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geschrieben steht. Für den griechischen Leserkreis schrieb Lucas, und zwar nicht als Augenzeuge, sondern wie er selbst sagt, nachdem er sich von Anbeginn über Alles wohl erkundigt. Mit der Darstellung des einen wie des andern dieser Beiden hat Marcus theilweise Aehnlichkeit: obgleich er manches in eigenthümlicher Kürze giebt, was jene ausführlicher erzählen, und nur wenige Striche von seiner Hand hinzugefügt scheinen. Ob sein Evangelium nur ein Auszug aus Matthäus und Lucas, oder ob es nicht vielmehr früher als diese verfaßt, die gemeinsame Quelle beider sei? muß fich aus den vergleichenden Studien ergeben, die mit neuem Eifer von unsern Theologen getrieben werden. Endlich hat Johannes, der Lieblingsjünger des Herrn, uns am meisten die innern Tiefen des geistigen Lebens Jesu, das Geheimniß seiner gottmenschlichen Persönlichkeit aufgefchloffen und ihn uns dargestellt als den, der von Ewigkeit war und der in Einheit mit dem Vater lebt und wirkt, als das in's Fleisch gekommene Wort, als das in die Finsterniß der Welt eingetretene Licht; als den Weg, die Wahrheit und das Leben. Aber so verschieden nun auch die Darstellungsweise eines Jeden ist und so verschieden sich der Eindruck modificiren mag, den eine jede dieser Darstellungen auf uns macht: das steht uns fest, erfinden, erdichten ließ sich ein solches Leben nicht. Je reicher, je gewaltiger es war, eine desto größere Verschiedenheit der Auffassung mußte es zulassen, und gewiß lag es mit in den Absichten der Vorsehung, daß wir nicht, um mich eines modernen Vergleiches zu bedienen, ein Daguerotyp erhalten sollten von dem Leben des Herrn im Fleisch), sondern großartige Umrisse seiner Lebenserscheinung, die uns manches zu ahnen, zu fragen, zu rathen und auch da noch zu bewundern übrig lassen, wo der Griffel des Geschichtschreibers mehr angedeutet, als ausgeführt hat. Dieß schließt auch schon die Antwort in sich auf die Frage, die im Interesse der Geschichte schon oft ist aufgeworfen worden: Warum haben wir außer unsern vier Evangelien so wenig Berichte über ein Leben, das doch nicht nur für den engen Kreis seiner nächsten Umgebungen von Bedeutung war, sondern das, um mit einem neuern Schriftsteller zu reden, die Weltgeschichte aus ihren Angeln gehoben hat? Warum schweigt von ihm eben diese Weltgeschichte in ihren bedeutendsten Organen? Wir könnten antworten, eben weil die Weltgeschichte

die Geschichte der Welt, das Reich des Herrn aber nicht von dieser Welt ist. Aber ganz geschwiegen hat die außerbiblische Geschichte doch nicht von Jesu von Nazareth. Freilich hat sie uns zunächst nur das von ihm gemeldet, was der Welt in die Augen fiel, daß er unter Pontius Pilatus gekreuzigt worden und daß er gleichwohl einen Anhang von Gläubigen gewonnen. Diese Thatsache, die Stiftung der Kirche durch den Gekreuzigten, ste wird auch von denen bezeugt, denen dieser Gekreuzigte nur als ein Jude, und diese Kirche nur als eine armselige, jüdische Secte erschien. Auf diese spärlichen und doch gewichtigen Zeugnisse der gleichzeitigen Profangeschichte werden wir nun unsere Aufmerksamkeit eben sowohl zu richten haben, als auch wieder auf die Erzeugnisse einer üppig wuchernden Phantasie, auf die Sagen und Dichtungen, die sich epheuartig um den dürren Stamm des Kreuzes geschlungen, aber das Leben des Herrn mehr verunstaltet, als verherrlicht haben. Der Rest der heutigen Stunde wird jedoch zu dieser Betrachtung nicht mehr ausreichen. Ich erlaube mir daher zum Schlusse Ihnen aus der Schrift eines unserer angesehensten. deutschen Theologen: „was setzt die Stiftung der Kirche durch einen Gekreuzigten voraus?" einige Ideen mitzutheilen, in denen Sie die Hauptgedanken unserer heutigen Vorlesung wieder finden und durch die Sie zu weiterm Nachdenken mögen veranlaßt werden.

Jede Wirkung, sagt Ullmann in der angeführten Schrift, hat eine Ursache, in welcher das, was die Wirkung der That nach aufzeigt, schon der Potenz nach vorhanden sein muß. Eine so einzige Wirkung (wie das Christenthum und die christliche Kirche) wird also nothwendig auch tiefe, außerordentliche Ursachen haben. Die große That fann nur aus einem großen Geiste, der ungemeine Erfolg nur aus einer ungemeinen Kraft gekommen sein. Gesezt nun, wir hätten die Evangelien nicht, es fehlten uns auch die christlichen Berichte über das Einzelne des Lebens Jesu, wir besäßen das Christenthum nur als ein einfach-großes Factum, wie es uns im Allgemeinen in der Eristenz der Kirche und deren Ueberlieferung gegeben ist,.... was würden wir voraussehen dürfen oder vorausseßen müssen bei derjenigen Gestalt des Christenthums, die wir factisch vorfinden, bei der Einführung desselben unter eine Menschheit, deren eine Hälfte Wunder, die andere Weisheit verlangte, und bei

der Erhaltung der Kirche durch eine Reihe von Jahrhunderten, wo ihr äußerlich und innerlich so unendlich vieles widerstrebt? Zuerst würden wir schon das Einfachste vorauszusehen haben, daß Jesus, der Stifter der christlichen Kirche, und als solcher eine geistig und sittlich hervorragende Persönlichkeit gewesen sei. Berücksichtigen wir dann aber zugleich die inhaltsreiche Thatsache der Kirchenstiftung und erwägen wir die Bedeutung des Glaubens an Jesum als Erlöser, wie sich derselbe notorisch in der Kirche entwickelt hat, so stellt sich die Sache noch anders. In diesem Glauben liegt ursprünglich und wesentlich dieß, daß Jesus von Nazareth der Sohn Gottes, ein vollkommenes Bild des göttlichen Wesens, ein reiner Ausdruck des göttlichen Geistes, ein Inbegriff der höchsten Wahrheit, Heiligkeit und Güte sei, mit einem Wort, es liegt darin die Anerkennung der göttlichen Dignität Christi und seiner Einheit mit Gott. Zu diesem Glauben mußte Jesus nicht allein durch seine eigenen Aussagen über sich Veranlassung gegeben, sondern er mußte ihn auch durch seine ganze Lebenserscheinung in denen, die sein Werk fortseßten, unerschütterlich befestigt haben. . . . Der Eindruck (dieser Lebenserscheinung) in den Gemüthern der Apostel mußte zugleich außerordentlich stark und tiefdringend sein, denn sonst wäre er durch die Anschauung des schmachvollen Leidens und Sterbens überwogen, er wäre durch den Kreuzestod wieder vernichtet worden."

„Eine andere, unentbehrliche Vorausseßung ist die, daß der Gekreuzigte, der so wirkte, eine unüberwindliche, alles besiegende, alles durchdringende Kraft der Liebe in seinem Herzen tragen mußte; denn unverkennbar kam durch das Christenthum ein ganz neues Princip der Gottes- und Bruderliebe in die Menschheit, und so stark und flegend trat dieser Geist hervor, daß man ihn als einen eigenthümlichen Grundzug betrachten und das Christenthum darnach von allen andern Glaubensweisen unterscheiden kann."

„Eine dritte nothwendige Voraussetzung ist, daß in der Lehre des Gekreuzigten ein unzerstörbarer Kern der Wahrheit liegen mußte: denn eine so schmählich erniedrigte und äußerlich überwundene Sache konnte doch nur dann sich erhalten und siegen, wenn sie durch Wahrheit einleuchtete und durch innere Güte sich empfahl. . . . Aber die Lehre allein, wenn sie auch noch so einfach, erhaben und Hagenbach, Vorlesungen II.

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wahr, würde es nicht gethan haben; selbst in Verbindung mit dem reinsten Charakter des Stifters hätte eine solche Lehre bei der ersten Gründung des Christenthums nicht alles Widerstreitende zu überwinden vermocht..... Sollte vollends ein Gekreuzigter, als der erhabenste Gottesliebling, als Messias und Gottessohn anerkannt werden, so mußte das Göttliche in dem ganzen Werke seines Lebens nicht bloß in Thaten der Liebe, sondern auch in Thaten der Macht, in unleugbaren Wirkungen des göttlichen Beistandes hervorleuchten. . . . Abgesehen von aller historischen Ueberlieferung wäre es schon an sich selbst nicht glaublich, daß der Kreis des Lebens und Wirkens Jesu mit dem Akte der Kreuzigung sich werde geschlossen haben. Das war in der That kein angemessener Schluß für ein messianisches Leben, für das Leben eines Gottgesandten, am wenigsten im Sinne derer, die Jesum zunächst umgaben. . . . Die großen und tief eingreifenden Wirkungen, welche die ersten Freunde Jesu hervorbrachten und die für alle Zeit von ihnen ausgingen, seßen eine innere Festigkeit und vollkräftige Einheit des Sinnes, eine Begeisterung voraus, wodurch jeder Gedanke an vorhandene Zweifel ausgeschlossen wird. Zu dieser intensiven Macht und Abgeschlossenheit des Glaubens konnten aber die Jünger nur gelangen, wenn für sie das messianische Leben und Wirken Jesu auch einen völlig befriedigenden, alle Dissonanzen auflösenden, ihr innerstes und bestes Lebensbewußtsein kräftig erhebenden Abschluß hatte. Einen solchen Abschluß finden wir im Kreuzestode nicht. Wir werden also zwischen diesen und die so erfolgreiche Thätigkeit der ersten Verkündiger des Evangelium von Christo noch eine Thatsache von einer hohen Bedeutung und Wirksamkeit zwischenein sehen müssen, wodurch der Erscheinung und dem Werke des Er lösers das unverkennbare Siegel göttlicher Bestätigung aufgedrückt, und den Seinigen ein neuer Muth, eine alles besiegende Thatkraft gegeben wurde. Eine solche Thatsache aber, wenn der Eindruck des Todes und zwar des schmachvollen Kreuzestodes dadurch ausgelöscht werden sollte, konnte nur bestehen in einer siegreichen Manifestation des Lebens und fortdauernden Wirkens einer durch den Tod nicht aufgehobenen Gemeinschaft Christi mit den Seinigen."

"Dieß Alles," fährt der geehrte Theologe fort, enthalten im

Wesentlichen unsere Evangelien, weiter ausgeführt, freilich in Einzelheiten, die wir uns von vorneherein nicht construiren können, aber doch in den Grundzügen so, wie wir es zur historischen Erklärung der Sache bedürfen.“

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