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Schon sein eigener Styl ist nichts weniger als elegant; er ist rauh, herbe, oft schwülstig und dunkel. Alles Geschmückte, Gezierte ist ihm zuwider. So tadelt er es an den Heiden als Unsinn, bei Festen und Gastmählern sich zu bekränzen, weil ja die Blumen zum Riechen geschaffen seien und nicht um in den Haaren zu prangen; so verbietet er den Frauen allen Puz und verlangt eine durchaus einfache Kleidung; für Jungfrauen den Schleier. Aus allen Kräften eifert Tertullian gegen das Schauspiel, in dem er bloß Täuschung und Lüge sieht. Daß auch in der Poeste eine Wahrheit liege, davon schien er bei seinem Realismus keine Ahnung zu haben. Mit größerm Rechte dagegen verurtheilte er das Schauspiel wegen der Aufregung der Leidenschaften, die es mit sich führt und wegen seines Zusammenhanges mit der heidnischen Götterfabel. Darum nannte er sogar das Theater ein Haus des Teufels. Auch über andere Vergnügungen und Ergöglichkeiten des Lebens urtheilte er strenge; der Christ soll sich an nichts ergößen als an Gott und seinem Worte. - Wir werden diese Strenge begreifen, wenn wir an die Sitten der alten Welt denken, die durch und durch vom Heidenthum inficirt waren. Wie sollte da ein Christ, ohne Verlegung seines Gewissens, an diesen heidnischen Dingen theilnehmen oder gar Gefallen darin finden könne? Nun aber kam die montanistische Moral häufig in's Gedränge mit dem, was das öffentliche Leben, was der Staat forderte. Wenn z. B. bei einem Triumphzuge eines römischen Imperators befohlen wurde, die Häuser zu bekränzen und zu illuminiren, so folgten manche Christen willig diesem Befehl; aber die strengern, zu denen Tertullian gehörte, weigerten sich auch dessen, und gaben dadurch auch eher Veranlassung zu den Verfolgungen. So verwarf auch Tertullian den Kriegsdienst, weil er ihn für unchristlich hielt und weil mit ihm auch heidnische Ceremonien verbunden waren, denen sich ein Christ nicht unterziehen sollte. Der Christ, so argumentirte er, hat nur einen Herrn, dessen Dienstmann er ist. Dem soll er gehorchen und keine andern Waffen führen, als die sein Herr und Meister geführt hat; zu keiner andern Fahne schwören, als zu der seinigen. Mit Recht kann man in dieser und anderer Beziehung die Gesinnung Tertullians mit der vergleichen, welche später die Wiedertäufer und die Quäker vertreten haben. Besonders strenge waren endlich auch

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Tertullians Ansichten von der Ehe. Er ging von dem Begriff der Heiligkeit und Unauflöslichkeit derselben aus. Deßhalb verwarf er, sich streng an das Gebot des Herrn haltend, jede Scheidung derselben. Aber auch selbst der Tod scheidet nicht, nach seiner Ansicht. Die Verbindung dauert auch nach dem Tode als eine eheliche Verbindung fort, deßhalb verwarf Tertullian (und mit ihm die Montanisten) die zweite Ehe. Aber so hoch auch Tertullian die Ehe stellte, noch höher stand ihm das freiwillig erwählte ehelose Leben, das Cölibat, und obgleich in unserer Periode die Kirche noch weit davon entfernt war, die Chelosigkeit von ihren Priestern oder Bischöfen zu verlangen (Tertullian selbst war verehlicht), so trugen doch diese überspannten Ansichten von der besondern Heiligkeit des ehelosen Standes dazu bei, dem spätern Cölibatsgesehe Eingang in die katholische Kirche zu verschaffen.

Fünfzehnte Vorlesung.

Cyprian.

Die nordafrikanische Kirche.
Die novatianischen Händel.
Streit mit Stephanus über die Keßertaufe. Märtyrertod Cyprians.
Seine Ansichten über Kirche und Kirchenzucht.

Origenes und Tertullian sind uns in der legten Stunde als die Vertreter zweier Geistesrichtungen vorgeführt worden, wovon wir die eine, welche vorwiegend der alexandrinischen Kirche des Morgenlandes angehörte, die idealistische, die andere, die in dem nordafrikanischen Boden Wurzel faßte, die realistische genannt haben. Solche Benennungen find immer nur Nothbehelfe, und wir müssen uns wohl hüten, das in mannigfaltigen Abstufungen und Schattierungen sich kundgebende Leben der Geschichte in diesen Kategorien beschloffen zu sehen. Aber einmal diese Benennungen zugelassen, so ist schwer zu sagen, welcher von beiden Auffassungsweisen unbedingt der Vorzug gebührt, ob der idealistischen oder der realistischen? Je nach der eigenen Stimmung unseres Wesens und der vorwiegenden Richtung, die unser religiöses Denken genommen hat, werden wir geneigt sein, der einen oder andern unsern Beifall zu schenken. Jede hat ihr Gutes und Wahres, das Anerkennung verdient, jede auch wieder ihre Mängel und Einseitigkeiten, die wir uns können zur Warnung dienen lassen. In Origenes mußten wir das schöne Streben ehren, eine Vermittlung zu suchen zwischen dem Christenthum und der hellenisch-platonischen Philosophie, welche gewiß der edelste Ausdruck des philosophirenden Geistes im Alterthum war, während uns in Tertullian nicht weniger der großartige Versuch freuen mußte, mit Hintansezung

aller fremdartigen Philosophie, sich des christlichen Lebensprincips unmittelbar zu bemächtigen und sich mit Hülfe der ihm zunächst liegenden römisch-punischen Sprache eine eigene christliche Terminologie zu schaffen. An beiden Orten begegnet uns ein Ringen des christlichen, seinen Ausdruck suchenden Geistes mit der Sprache und den Denkformen, wie sie die Zeit darbot; an beiden Orten das Zugeständniß eines überschwänglichen Inhaltes, für den eben die angemessene Form noch nicht gefunden war. Wo nun bei diesem Ningen und Suchen die eine Richtung sich bei ihrem Aufschwung in dem lichten Aether des Idealen zu verlieren drohte, da lief die andere, bei ihrem Graben nach der Tiefe Gefahr, in den dunkeln Gängen sich zu verirren, oder gar von ihrem eigenen Bau verschüttet zu werden, wenn das Grubenlicht, dem sie traute, ihr ausging. Wo die eine mit einer willkürlichen Eregese von dem Buchstaben sich lossagte, da klammerte sich die andere nicht weniger willkürlich so fest an denselben, daß der Geist darüber zu erstarren und die evangelische Freiheit in die Schroffheit des Gesezes umzuschlagen drohte. Wo die eine dem Gnosticismus sich annäherte, ohne jedoch sich von ihm bis zum Aeußersten fortreißen zu lassen, da ging die andere mit dem schwärmerischen Montanismus ein bedenkliches Bündniß ein. Und doch müssen wir sagen: Beide Richtungen haben, bei all ihren Fehlern, etwas Gewaltiges und Imposantes, und bildeten eine jede in ihrer Weise den besten Damm gegen die Uebergriffe des Häretischen, indem sie das, was Gutes und Brauchbares an jenen häretischen Erscheinungen war, in das kirchliche Bewußtsein verarbeiteten, so gut es ihnen gelang.

Nicht nur aber in der Stellung zu ihrer Zeit mußten uns Origenes und Tertullian als die Träger von zwei gleichberechtigten Richtungen erscheinen, sondern, wie ich schon das legtemal andeutete, sie reichen gewissermaßen auch noch in unsere Zeit hinein. Auch die Gegenwart ist ja noch immer im Ringen und Kämpfen begriffen nach dem rechten Ausdruck dessen, was christlich heißen und was als christlich im Leben gelten soll. Noch jezt sagen die Einen: Fasset das Christenthum nur einmal geistig auf, entkleidet es der allzumenschlichen Hülle, lasset ab von der strengen buchstäblichen Fassung eurer Dogmen, so wollen wir gerne uns an= schließen an diese humanisirte und vergeistigte Religion, wie sie

unserm modernen Bewußtsein fich empfiehlt. Dagegen legen die Andern ihren Protest ein, indem sie daran erinnern, wie bei dem Vergeistigungsprozesse die eigentliche Kraft des Christenthums, die gerade in seinen Geheimnissen und Wundern liege, verloren gehe. Nur in der unbedingten Rückkehr zum positiven Wortlaute der Bibel und der kirchlichen Bekenntnisse, in der heilsamen Beschrän= kung der subjectiven Vernunft, in der rücksichtlosen Zucht des Geistes, auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft, verbunden mit der äußersten Sittenstrenge, auch in den socialen und persönlichen Verhältnissen sehen sie das Mittel, dem Christenthum wieder aufzuhelfen mitten in einer verweichlichten und geistig-verwöhnten Zeit.

An redlichem Willen und Streben gebricht es weder den Einen, noch den Andern (ich rede von den bessern unter ihnen, denen es ernst ist mit ihrer Ueberzeugung), aber von Einseitigkeiten sind die Einen so wenig frei als die Andern. Eine totale Vereinigung und Verschmelzung der beiden Standpunkte wird sobald nicht möglich sein. Je nach der geistigen Eigenthümlichkeit, die ein Mensch nicht sich selbst giebt, sondern die er von Gott empfangen hat, wird der Eine mehr dieser, der Andere mehr jener Richtung sich zuneigen. Es ist schon viel gewonnen, wenn nur Jeder der andern Ansicht die Gerechtigkeit widerfahren läßt, daß er in ihr ein Bruchstück der Wahrheit erkennt und achtet, und daß er strebt, das ihm noch Mangelnde aus dem Guten und Nichtigen zu ergänzen, das er an der entgegengesezten Ansicht wahrnimmt. Für den Idealisten ist es gut und heilsam, vor hochmüthigem Gedankenschwindel be= wahrt zu werden durch die beständige Hinweisung auf die Macht der Thatsachen und der Wirklichkeit, die sich nicht so leicht durch den Zauberspruch einer philosophischen Formel beseitigen lassen; während es den positiven Geistern auch wieder wohl thut, von Zeit zu Zeit eine geistige Anregung zu empfangen, die aus der trägen Sicherheit ihres Besisstandes ste aufrüttelt und ihnen die Arbeit eines prüfenden Denkens zumuthet, das sie gegen Verdumpfung und Erstarrung des Geistes schüßt. Nicht in diesem, nicht in jenem Systeme, wohl aber im Christenthum, das über den Systemen steht, liegt die ganze, die volle Wahrheit. Das Christenthum ist weder haltloser Idealismus, noch geistleerer,

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