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wo das andere Gebot eben so wichtig erschien: man müsse Gott mehr gehorchen als den Menschen. Schon die äußern Ehrenbezeugungen, die der römische Bürger der Person des Kaisers und seiner Mitregenten zu leisten hatte, waren von der Art, daß ein Christ Bedenken tragen konnte, daran Theil zu nehmen. Wir reden nicht einmal vom Opfern und Weihrauchstreuen vor den Bildnissen der Kaiser; aber auch das Bekränzen und Illuminiren der Häuser bei einem Triumphzuge hatte, so unschuldig es schien, so viele Berührungen mit dem Heidenthum, widersprach so sehr dem nach innen gekehrten christlichen Sinne, daß die strengern und ängstlichen Gewissen sich darein nicht zu finden wußten. Vollends brachte die Verpflichtung zum Kriegsdienste manche Collision. Schon den Krieg an und für sich hielten manche Christen für etwas Unerlaubtes; aber wenn sie nun vollends den Soldateneid leisten und sich allen den Ceremonien unterwerfen sollten, die zum militärischen Gottesdienst gehörten: wenn sie Wache stehen sollten vor den Gößentempeln und diese vor Entweihung schüßen, wenn sie gar zu Arrestationen und Hinrichtungen ihrer Glaubensgenossen mitwirken sollten, so gaben sie, falls sie sich des Dienstes weigerten, ihren Obern gerechten Anlaß zur Bestrafung. Nur ein Beispiel aus den Zeiten Diocletians. Zu Sevesta in Numidien weigerte sich ein 21jähriger Jüngling, sich zum Kriegsdienste zu stellen, zu dem das Gefeß ihn verpflichtete. „Ich darf nicht Soldat sein; ich darf nichts Böses thun." Das war die Rede, auf der er standhaft verblieb. Vergebens redete man ihm zu, daß viele Christen im Heere der beiden Kaiser und ihrer Cäsaren dienten und daß man ihm seine Religion unangetastet lassen wolle; der Jüngling beharrte auf seinem Widerstand, er riß das Militärzeichen ab, das man ihm umhing, und so wurde er hingerichtet nicht als Christ, sondern weil er sich gegen die Geseße aufgelehnt. — Wir müssen also, wenn wir gerecht sein wollen, nicht alles was die Christen jener Zeit erduldeten, auf Rechnung der Heiden schreiben. Wir müssen zugeben, daß Uebertreibungen und Schroffheiten, wie sle namentlich bei der Montanistensecte vorkamen, ja daß sogar auch mitunter wirkliche Vergehen, die sich Einzelne zu Schulden kommen ließen (ich erinnere an die Vorfälle in Nikomedien), die strengen Maaßregeln rechtfertigten oder doch entschuldigten, welche die heid

nischen Obrigkeiten ergriffen und von ihrem Standpunkte aus ergreifen mußten, wenn sie ihre Pflicht thun wollten.

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Fragen wir endlich nach der höhern Bedeutung, welche die Christenverfolgungen im Ganzen hatten, so wird uns nicht entgehen, daß sie allervorderst einer höhern Ordnung der Dinge angehören, daß sie nothwendig waren zur Entwicklung und Kräftigung des Reiches Gottes. Christus selbst hatte es den Seinen vorausgesagt, daß Verfolgungen über sie kommen würden. Sie werden euch überantworten in ihre Nathhäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen. Man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugniß über sie und über die Heiden. . . Es wird aber ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören wider ihre Eltern und ihnen zum Tode helfen, und müsset gehasset werden von Jedermann um meines Namens willen; wer aber bis an das Ende beharret, wird selig... Der Jünger ist nicht über seinen Meister, noch der Knecht über seinen Herrn. . . Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen, wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen also heißen; darum fürchtet euch nicht vor ihnen... Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Friede zu senden auf Erden. Ich bin nicht gekommen, Friede zu senden, sondern das Schwert; denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater und die Tochter wider ihre Mutter und die Schnur wider ihre Schwieger, und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. . . Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folget mir nach, der ist mein nicht werth. Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren, und wer sein Leben verlieret um meinetwillen, der wird es finden." (Matth. 10, 17-39). Und wie Jesus, so haben es auch die Apostel ausgesprochen: Alle die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden (2 Tim. 3, 12); nur durch viele Trübsale gelangen wir in das Reich Gottes" (Apostelg. 14, 22). Achtet es aber," schreibt Jacobus, für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet, und wisset, daß euer Glaube, so er rechtschaffen ist, Geduld wirket" (Jac. 1, 2 ff.). "Ihr Lieben", schreibt Petrus, lasset euch die Hiße, die euch begegnet, nicht befremden, als widerführe euch etwas Seltsames; sondern freuet euch, daß ihr mit Christo leidet, auf daß ihr auch

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zu der Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget" (1 Petr. 4, 12). Und an wie vielen Stellen redet Paulus von den Verfolgungen, die er um des Evangeliums willen erduldete, und wie sieht auch er sie als nothwendig an, damit die äußere, wie die innere Frucht daraus entstehe. Schon die äußere Frucht, welche die Verfolgungen brachten, kann uns nicht entgehen. Sehen wir in ihnen zunächst auch eine räumliche Beschränkung des Christenthums, einen harten Damm, der sich seiner Verbreitung entgegenseßte, so wirkten sie, wie wir schon früher gesehen haben, dennoch zu dieser Verbreitung mit. Das Blut der Märtyrer ward ein Same der Kirche. Theils wurde das Evangelium, und so schon im Anfange, durch die dem Schwert des Verfolgers Entronnenen in die entferntesten Gegenden getragen, wie das Feuer um so mehr neue Gluth entzündet, je mehr man es zertheilt und je weiter seine Funken nach allen Richtungen auffallen; theils aber wirkte auch das Märtyrthum begeisternd ein auf die, welche Zeugen des= selben waren. Es hatte nicht nur eine abschreckende, es hatte auch eine anziehende, ja mitunter sogar eine ansteckende Gewalt. Wir haben Beispiele angeführt von solchen, die durch den Anblick der Märtyrer zu ähnlicher Gesinnung geführt wurden und ein gleiches Ende nahmen. Und dieß führt uns auf die innere Frucht der Verfolgungen. Sie dienten dem Christenthum selbst zur Läuterung, zur innern, sittlichen Vollendung. Unter den Leiden und Drangsalen konnte allein der innere Mensch, auf den es das Christenthum absah, seiner Vollendung entgegengeführt werden. Wie bald wäre das Christenthum in Weltlichkeit, in todten Mechanismus versunken, hätte es diese Läuterungskämpfe nicht bestehen müssen. Wir haben gesehen, wie schon die vierzig Jahre Nuhe bis zur legten Verfolgung, einen schädlichen, einen erschlaffenden Einfluß übten. Die ersten Christen betrachteten sich als Krieger Christi, die immer gerüstet sein müssen wider den Feind, immer wachsam, immer schlagfertig, immer auf's Aeußerste gefaßt. Das gab ihrem Geiste eine heilsame Spannung, ihrem Dichten und Trachten eine beständige Nichtung auf das unverrückte Ziel ihres Strebens, das stählte und kräftigte ihren Willen und läuterte ihr Gemüth. Je geschäftiger die Verleumdung, ihnen Böses nachzureden, desto mehr mußten sie sich hüten, daß sie auch nicht von ferne Anlaß

zu gerechten Klagen gaben. Da galt auch jenes apostolische Wort: „Selig seid ihr, wenn ihr geschmähet werdet über dem Namen Christi, denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruhet auf euch. Bei ihnen ist er verlästert, aber bei euch ist er gepriesen. Niemand aber unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Uebelthäter oder der in ein fremdes Amt greifet. Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht; er ehre aber Gott in solchem Fall; denn es ist Zeit, daß anfange das Gericht am Hause Gottes. So aber an uns, was will's für ein Ende nehmen mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben! Und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen? Darum, welche da leiden nach Gottes Willen, die sollen ihm ihre Seele befehlen als dem treuen Schöpfer in guten Werken" (1 Petr. 4, 14-19). -Je schwerere Opfer das Christenthum kostete, desto theurer wurde es auch geschäßt, desto höher stieg es auch in den Augen der Heiden, die in ihm eine noch nic geahnte Macht erkannten, an der die Macht ihrer Götter und die Weisheit ihrer Philosophie zu Schanden ward; desto mehr ging in Erfüllung das Wort: Lasset euer Licht leuchten vor den Leuten, auf daß sie eure guten Werke sehen und den Vater im Himmel preisen“ (Matth. 5, 16). — Aber indem die Verfolgungen als Läuterungsmittel dienten, mußten natürlich auch die Schlacken ausgesondert werden vom reinen Golde. Bei den Verfolgungen zeigte sich's, ob Einer nur mit dem Munde oder mit der That sich zu Christo bekenne; ob er nur mit herrschen und mit genießen, oder auch mit kämpfen und mit leiden wolle. Wir wissen, wie strenge die erste Kirche über die Gefallenen urtheilte; wir sind gewiß ge= neigt, sie milder zu beurtheilen, je gewissenhafter wir uns die Frage vorlegen, was hätten wir gethan, wir, die Kinder einer Zeit, die nichts weniger als eine Zeit der Märtyrer ist? Aber je begreiflicher, je entschuldbarer uns der Abfall wird, desto höher steigt unsere Bewunderung der Glaubenshelden, die mit ihrem Blute den Boden der Kirche getränkt haben, und wenn schon die alte Krrche das Andenken an ihre Märtyrer heilig gehalten hat, so werden wir uns nicht dem Vorwurf einer falschen Menschenverehrung aussehen, wenn auch wir dieses Andenken bewahren, und da, wo es nur

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zu sehr in den Hintergrund getreten ist, es wieder auffrischen 9). Von der andern Seite werden wir uns aber auch hüten, das Märtyrthum zu überschäßen. In diesen Fehler ist die römisch-katholische Kirche verfallen, wenn sie die Verdienste der Heiligen im Sinne äußerer Werkheiligkeit ausgebeutet und wenn sie diese Verdienste nur nach der Größe des Leidens geschäzt hat. Wir dürfen 1) nicht vergessen, daß Christus allein der Grund unserer Hoffnung und Seligkeit, sein Leiden allein das ist, das der Welt die Erlösung Frachte, und daß 2) auch in die Leiden der Märtyrer oft Unlauteres sich einmischte, bald Schwärmerei, bald Eitelkeit, bald wieder eine gewisse Verwegenheit, die, weil sie das Leben gering achtete, auf wohlfeile Weise sich den Heiligenschein zu erwerben suchte. Ich erinnere daran, wie zur Zeit Cyprians die sogenannten Bekenner ihre Autorität mißbrauchten, die ste bei der Gemeinde hatten. Da muß uns denn wohl der Spruch des Apostels einfallen: Und wenn ich auch meinen Leib sengen und brennen ließe, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nüße" (1 Cor. 13, 3). 3) Laßt uns bedenken, daß es überdieß noch ein anderes Märtyrthum giebt, als das allein, das Leib und Blut opfert. Es können auch andere Opfer dem Menschen gefordert werden, die eben so theuer in ihrer Art sind. Mit dem Wechsel der Zeiten wechseln auch die Anforderungen, die in dieser Hinsicht an uns gestellt werden. Die Zeit der Verfolgungen, wie wir sie kennen gelernt haben, ist allerdings für uns vorüber; aber giebt es nicht Verfolgungen anderer, wenn auch feinerer, darum nicht minder gefährlicher Art? Und immer noch hat ein Jeder Gelegenheit genug, das Wort auf sich anzuwenden: „Wer mich bekennet vor den Menschen, den werde ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater und wer mich verleugnet, den werde ich auch verleugnen" (Matth. 11, 32). Das sei die Frucht, die wir aus der Geschichte der Verfolgungen mit uns nehmen.

Es wird uns noch übrig bleiben, auch die erneuerten Angriffe auf das Christenthum, mit den Waffen des Geistes kennen zu lernen. Von Lucian und Celsus haben wir früher gehandelt. Nun wer

9) Sehr verdienstlich ist in dieser Hinsicht das Unternehmen von Piper, durch einen evangelischen Kalender die ächten Heiligentage und mit ihr die Geschichte der Märtyrer alter und neuer Zeit dem protestantischen Volke näher zu bringen.

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