er, alles in der Welt, ob ihm nicht die Gestalt des Kreuzes aufgedrückt ist. Das Schiff mit den ausgespannten Segeln, der Pflug, womit die Erde bebaut wird, das menschliche Angesicht selbst oder der mit ausgestreckten Armen betende Mensch, rufen sie nicht alle das Bild des Kreuzes in die Seele?" Wir können diese Symbolik belächeln; wir können auch die Schriftauslegung Justins und der alten Kirchenlehrer hie und da eine gezwungene nennen, die in der Bibel eben das findet, was sie will; allein wir dürfen nicht vergessen, daß das, was uns als willkürliche Spielerei erscheinen mag, in der Seele jener Männer eine tiefere psychologische, moralische Wahrheit hatte. Nehmen wir an, daß diese Vergleichungen nicht künstlich gesucht waren, sondern ungesucht sich ihrem ganz mit dem Bilde Christi erfüllten Geiste aufdrangen, und geben wir ferner zu, daß jede Offenbarung Gottes in der Natur wie in der Schrift ihre höchste und lehte Vollendung findet in der Offenbarung Gottes in Christo, so werden wir sagen, daß wenn ste es auch bisweilen im Einzelnen übel trafen, ste doch im Ganzen weit mehr vom Geist der Wahrheit geleitet waren, als die, welche mitten unter allen Zeichen und Bildern des Göttlichen blind find für Alles, was auf eine höhere Verknüpfung der Dinge, auf ein tieferes Geheimniß des Lebens hinweist.

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Ueberaus ansprechend und belehrend ist, was Justin am Schlusse seiner Apologie über die Gebräuche der Christen seiner Zeit und

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über ihre Versammlungen uns meldet; besonders wenn wir es mit dem zusammenhalten, was wir früher aus dem Briefe des Plinius an den Trajan vernommen haben. „Die, welche von der Wahrheit unserer Lehre überzeugt sind," sagt Justin, „und welche sich entschlossen haben, ihr gemäß zu leben, werden allervorderst zu Gebet, Fasten und Buße angehalten. Darnach führen wir sie an einen Ort, wo Wasser ist; da werden sie untergetaucht und getauft auf den Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heil. Geistes. So werden wir aus Kindern der Nothwendigkeit und der Unwissenheit Kinder der Erwählung, der (göttlichen) Wissenschaft und der Vergebung der Sünden. Die Taufe heißt uns auch Erleuchtung, weil unser Geist dadurch erleuchtet wird, das Göttliche zu erkennen. Nachdem wir so den gläubigen Bruder durch das Bad der Taufe gereinigt haben, führen wir ihn in die Versammlung der Brüder, die für ihn und die Christen aller Orten beten, daß Gott ihnen Erkenntniß schenken möge, und die Gnade, diese Erkenntniß durch einen frommen Lebenswandel zu bethätigen. Nach dem Gebete geben wir uns den Bruderkuß. Dann bringt der Vorsteher den Brüdern Brot und einen Becher mit Wasser und Wein; er bringt dafür Gott Gebet und Danksagung, wozu die anwesende Gemeinde ihr Amen spricht. Darauf reichen die Diakonen jedem Anwesenden von dem Brot und von dem mit Wasser gemischten Wein. Dieß nennen wir Eucharistie (Danksagung). An dieser Handlung dürfen nur die Gläubigen theilnehmen; denn wir empfangen solches nicht als gemeines Brot und gemeinen Trank; sondern wie mit Christus sich der Logos (das ewige Wort) verbunden hat, so sind wir belehrt, daß die durch Gebet gesegnete Nahrung für uns eine Speise des Lebens, daß sie Fleisch und Blut des fleischgewordenen Jesus sei. Bei allen unsern Gaben loben wir Gott. Am Sonntag aber kommen Alle aus Stadt und Land zusammen und lesen die Denkwürdigkeiten der Apostel", (worunter Justin wahrscheinlich unsere Evangelien versteht), und eben so die Propheten (das alte Testament). Nachdem der Vorlesende zu lesen aufgehört, hält der Vorsteher eine Ermahnungsrede, dem nachzukommen, was gelesen wurde. Dann stehen wir Alle auf zum Gebet. Sovann wird (auf die oben beschriebene Weise) die Eucharistie gefeiert. Den Abwesenden bringen die Diakonen das gesegnete Brot und den ge=

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fegneten Kelch in's Haus. Die Reichern legen dann nach ihrem freien Willen etwas für die Armen zusammen und diese Collecte wird bei dem Vorsteher niedergelegt, der davon den Waisen, den Wittwen, den Dürftigen, den Fremdlingen mittheilt und überhaupt das Armenwesen besorgt. Wir versammeln uns aber am Sonntag, nicht darum allein, weil dieß der erste Tag ist, an welchem Gott die Welt erschaffen hat, sondern auch, weil unser Heiland an diesem Tage von dem Tote auferstanden ist."

So haben wir also hier schon die wesentlichen Elemente unsers christlichen evangelischen Gottesdienstes. Des Gesanges, dessen schon der Brief des Plinius erwähnt, wird zwar hier nicht ausdrücklich Erwähnung gethan. Dagegen haben wir, wie dort, die Sonntags= feier, die Eucharistie, das gemeinsame Gebet und dann auch schon das Vorlesen eines Textes und den ersten Anfang zu einer christlichen Predigt, die, wie es scheint, nur in einfachen Ermahnungen bestand; überdieß die Haus- oder Kranken-Communion und die Sitte, das Almosen in der Kirche zu sammeln; nichts dagegen von all den Ceremonien und dem Gepränge, das später in die Kirche eindrang. Es sind die feinsten Lineamente und Umrisse einer ächt christlichen Liturgie, wie sie unserer reformirten Kirche am nächsten kommt.

Die zweite Apologie Justins, unter Mark Aurel eingegeben (zwischen den Jahren 161-66), wurde durch das ungerechte Verfahren eines römischen Statthalters, Urbicus, herbeigeführt. Eine römische Frau, die bisher mit ihrem heidnischen Manne ein zügelloses Leben in heidnischer Weise geführt hatte, war durch einen Christen, Namens Ptolemäus, bekehrt worden. Von da an suchte sie auch ihren Mann zu bekehren: allein dieser wies jede derartige Zumuthung zurück, und als die Frau endlich auf Scheidung drang, wurde sie von ihm als Christin verklagt und auch ihr Lehrer und Bekehrer Ptolemäus, so wie noch ein anderer Christ, Lucius, der sich des Ptolemäus annahm, wurden in den Prozeß hineingezogen, der mit ihrem Tode endete. Justin, über diese Gewaltthat entrüstet, sezte nun seine Vertheidigungsschrift auf, worin er einiges von dem, was er in der ersten Apologie gesagt, in anderer Wendung wiederholt. Es würde uns das Eingehen auf die einzelnen Beweise zu weit führen. Wir lassen auch die übrigen Schriften,

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