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Natursymbole, dichterische Personificationen der Naturkräfte und ihrer verschiedenen Erscheinungen, astronomisch-physikalische Bezie hungen erblickten, lehrten Andere, die Götter seien sterbliche Menschen gewesen, die später vom Aberglauben der Menge seien vergöttert worden. 1) Wie viel Recht die eine oder andere Erklärungsweise habe, wollen wir hier nicht entscheiden, da bekanntlich die heutige Wissenschaft hierüber ihr Urtheil noch nicht abgeschlossen hat. Es ist wohl möglich, daß auf beiden Wegen, sowohl auf dem physikalisch-symbolischen, als auf dem historisch-poetischen die Mythologie entstanden ist. So viel aber ist gewiß; sie war zur Auflösung reif geworden, und würde in sich zerfallen sein, wenn auch das Christenthum sie nicht gestürzt hätte. Aber freilich saßen. einstweilen die Wurzeln des abgestandenen Baumes noch viel zu tief, als daß man gewagt hätte, ihn mit einem Streich zu fällen. Die Klugheit wehrte, den Atheismus offen zu predigen, und be= sonders da, wo das Staatsleben mit religiösen Formen umgeben und geschützt war, da hielten sich auch die Hochgestellten und Gebildeten strenge an sie, gewiß nicht nur aus Menschenfurcht, sondern auch aus einer begreiflichen und sogar ehrenwerthen Scheu, an dem zu rütteln, worauf das gemeine Wesen seit Jahrhunderten erbaut war. Darum unterschieden die Römer zu Ciceros Zeit zwischen einer bürgerlichen und einer philosophischen Religion. Die erstere war die, die man um des Volkes und des öffentlichen Beispiels willen mit aller Devotion beobachtete, die leptere, die man im Stillen pflegte und über die man nur mit Gleichgestellten und Gleichgesinnten sich unterhielt. Wir müssen daher, wenn wir die religiöse Stimmung der Zeit allseitig wollen kennen lernen, auch einen Blick werfen auf die alte Philosophie, so weit ste bei den Gebildeten die Religion ersehen sollte. Bekanntlich war es SoFrates (469-399 v. Chr.), der zuerst die Philosophie der Griechen, die sich früherhin mehr der Naturseite zugewendet hatte, auf den Menschen lenkte und auf das, was ewig in des Menschen Brust lebt und ihn als freies und sittliches Wesen von der Natur unterscheidet. Das ist es, was die Erscheinung dieses Weisen be

1) Diese Meinung wurde besonders verbreitet durch Euhemerus aus Messena (im vierten Jahrhundert vor Christo), daher sie die euhemeristische heißt. Hagenbach, Vorlesungen II.

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sonders auszeichnet und was ihn auch in den Augen der Christen so hoch stellt, daß er die Selbstkenntniß obenan stellend in Weisheit und Gottesfurcht einherwandelte, daß er auch das Volk zu bilden und über seine sittlichen Verhältnisse aufzuklären suchte, und für seine Ueberzeugung heiter in den Tod ging. Man hat ihn den Johannes den Täufer genannt für die Griechenwelt; ja manche haben ihn sogar mit Jesu selbst in Parallele gestellt. — Sein großer Schüler Plato trat in seine Fußstapfen, faßte indessen mehr die speculative Seite der Philosophie seines Meisters auf und in dem Maaß, als er sie für das Denken vertiefte, in eben dem Maaß entzog er sie wieder dem Verständniß des Volkes; be= kannt ist sein Ausspruch, es sei schwierig, das höchste Wesen zu finden, unmöglich es der Menge bekannt zu machen. Gleichwohl findet der Denker bei Plato viele Samenkörner der Wahrheit, die dann später auf dem christlich bereiteten Boden aufgingen und Frucht brachten. In das System des scharfsinnigen, verstandesnüchternen Aristoteles und in die Lehre der übrigen Philosophen einzubringen, wie sie sich in die verschiedenen Schulen verzweigt, ist unser Ortes nicht. Nur so viel haben wir uns zu merken, daß bei der fortgeschrittenen Bildung das Ungenügende der Volksreligion auch von denen empfunden wurde, die nicht eigentlich von der Philosophie Beruf machten und daß sich so aus der strengern Schulphilosophie heraus nach und nach eine Philosophie des Lebens bildete, die ein Surrogat für die Religion werden mußte. So finden wir namentlich zwei philosophische Systeme der alten Welt ihren Einfluß auf die sittliche Gesinnung der Gebildeten üben, den Epicuräismus und den Stoicismus. Nicht was Epikur selbst (drei Jahrhunderte v. Chr.) über die Natur der Götter lehrte, kommt hier in - Betracht, sondern die Art, wie seine Lehre späterhin von seinen Anhängern gefaßt und ausgebeutet wurde. In diesem Sinn bezeichnet uns der Epicuräismus jene Denkweise, die sich die Götter am liebsten vorstellt in behaglicher Ruhe hoch über der Menschen Wesen und Treiben erhaben, weder von ihrer Lust, noch von ihrem Schmerz berührt, die sich daher auch gleichgültig verhalten in Absicht auf das Sittliche, und weit entfernt sind, durch das Betragen der Menschen im Genuß ihrer Seligkeit sich stören zu lassen. Dieser religiösen Vorstellung, der alle Idee der Hei

ligkeit Gottes abgeht, entsprach denn auch die praktische Lebensweisheit des Epicuräismus, die darin bestand, das Leben in rech-. ter Weise zu genießen und sich diesen Genuß durch keine Unruhe des Gemüthes stören zu lassen. In seiner Entartung ist der Epicuräismus die Philosophie des Egoismus und der Genußsucht, eine Philosophie, die bis in die neueste Zeit hinein ihre Jünger gefun den hat. Weit ernster und in fittlicher Beziehung dem Christlichen näher stehend erscheint uns der Stoicismus, als dessen Stifter uns Zeno (340-260 v. Chr.) bezeichnet wird, und dem. viele der Edelsten unter den Alten ergeben waren. Nicht die Lust und das wechselnde Spiel des Zufalls, sondern die allem Dasein zu Grunde liegende, nachh ewigen Gesezen waltende Kraft war das oberste Princip dieser Philosophie, die nach ihrer theoretischen Seite als Pantheismus sich ausprägte. Wie aber im Gebiete der Physik die Kraft es ist, die alles hält und trägt, so ist es auf dem sittlichen Gebiete die Tugend, die allein dem Menschenleben Werth und Bedeutung giebt. Nicht die Welt zu genießen, sondern Durch Selbstbeherrschung über sie zu herrschen und mit kalter Resignation in das Unabänderliche sich zu ergeben, zufrieden mit dem Bewußtsein, vernunft- und pflichtgemäß gehandelt zu haben, das ist stoische Weisheit. Aber wenn auch diese stoische Resignation an die christliche Entsagung und Ergebung erinnern mag, wenn fie mit ihr das edle Streben theilt, dem Geist über das Fleisch den Sieg zu verschaffen, wenn sie die Tugend nach ihrem innern. Werthe und nicht nach ihrem äußern Erfolge schägt, wie ganz verschieden sind doch wieder beide von einander in ihrer Erscheinung! Was dem Christen Ergebung ist in einen väterlichen Willen, der in Allem unser Bestes beabsichtigt, das ist dem Stoifer Unteriver= fung unter die eiserne Nothwendigkeit des Schicksals, und was der Christ als Gnadengeschenk aus der Hand seines Gottes nimmt, Das rechnet sich der Stoifer zum sittlichen Verdienst an. Ja, darin begegnen sich der Epicuräismus und der Stoicismus, daß beide eine unüberwindliche Kluft sezen zwischen der Gottheit und der Menschheit; beiden fehlt der Glaube an ein die Menschen liebendes Vaterherz. Sind die epicuräischen Götter zu weich und zu üppig, um an den menschlichen Leiden theilzunehmen, so ist das stoische Fatum zu starr und zu hart, um sich der Leidenden zu erbarmen,

und haben wir den Epicuräismus als den Egoismus der Sinnlichkeit und der Genußsucht bezeichnet, so erscheint uns der Stoi cismus als der Egoismus einer in ihren Tugendstolz sich einhüllenden Selbstgerechtigkeit. Zwischen Epicuräismus und Stoicis mus und neben ihnen schwankten wieder Andere umher. Die Pilatus-Frage: was ist Wahrheit? was kann der Mensch überhaupt Sicheres erkennen über Gott und göttliche Dinge, hat zu allen Zeiten den denkenden Geist beunruhigt, und wenn auch eine Zeitlang das eine oder andere philosophische System in stolzer Zuvers sicht sich rühmte, das Näthsel der Welt gelöst zu haben, so trat diesem zuversichtlichen Dogmatismus eben so bald wieder der Skepticismus entgegen. So fehlte es denn auch gerade in der Zeit, von der wir reden, nicht an verneinenden, an zerseßenden Geistern, die alles, was der Mensch zu wissen glaubt, in Zweifel zogen und die an die Stelle einer ausgemachten Wahrheit die bloße Wahrscheinlichkeit als das Höchste seßten, wozu es der Mensch zu bringen vermöge. Mit diesem Wahrscheinlichkeitsglauben (Probabilismus) verband sich dann bei denen, die doch nicht alles Philosophiren aufgeben wollten, der sogenannte Eklekticismus, d. h. sie wählten, ohne sich an ein bestimmtes System anzuschließen, das ihnen Zusagende aus den verschiedenen Systemen heraus und begnügten sich mit geistreichen Aphorismen, indem sie auf eine in sich abgeschlossene Erkenntniß verzichteten; namentlich griffen dann die Bessern unter ihnen das aus der Philosophie heraus, was auf die sittliche Natur des Menschen veredelnd wirkt, sie bearbeiteten die Moral.

Als einer der würdigsten Vertreter dieser Nichtung erscheint uns Cicero, der in seinen philosophischen Schriften über die Pflichten des Menschen viel Schönes und Treffendes gesagt, und den Glauben an Gott und Unsterblichkeit zum höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit zu bringen sich bemüht, aber eben doch es nicht zur Evidenz einer glaubensfesten Gesinnung gebracht hat. Es ist indessen merkwürdig, wie die heidnische Welt auch in ihrer philosopischen Entwicklung dem Licht des Christenthums unvermerki entgegen geführt wurde. Gehen wir um einige Menschenalter über Cicero hinaus, so finden wir, daß zu einer Zeit, als schon Christus aufgetreten, aber seine Lehre nur noch den Erstlingen aus den Heiden bekannt war, gleichwohl sich bei den Edlern und Besseru

unter ihnen eine Stimmung vorbereitete, die der christlichen schon um vieles näher kommt, als die frühere, antik-heidnische Stimmung. Es ist hier besonders an zwei Männer zu erinnern, von denen der eine der römischen, der andere der griechischen Welt angehört, an Seneca und Plutarch. Seneca, der berühmte Lehrer Nero's war ein Zeitgenosse unsers Herrn. Daß er mit dem Apostel Paulus in Briefwechsel gestanden habe, ist eine Fabel, aber eine Fabel, deren Entstehung sich eben daraus erklären mag, daß man fich die christlichen Anklänge in seinen Schriften nicht anders als auf diesem Wege zu erklären wußte. Seneca schloß sich wesentlich an die stoische Philosophie an, und auch er hat die Härten nicht überwunden, die dem Stoicismus eigen sind. Wir würden daher viel zu weit gehen, wollten wir sagen, seine religiösen Ueberzeugungen seien mit den christlichen eins gewesen; aber gewiß ist, daß Seneca über die Härte des Stoicismus hinausstrebte, daß er eine Ahnung hat von einem gnädigen Gott, der die Menschen durch Leiden erzieht, daß er um eine selige Gemeinschaft Gottes oder wie er es noch polytheistisch ausdrückt, um eine Freundschaft der Götter mit den Menschen weiß, die ihm höher steht, als alles, was die Welt Glück nennt. Es ist zwar der sittliche Charakter des Mannes von Neuern in Zweifel gezogen worden; sein Geiz, den man ihm vorwirft, soll sich schlecht vertragen haben mit seinen schönen Neden von der Verachtung der Welt. Es wäre dieß nur ein Beweis mehr, daß von dem Wissen des Guten zur Ausübung desselben noch ein großer Schritt ist und daß auch die edelste Philosophie den Menschen nicht zu erlösen, nicht zu heiligen und zu erneuern vermag, wenn nicht jene innere Umwandlung stattfindet, die eben das Christenthum als Wiedergeburt bezeichnet. Immerhin legt seine Philosophie ein Zeugniß dafür ab, daß, wenigstens nach der Seite der Erkenntniß hin, die Zeit dem Christenthum entgegen reifte. Eine der edelsten Gestalten des Alterthums ist die des Plutarch aus Chäronea in Böotien. Er lebte ungefähr ein halbes Jahrhundert nach Seneca und hielt sich längere Zeit unter Trajan in Rom auf. Das Christenthum war damals den Nömern nur als eine verachtete jüdische Sekte bekannt, und schwerlich ist Plutarch äußerlich damit in Berührung gekommen. Aber an innern Berührungspunkten fehlt es nicht. Dem Aberglauben wie dem

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