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von denen einige mit Recht, andere mit Unrecht dem Justin zugeschrieben werden, hier unberührt. So seine Strafrede an die Heiden, seine Schrift über die Auferstehung u. a. Nur einer Schrift müssen wir noch erwähnen, weil sie uns zeigt, wie Juftin nicht nur gegen die Heiden, sondern auch gegen die Juden, die ihm von seinem Aufenthalt in Samarien und Palästina bekannt waren und ihm wohl auch ganz besonders am Herzen lagen, die Wahrheit des Christenthums zu vertheidigen suchte. Es geschieht dieß in dem Gespräch mit dem Juden Trypho4). Diesen Juden hatte der durch Bar Cochba erregte Krieg unter Hadrian aus Palästina vertrieben und zulegt nach Ephesus gebracht, wo er mit Justin zusammentraf und mit ihm in ein Religionsgespräch verwickelt wurde, dessen Inhalt uns die genannte Schrift wiedergiebt. Es ist kaum wahrscheinlich, daß das Gespräch gerade in der Form und in der Folge gehalten worden ist, wie wir es noch befizen; aber immer läßt sich annehmen, daß die Hauptgedanken der Schrift auf einer oder auch mehrern wirklichen Disputationen beruhen, die Justin mit diesem oder auch mit andern Juden gehabt und dann für den Leser in dieser Form zusammengestellt hat. In diesem Gespräch mit Trypho hebt Justin die Vorzüge des Christenthums vor dem Judenthum nachdrücklich heraus, indem er zeigt, wie die Gerechtigkeit nicht aus dem Geseg, sondern durch den Glauben an Christum komme, auf den die Propheten hingewiesen und wie alles überhaupt im alten Testament vorbildlicher Natur sei. Auch hier überläßt er sich bisweilen jener willkürlich phantastischen Schriftdeutung, von der auch in den Apologien Beispiele vorkommen. So müssen die zwölf Schellen am Kleide des Hohenpriesters ein Vorbild sein der zwölf Apostel; denn es stehet geschrieben: ihr Schall gehet aus in alle Welt (Ps. 19, 5. Röm. 10, 18), und ähnliches der Art mehr. Wir müssen uns aber auf den Standpunkt der unter den Juden üblichen Schrifterklärung verseßen, um begreiflich zu finden, wie solche Beweise wirklich eine Art von Beweiskraft haben konnten. Es lag dem christlichen Apologeten weniger daran, auf den nächsten geschichtlichen Sinn der einzelnen Schriftstellen einzugehen, als vielmehr auffällige Beziehungen

4) Ins Deutsche überseßt von N. von Brunn. Basel 1822.

1 heraus zu finden zwischen dem alten und neuen Testament; ein Beginnen, an welchem allerdings Phantasie und Wiz eben so viel Antheil hatten, als der nüchterne Verstand. Worauf aber Justin in dieser Schrift besonders ausgeht, ist das, zu zeigen, daß nicht nur durch die einmalige Ankunft Christi im Fleisch die Weissagungen der Propheten erfüllt seien, sondern daß noch eine zweite Ankunft bevorstehe, die zum Gericht, wobei er auch wieder zu seltsamen Beweisen seine Zuflucht nimmt 5). Nachdem er dann noch überhaupt seinem jüdischen Gegner die Hauptlehren des christlichen Glaubens auseinandergesezt, unter beständiger Hinweisung auf das alte Testament, spricht er sich mit froher Zuversicht dahin aus,• daß, wie man auch immer die Christen verfolgen möge, sich doch ihre Zahl vermehren werde, gleich wie die Rebe neue Schoffe treibt, =jemehr man sie zurück schneidet. Der von Gott gepflanzte Weinstock ist das Volk Gottes; das wahre Volk Gottes aber, das geist= liche Israel sind die Christen.

An Justin den Märtyrer reihen sich dann noch im Zeitalter der Antonine oder bald nachher mehrere Apologeten an, wie ein Tatian, ein Athenagoras, ein Theophilus von Antiochien, deren Schriften für den Theologen von dem höchsten Interesse sind, von denen es aber schwer sein dürfte, hier ein genügendes Bild zu geben. Dasselbe Zeitalter brachte uns aber nicht nur gelehrte Vertheidigungen des Christenthums, sondern, wie schon bemerkt, auch die Gegner traten jezt mit Schriften hervor, in denen ste bald mit Ernst, bald mit Spott und mit Satyre die neue Religion angriffen. Wir begnügen uns mit zweien, mit Celsus und Lucian. Der erstere, den die Einen für einen Epicuräer, die Andern für einen Platoniker ausgeben, bekämpfte um die Mitte des zweiten Jahrhunderts die Lehre der Christen in einer Schrift, die er die wahrhafte Belehrung“ (ályðis lóyos) betitelt. Wir haben diese Schrift nicht mehr und kennen sie nur aus der Widerlegung des großen Kirchenlehrers Origenes, auf den wir später werden zu reden kommen. So viel wir aus dieser Widerlegung

5) So müffen z. B. die beiden Böcke, wovon der eine die Sünden in die Wüste wegtrug, der andere geopfert wurde, Vorbilder der beiden Ankunften Chrifti sein.

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erkennen, hatte Celsus sehr schiefe und unvollkommene Begriffe vom Christenthum und vermengte dasselbe - ob absichtlich oder unabsichtlich, bleibt dahin gestellt mit den Lehrsäßen der Gnostiker, deren Extravaganzen er den Christen überhaupt aufbürdet.

Er verspottete die Geschichten des alten, wie des neuen Testamentes als elende Mährchen und namentlich war ihm bei seiner epicuräischen Gesinnung die Idee eines um die Menschen sich mühenden, zu den Menschen sich herablassenden, eines zürnenden wie eines liebenden Gottes höchst anstößig. Gott kümmere sich, meinte er, um die Menschen eben so wenig, als um die Affen und Fliegen. Auch die Sünderliebe des Heilandes machte er lächerlich, so wie die Hoffnungen der Christen auf ihn. Bei allem Spotte, in den sich Celsus ergießt, scheint er das Christenthum leidenschaftlich gehaßt zu haben. Nicht eben so Lucian von Samosat (um's Jahr 180). Lucian bestritt das Christenthum nicht etwa wie das wohl Andern begegnet - aus heidnischem Fanatismus; er sah nicht in den Christen die Zerstörer der ehrwürdigen alten Religion. Im Gegentheil wetteiferte er mit ihnen in der Bekämpfung der alten Mythologie, indem er über diese bekanntlich seinen ganzen Spott ausgoß. Man hat Lucian den Voltaire seiner Zeit ge= nannt 6), und in der That war er Religionsspötter nach allen Seiten hin; wenn auch sein Spott harmloser sein mochte, als der des Philosophen von Ferney. Kein Christ hat die alten Gottheiten der Heiden so lächerlich gemacht, als Lucian in seinen „Göttergesprächen“, und eben so wenig verschont seine Geißel die alten Philosophen und ihre Lehre. Er zeigt also das Ungenügende des Heidenthums ganz im Interesse der Christen: in der Negation stimmt er mit ihnen überein. Aber weil er gewohnt war, die Dinge von ihrer lächerlichen Seite zu betrachten, so sah er auch in der christlichen Religion nur eine Art von Aberglauben, und zu dem bot ihm das auffallende, mit den Sitten der Welt so sehr contrastirende Benehmen der Christen Stoff genug zur Satyre. In seinem Peregrinus Proteus", einem historischen Roman, den bekanntlich Wieland neu bearbeitet hat, schilderi Lucian uns

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6) Er war Wielands Lieblingsschriftsteller, der ihn auch trefflich übersezt hat.

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einen abenteuerlichen Philosophen, einen Cyniker, der früher Chrift gewesen, aber wegen einer verbotenen Speise, die er genossen, von den Christen aus ihrer Gemeinschaft ausgestoßen worden sei, und der nach einem schändlichen Lebenswandel zulegt seiner Narrheit die Krone auffeßte, indem er in der Stadt Olympia, wo einst die berühmten Spiele gefeiert wurden, im Beisein einer großen Volks= menge sich selbst verbrannte, um, wie Herkules auf dem Deta, zu sterben. Dieß soll im ersten Jahre der 236. Olympiade oder im Jahr 165 unserer Zeitrechnung geschehen sein. Wie viel Wahres an der Geschichte des Peregrinus Proteus und seiner Selbstverbrennung sein mag, haben wir hier nicht zu untersuchen. Jedenfalls erzählt Lucian die Geschichte in einem spottenden Ton; sein. Spott gilt zunächst nicht den Christen, sondern den chnischen. Philosophen, die er auf's Unbarmherzigste perfiflirt. Nur im Vorbeigehen macht er sich auch über die Christen lustig; namentlich muß ihre Leichtgläubigkeit und Gutmüthigkeit seinem Wize zur Zielscheibe dienen; er spottet darüber, wie sie den nächsten besten. Abenteurer, der sich ihnen als Bruder dargiebt, mit Wohlthaten überhäufen und nachher von ihm geprellt werden. Unter anderm kommt über die Christen folgende Stelle vor: „Diese armen Leute haben sich in den Kopf gefeßt, daß sie mit Leib und Seele unsterblich seien und in alle Ewigkeit leben werden, daher verachten fte den Tod und viele unter ihnen suchen ihn freiwillig auf. Außerdem hat sie ihr erster Gesetzgeber überredet, daß sie alle unter einander Brüder seien, wenn sie nur erst uns verlassen und die griechischen Götter verleugnet haben und ihren gekreuzigten Sophisten anbeten und nach seinen Vorschriften leben; daher verachten ste auch alles ohne Unterschied, und wenn irgend ein schlauer Betrüger zu ihnen kommt, der die rechten Schliche weiß, so wird er in kurzer Zeit auf ihre Unkosten reich und verlacht die einfältigen Leute." In den übrigen Schriften Lucians finden fich höchstens Anspielungen auf die Christen. So erwähnt er ihrer nur im Vorbeigehen in seiner Geschichte des falschen Propheten Alexander Abonoteichos, dessen Charlatanereien und vorgebliche Wunder er lächerlich macht. Eben so erklärt er sich gegen den Wunderglauben überhaupt und den seiner Zeit insbesondere in seiner Abhandlung: „wie man die Geschichte schreiben müsse“, worin

fich übrigens viel gute und gesunde Ideen finden und worin er die Sünden und Unarten schlechter Historiographen nach Verdienen züchtigt. Eine boshafte Anspielung auf die biblischen Wunder kann ich in dieser Schrift kaum finden, obgleich man aus seiner ganzen Gesinnungsweise abnehmen kann, daß ihm auf seinem Standpunkte auch die biblischen Wunder als Mährchen und Abenteuerlichkeiten erscheinen mußten.

Ob Lucian die christlichen Vertheidigungsschriften kannte, läßt fich nicht mit Sicherheit ermitteln. Schwerlich würde er durch sie auf andere Gedanken gebracht worden sein. Die Vertheidigungsschriften konnten nur bei denen Eingang finden, die zu einer ruhigen Prüfung der Wahrheit gestimmt waren und die ihr vor allem eine religiöse Empfänglichkeit entgegen brachten. Weit mehr haben jene Werke nach innen als nach außen gewirkt. Sie haben die Christen selbst veranlaßt, über die Gründe ihres Glaubens nachzudenken; sie haben die ersten Bausteine gelegt zum Gebäude der christlichen Theologie; ste haben den schönen Versuch gemacht, Glauben und Denken, Philosophie und Christenthum miteinander zu vermitteln, und in dieser Beziehung ist ihr Studium noch immer von unschäzbarem Werthe. Während die Schriften der Spötter jezt nur noch der geschichtlichen Merkwürdigkeit wegen gelesen werden, lassen sich aus den christlichen Apologeten noch immer eine Menge von christlichen Lebensanschauungen und Zeugnisse von innern Lebenserfahrungen gewinnen, die ihren ewigen Gehalt, ihre ewige Bedeutung haben für das einfache Christengemüth wie für den tiefsten christlichen Denker; auch auf die Gefahr hin, daß manche der einzelnen Beweise, die sie zur Stüßung ihres Glaubens vorgebracht haben, nicht als stichhaltig sollten erfunden werden. Das Christenthum (mit dieser Bemerkung möchte ich die heutige Vorlesung schließen) hat von Anfang darauf verzichtet, durch andere Beweise gehalten zu werden, als durch den Beweis des Geistes und der Kraft). Mit andern Worten: es beweist sich jedem durch sich selbst; innerlich durch den Lebensgeist, der es beseelt und der unserm Geiste sich als göttlich bewährt und bezeugt, je

*) Οὐκ ἐν πειθοῖς ἀνθρωπίνης σοφίας λόγοις, ἀλλ ̓ ἐν ἀποδείξει πνεύματος καὶ δυνάμεως. 1 Gor. 2, 4.

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