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Auszeichnung, die ihm von dem Herrn wiederfährt, wieder eine andere ist, als die des Petrus. Petrus ist der Mann der That, Johannes der Mann des Gemüthes, der innigen Gefühlstiefe; daher sein Verhältniß zu Jesu mehr ein persönliches, ein Liegen an seiner Brust. Ihm wird nicht zunächst der Auftrag, die Kirche zu stüßen, zu tragen, zu leiten; sondern an ihn gehet das Wort: siehe das ist deine Mutter; ihm gehört das Vermächtniß des Herzens. Wir würden indessen unrecht thun, uns unter Johannes jene weichliche, schmachtende Seele zu denken, zu der er aus Mißve-and seiner Lehre von der Liebe, gemacht worden ist. Alles deutet bei ihm auf eine kräftige, feurige Natur; sogar auf eine Heftigkeit des Charakters, die aber freilich mit dem Alter und in der Schule des heil. Geistes mehr und mehr gemildert und veredelt wurde. So hat er uns denn in gereiften Jahren, als Johannes Evangelist, nicht sowohl die äußern Thaten Jesu beschrieben und die nach außen gerichteten Reden uns wiedergegeben, als vielmehr hat er, der Theologe", wie die Kirche ihn nannte, uns die Tiefen der Gottheit erschlossen, die in Christo verborgen waren. Gleichwohl finden wir auch ihn in seinen frühern Jahren nach außen thätig in der Verbreitung des Christenthums. Erst erscheint er in der Apostelgeschichte als Begleiter des Petrus in Judäa und Samarien (Apftg. 3, 1 ff. 8, 14 ff.), dann scheint er sich länger in Jerusalem aufgehalten zu haben. Wohin er von da aus sich gewendet, erfahren wir nicht mehr durch die neutestamentlichen Berichte. Aber die alte und gewiß nicht zu verwerfende Tradition weist ihm in Klein-Asten seinen bleibenden Wohnsig an, und namentlich scheint er von Ephesus aus (nach Paulus Tode) zur tiefern Begründung des Christenthums in hohem Segen gewirkt zu haben. Die Annahme, daß er auf der Insel Patmos die Apocalypse verfaßte, beruht auf einer bestimmten Angabe in diesem merkwürdigen Buche selbst 14). Daß er aber unter Domitian oder einem andern römischen Kaiser dahin sei verwiesen worden, beruht auf bloßer Tradition, sowie auch die Angabe, daß er zuvor in Rom in siedendes Del getaucht worden. und unversehrt wieder heraus gekommen sei. Auch den Gist= becher soll er getrunken haben, ohne Schaden zu nehmen. Darauf

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deutet der Becher mit der Schlange, als Symbol des Giftes, in den Abbildungen des Jüngers. Nach dem einstimmigen Zeugniß der ersten Kirche erreichte Johannes ein hohes Alter. Er lebte bis an das Ende des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung und starb wahrscheinlich in Ephesus. Um ihn hat sich ein ganzer Sagenkreis gebildet, bei dem noch etwas zu verweilen sich lohnt. So soll er in Ephesus einst in einem öffentlichen Bade mit dem Häretiker Cerinth zusammen getroffen sein, sofort aber das Bad verlassen haben, weil er nicht wollte mit einem Kezer unter einem Dache verweilen, aus Furcht, es möchte einstürzen. Lieblicher und ganz seiner Gesinnung entsprechend, lautet eine andere Sage, daß er noch in hohem Alter sich durch seine Jünger in die Versammlungen der Gläubigen habe tragen lassen, um ihnen immer und immer wieder das eine Wort zuzurufen: Kindlein liebet euch! Bekannt ist auch, wie ein letztes Wort des Herrn an ihn (Joh. 21, 22), dahin mißverstanden wurde, als sterbe dieser Jünger nicht. Und wirklich glaubten Einige, er sei wie Henoch und Elias ohne Tod in den Himmel entrückt worden. Eine Sage, die Auguftin mittheilt, berichtet: Johannes habe sich selbst sein Grab be reiten lassen, und sich dann wie in ein Bett hinein gelegt, um zu sterben. Aber es habe sich der Glaube verbreitet, er sei nicht wirklich gestorben, sondern er schlafe nur. Sein Odem bewege die Erde auf seinem Grabe und treibe immerfort aus der Tiefe einen weißen Staub hervor. Noch bis im 18. Jahrhundert haben ja sogar geistreiche Männer eine leibliche Wiederkunft dieses Jüngers erwartet. Eine schöne Erzählung, die zum Beweis seiner Hirtentreue schon von den ältesten Kirchenschriftstellern angeführt wird, kann ich nicht übergehen. Auf einer seiner apostolischen Reisen erblickte Johannes in Smyrna einen Jüngling, der durch seine edle Haltung ihm auffiel. Er übergab diesen Jüngling dem Bischof zu besonderer Aufsicht, und seßte dann seine Reise fort. Als Johannes nach einiger Zeit wieder zu der Gemeinde zurückkehrte, war seine erste Frage nach dem Jünglinge. Der Bischof antwortet betreten: er ist gestorben", und auf das weitere Eindringen des Apostels, erklärt er sich deutlicher: der Jüngling sei Gott gestorben; er habe die Wege des Herrn verlassen und sei der Anführer einer Räuberbande geworden. Sofort verlangt der Apostel ein Pferd

und ruhet nicht, bis er den Aufenthalt der Räuber erspäht hat. Er wird von ihnen gefangen. Führt mich zu euerm Hauptmann", spricht er. Als dieser den Johannes erblickt, flieht er erst vor ihm; aber Johannes, sein Alter vergessend, sezt ihm nach und ruft ihm zu: „was fliehest du vor mir, mein Kind! vor mir, deinem Vater, dem Hülflosen, dem Alten! erbarme dich meiner, mein Kind! fürchte dich nicht: noch ist Hoffnung des Lebens für dich vorhanden; ich werde Christo Rechenschaft geben über dich; gern will ich, wenn's sein muß, mein Leben lassen für dich, wie der Herr für uns das seine gelassen hat. O so stehe denn, glaube, Chriftus hat mich hergesandt!" - Endlich blieb der Jüngling stehen, sah beschämt zur Erde nieder, warf die wilde Rüstung von sich, erklärte unter bittern Thränen seine Neue, und ward von Johannes wieder aufgenommen und der christlichen Gemeinde wiedergegeben. Herder hat diese Legende trefflich bearbeitet 15).

Nur noch ein Weniges über die übrigen Apostel.

Ueber Philippus aus Bethsaida, der Jesum gleichzeitig mit Petrus und Johannes kennen lernte, wissen wir sehr wenig. Von ihm erzählt uns die Apostelgeschichte nichts; nach einer sehr alten und nicht ganz zu verwerfenden Nachricht soll er das Evangelium in Phrygien verbreitet haben und in hohem Alter zu Hierapolis gestorben sein. Nicht selten hat man ihn mit dem Diaconus Philippus verwechselt, der den Kämmerer aus Mohrenland bekehrte. - Von Bartholomäus haben wir nur den Namen, wenn anders nicht, wie Viele annehmen, der aus Johannes uns bekannte Nathanael, der ächte Ifraelite ohne Falsch", eben diesen Namen führte. Dagegen weiß die Legende von ihm zu erzählen, er sei von königlicher Abkunft gewesen, der Sohn eines Königs Ptole= mäus und habe auch als Jünger des Herrn sein Purpurgewand getragen. Christus habe ihm. geweissagt, er werde einst den Purpurmantel seines Leibes ausziehen müssen, und dieß sei in Erfüllung gegangen, indem er in Armenien, wo er das Evangelium predigte, lebendig sei der Haut entkleidet worden; daher trägt er auch in bildlicher Darstellung ein Meffer in der Hand und die abgezogene

15) Der gerettete Jüngling in den christlichen Legenden. Sämmtliche Werke zur Literatur und Kunst. III. S. 286. Die kirchliche Erzählung selbst bei Euseb III, 33.

Haut auf dem Arm. Nach einer andern Version soll Bartholomäus in Indien das Evangelium verkündigt haben. Simon, der Kananite, der auch Zelote (Eiferer) heißt, ist uns gleichfalls unbekannt. Es ist bloße Vermuthung, wenn Einige annehmen, daß es derselbe Mann gewesen sei, auf dessen Hochzeit Jesus sein erstes Wunder verrichtete. Spätere haben ihm in Asien und Afrika einen Wirkungskreis angewiesen. In Persten soll er von heidnischen Priestern zersägt worden sein. - Daß Thomas, dessen augenblicklicher Zweifel an der Auferstehung Christi ihm den Namen des „ungläubigen" gebracht hat, späterhin in Indien das Evangelium verbreitet habe, ist eine Sage, die vielen Glauben in der Kirche bis auf diesen Tag gefunden hat; obgleich sich darüber nichts Gewisses sagen läßt: denn die sogenannten Thomaschristen in Indien. sind offenbar spätern Ursprungs. Eine ältere Sage macht ihn zum Evangelisten der Parther.

Matthäus, eine Person mit Levi, Sohn des Alphäus, den Jesus von seiner Zollstätte weg zu sich gerufen (Matth. 9, 9 ff.), ist der Kirche am bekanntesten geworden durch das Evangelium, das seinen Namen trägt. Wo er das Christenthum verbreitet, wissen wir nicht. Die Sage weist nach Aethiopien.

Bei Jacobus dem Jüngern und bei Thaddäus (Judas Lebbäus) entsteht die Frage, ob sie dieselben Personen sind, die uns an andern Orten als Brüder Jesu bezeichnet oder ob sie von ihnen verschieden sind. Leibliche Brüder des Herrn waren diese beiden Apostel jedenfalls nicht, wohl aber Geschwisterkinder von ihm 16), und so muß man freilich die Bezeichnung von Brüdern in einem weitern Sinn nehmen (von Vettern), wenn man sich nicht entschließen kann, neben diesen Aposteln noch eigentliche Brüder des Herrn eben dieses Namens anzunehmen. Wir lassen die Frage, die die Gelehrten bis auf diesen Tag beschäftigt, unentschieden 17). Nur bemerken wir, daß der Jacobus, den die

16) Insofern Alphäus und Kleophas, der Schwager der Maria, als eine und dieselbe Person angenommen werden. Joh. 19, 25. Matth. 10, 3.

17) Bekanntlich hat die Schen, sich die Maria als Mutter leiblicher Söhne zu denken, manche, besonders katholische Theologen, von vorneherein gegen die Annahme von leiblichen Brüdern Jesu eingenommen. Die Untersuchung muß rein historisch, ungetrübt von dogmatischen Vorausseßungen,

Kirche den Bruder des Herrn nennt und der auch den Beinamen des Gerechten führte, längere Zeit Bischof von Jerusalem war und von ihm ist auch wahrscheinlich der Brief Jacobi in unserer Bibel. Dieser Jacobus starb als Märtyrer. Nach Josephus wurde er auf Befehl des Hohenpriesters Ananias gesteinigt: nach einer andern Nachricht, die wir bei den christlichen Kirchenschriftstellern finden, wurde er bei einer Volksbewegung von seinen Feinden auf die Zinne des Tempels gestellt, dort zum Predigen aufgefordert, dann aber, als er Jesum öffentlich als den Weltheiland bekannte, herab gestürzt, und da er nicht vollkommen todt war, vollends mit einer Walkerkeule erschlagen 18). Von Judas Thaddäus haben wir schon erwähnt, daß er, der Sage zufolge, an den Toparchen Abgarus von Edessa abgesandt wurde, um ihn im Namen Jesu zu heilen; wir haben aber gesehen, auf wie schwachen Füßen diese Sage steht. Spätere Nachrichten lassen auch ihn den Märtyrtod sterben; nach den Einen soll er gekreuzigt, nach Andern mit Pfeilen erschossen worden sein. Von Matthias endlich, der bald nach Jesu Himmelfahrt an die Stelle des Judas Ischariot durch das Loos gewählt wurde (Apostelg. 1, 26), wissen wir ebenfalls nichts Sicheres. Erst eine spätere Sage läßt ihn in Aethiopien das Evangelium verkünden und dort den Märtyrtod sterben; vielleicht eine Verwechslung seiner Person mit der des Matthäus (s. oben).

Blicken wir noch einmal auf die Geschichte der zwölf Apostel zurück, so muß uns, wie schon bemerkt, auffallen, wie wenig das Buch, das den Namen „Apostelgeschichte" führt, uns über diese Zwölfe berichtet. Von mehrern schweigt es ganz, und auch die Geschichte der Hauptapostel, der Säulen der Gemeinde, führt es nur bis auf eine gewisse Grenze fort. Dagegen handelt die größere Hälfte des Buches von den Schicksalen und der Thätigkeit eines Mannes, der uns nicht unter den Zwölfen genannt wird und der gleichwohl, nach seinem eigenen Zeugniß mehr gearbeitet hat als sie Alle" (1 Cor. 15, 10); eines Mannes, der den Namen und die Würde eines Apostels ungescheut für sich in Anspruch nimmt, indem er das Bewußtsein einer unmittelbaren Berufung des Herrn

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geführt werden. Für unsern Zweck liegt sie außer dem Wege; doch hat die Annnahme wirklicher Brüder Jesu vieles für sich.

18) Vgl. Hegesippus bei Euseb II, 23. und Josephus XX, 8.

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