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Veranlassung gezeigt haben, da die Bibel eben von ihm und seiner Wirksamkeit uns ein viel ausgeführteres, anschaulicheres Vild giebt als von allen llebrigen? Einer Sage habe ich schon früher erwähnt, daß Paulus mit Seneca, dem Lehrer Nero's, einen Briefwechsel geführt habe. Allein die noch vorhandenen lateinischen Briefe, die dieß beweisen sollen, sind von der Art, daß man ihnen das Erdichtete von Weitem ansieht.

Verweilen wir noch einen Augenblick bei der Persönlichkeit und dem Charakter des Paulus überhaupt und bei seiner eigenthümlichen Auffassung des Christenthums. Wir haben ihn als einen Schüler Gamaliel's bezeichnet, und obgleich er daneben ein Gewerbe trieb, so war er doch ein Gelehrter seiner Zeit und unterschied sich dadurch auf's Bestimmteste von den Aposteln, die zu Jesu Lebzeiten von ihm selbst gewählt wurden. Man darf aber die Vorstellungen von der paulinischen Gelehrsamkeit auch nicht zu hoch spannen. Es ist viel davon die Rede gewesen, ob er klasstisch gebildet, ob er in der griechischen und römischen Litteratur bewandert war? Man hat dieß daraus schließen wollen, daß er in seinen Reven und in seinen Schriften Stellen aus griechischen Dichtern anführt. Allein solche abgerissene Stellen konnten ihm bekannt sein, ohne daß er die Schriftsteller brauchte studirt zu haben. Sein griechischer Styl deutet nicht auf eine genauere Bekanntschaft mit den Klassikern 3). So beschränkte sich denn seine Gelehrsamkeit auf die pharisäisch-jüdische Schriftgelehrsamkeit. Darin aber zeigt er sich vollkommen bewandert, und die Art, wie er das alte Testament auslegt, stimmt ganz zu dieser Art von Bildung. Er hat die Schrift des alten Testaments in seiner Gewalt und ebenso versteht er die Kunst der Beweisführung, die Dialektik, wovon er schlagende Beweise in seinen Schriften ablegt. So weit der natürliche Mensch, der Jude Saulus mit seinem Eifer für das Gesetz. Was er aber als Paulus war, das war er, wie er uns felbst bezeugt, weder durch eigenes Talent, noch durch eigenes Studium geworden, das war er worden durch Gottes Gnade (1 Cor. 15, 10),

3) In neuerer Zeit hat jedoch Thiersch wieder eine trengere klassische Bildung bei dem Apostel vorausgesezt; vgl. dessen „Kirche im apost. Zeitalter." S.112. 113., cin Buch, das überhaupt über die Urgeschichte manche neue Gesichtspunkte ausstellt, die mit Ruhe und Unparteilichkeit erwogen zu werden verdienen.

die sich mächtig an ihm erwiesen, die aus ihm einen ganz andern Menschen gemacht hatte, als er zuvor war, und an der er sich von nun an genügen ließ, weil er wohl fühlte, daß sie in den Schwachen mächtig sei.

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Dieß führt uns auf seine Bekehrung und die Frucht derselben. Das wunderbare Ereigniß selbst irgendwie natürlich erklären zu wollen, kann uns nicht einfallen. Wohl aber sehen wir uns aufgefordert, den innern Vorgang in der Seele des Mannes so weit uns zu veranschaulichen, als dieß möglich ist. Die Bekehrung macht uns allerdings den Eindruck einer plöglichen Verwandlung. Noch eben schnaubt derselbe Maun wider die Christen, der in demselben Augenblick besinnungslos zu Boden fällt, und von übernatürlichem Lichte geblendet, sich nach Damascus muß führen lassen, und dort nach wenigen Tagen als ein auserwähltes Rüstzeug des Herrn" erklärt wird. Allein was so plößlich in die Erscheinung trat, das hatte wohl auch seine stille Vorbereitung gefunden in der Seele des Apostels. Wer kennt nicht das psychologische Geheimniß, wonach wir gegen das den meisten Haß der Seele aufbieten, das wir schon angefangen haben, im Stillen zu lieben und das wir eben gewaltsam niederzuhalten uns anstrengen! Gewiß waren schon hie und da Regungen in Paulus Seele vorgegangen, die das ihm stille zuflüsterten, was jene Stimme ihm laut zurief: Saul, was verfolgst du mich? Unstreitig hatte jener standhafte Tod des Stephanus einen mächtigen Eindruck auf ihn gemacht, als er die Kleider des Hingerichteten hütete. Was auf dem Wege nach Da= mascus in ihm arbeitete, das sagt uns die Geschichte nicht, aber das blieb Dem nicht verborgen, der eben diesen Augenblick erwählte, um es zum Entscheid zu führen. Mit einem Worte, so wunderbar die Bekehrung ist (und jede Befehrung ist ein göttliches Wunder in ihrer Art), so wenig dürfen wir sie uns magisch, v. h. zauberhaft, rein als äußern Vorgang und ohne innere, psychologische Vermittlung denken. Auch war diese Bekehrung, so wenig als auf einen Schlag herbeigeführt, eben so wenig auf einen Schlag vollendet. Schon die ersten Tage in Damascus, da das Augenlicht ihm entzogen war, waren gewiß für den hart Geprüften ge= segnete Tage des stillen Nachdenkens, des Gebets, der Einkehr in sich selbst und in Gott. Nehmen wir dann noch dazu den längern

Aufenthalt in Arabien, den uns Paulus selbst meldet, so war auch dieß eine schöne Zeit der innern Vefestigung und der Vorbereitung auf seinen heiligen und wichtigen Beruf.

Zusammenhängend mit der Frage über die Bekehrung des Paulus ist die über seinen Unterricht im Christenthum und über seinen Beruf zum Apostel. Wie seine Bekehrung, so führt er ja auch seine Berufung zum Apostel auf einen Akt der göttlichen Gnade zurück. Er wiederholt es zu verschiedenen Malen, daß er nicht von Menschen erwählt, auch nicht von den übrigen Aposteln sei belehrt worden, sondern daß er seinen Unterricht vom Herrn selbst empfangen habe und auch von ihm, und nicht von Menschen zum Apostel sei berufen worden. Er thut dieß mit einer solchen Zuversicht, daß wir nicht anders können, als dieser Aussage glauben. Ueber das Wie? erfahren wir freilich nichts. Aber die ganze Lehre und Predigt des Mannes muß uns selbst den Eindruck machen, daß was er redet, nicht die Frucht mühsamer Combinationen, noch weniger der bloße Abdruck dessen sei, was ihm Andere mitgetheilt haben; sondern allerdings ein unmittelbares Schauen und Ergreifen der Wahrheit, wie sie ihm von dem Herrn und seinem Geist ge=· offenbart wurden. Vei dieser unbestrittenen Thatsache muß sich die Geschichte begnügen. Und nun eben diese Predigt des Paulus selbst! Welche Kraft und Entschiedenheit! Welches Leben der Ueberzeugung! Es ist nicht die bloße Verkündigung der geschichtlichen Heilsthatsachen, die uns hier begegnet; alles trägt das Gepräge des Selbsterlebten, des Selbsterfahrenen. Neberall stellt sich der Apostel hin als den, an welchem die Gnade Gottes in Christo persönlich gearbeitet, persönlich sich verherrlicht, an dem sie sich als in dem Schwachen mächtig erwiesen hat! Wenn schon Johannes diese innern Wirkungen des Christenthums in der Seele des Gläubigen hervorhebt, wenn seine Seele gleichsam der klare Spie= gel ist des Lichtes, das in die Welt gekommen, alle Menschen zu erleuchten; so giebt uns Paulus nicht nur diesen einfachen Nesler wieder, er führt uns auch hinein in den Kampf der Gegensäge, in den Widerstreit der Gedanken, die sich unter einander anklagen und entschuldigen; an ihm tritt die Sündentilgende, die vom Fluch des Gesezes erlösende, die den Menschen zur wahren Freiheit der Kinder Gottes führende Macht des Evangeliums am Bestimm

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testen hervor. Die Rechtfertigung des Sünders vor Gott durch den lebendigen Glauben an den Sohn Gottes und sein für uns gebrachtes Opfer, das ist das eigentliche Grundthema der paulinischen Lehre; das das eigenthümliche Gepräge derselben.

Man hat die Frage aufgeworfen, ob nicht dieses paulinische Christenthum ein anderes sei, als das, das uns Jesus Christus und seine nächsten Apostel selbst gebracht haben? Die Einen haben gesagt, Paulus habe die einfache Lehre Jesu umgewandelt in eine rabbinische Theologie und habe so gewisse dogmatische Vorstellungen in das Christenthum eingeführt, die sich zu der einfachen, auf das Praktische gerichteten Lehrart Jesu verhielten, wie die Theologie zur Religion überhaupt. Was diese als einen Nachtheil des Paulinismus bezeichneten, haben Andere als einen Vortheil desselben hervorgehoben, indem sie sagten, erst Paulus habe aus dem Christenthum etwas gemacht; er habe erst diese einfache Lehre des Zimmermannssohnes und der galiläischen Fischer in eine höhere Sphäre, in die Sphäre des speculativen Gedankens gehoben, und dadurch ihr ein welthistorisches Interesse gegeben. -- Allein, wenn wir die paulinische Lehre einfach vergleichen mit der Lehre Jesu und mit der Lehre eines Petrus, Johannes und Jacobus, so wird uns die tiefere Uebereinstimmung mit den Grundlehren des Evangeliums, wie wir sie schon dort finden, nicht entgehen, und wir werden uns wohl hüten, Paulus auf Kosten der Andern zu erheben, oder umgekehrt ihn einer Entstellung der chriftlichen Lehre zu beschuldigen. Er, der nichts anders wissen wollte, als Jejum Christum den Gekreuzigten (1 Cor. 2, 2), der feinen andern Grund wollte gelegt wissen, als den, der gelegt ist (1 Cor. 3, 11), und der selbst einen Engel vom Himmel dem ewigen Fluch verfallen erklärte, der ein anderes Evangelium bringen würde, als das Evangelium von Christo, das er zu verkündigen sich bewußt war (Gal. 1, 8), er würde sich eben so wohl den falschen Nuhm verbeten, ein neues und besseres Christenthum erfunden, als den Vorwurf, das Evangelium durch die Beimischung seiner Lehrsäge entstellt zu haben. Paulus hat kein anderes Christenthum gebracht, als das Christenthum Jesu und seiner Apostel. Das wird sich Jedem feststellen, der seine Schriften studirt und sie mit den Evangelien und den übrigen neutestamentlichen Schriften vergleicht. Wohl aber wird

dieses vergleichende Studium, uns zu der Ueberzeugung führen, daß Paulus das Evangelium allerdings nicht nur als einen von außen überlieferten Stoff weiter verbreitet, sondern daß er es als eine seligmachende Kraft in sich verarbeitet, und durch eigenes Nachvenken sowohl als durch Uebung und Erfahrung in sein geistiges Eigenthum verwandelt habe. In diesem Sinn dürfen wir von einem paulinischen Christenthum reden, d. h. von einem Christenthum, das sich mit der persönlichen Gemüthsanlage des Apostels, mit seiner geistigen Bildung, mit seinen äußern und innern Erfahrungen zu einem Ganzen von Vorstellungen zusammenschloß, wie es, zu einem solchen Ganzen verarbeitet, uns allerdings sonst nirgends begegnet. Das ist ja eben das Schöne und Große des Christenthums, worauf ich schon bei der Stiftung desselben aufmerksam gemacht habe, daß es nicht ein von vornherein abgeschlossenes System, nicht ein Compler von Dogmen und Sittengeboten ist, den man als einen fertigen Stoff wieder Andern überliefern kann, sondern daß es als ein ewig Lebendiges und Flüssiges in jeder Persönlichkeit wieder seine eigene Gestalt gewinnt, in jeder gleichsam eine neue Geschichte durchlebt und so auch wieder von ihr ein Gepräge zurücknimmt, wie es ihr selbst sein ewiges Gepräge aufbrückt. Und nun eine Persönlichkeit wie die des Apostels Paulus, eine also von Gott erwählte, bereitete, von seinem Geist geführte und erleuchtete Persönlichkeit, hätte sie nur der mechanische Träger, und nicht vielmehr ein organischer Durchgangs- und Vermittlungspunkt des Christenthums werden sollen? Die große Bedeutung des Apostels als des Heidenapostels, hätte sie wirklich nur darin bestanden, das Christenthum dem Raume nach in die Länder der Heiden zu bringen, oder nicht vielmehr auch darin, es den Heiden zugänglich zu machen durch die ganz eigenthümliche, auf sie berechnete Art der Verkündigung? Wenn etwa auch schon gesagt worden ist, Paulus habe das Christenthum aus der jüdischen Befangenheit erst heraus gehoben und es nach freier, eigner Willkür zur Weltreligion umgeseßt, so wird damit zu viel gesagt; ja, es wird der Jünger dann über den Meister erhoben. Aber wenn gesagt wirk, Paulus habe bestimmter und energischer als andere Apostel die universelle Bestimmung des Christenthums erkannt, betont, begriffen und demgemäß die Absicht seines göttlichen Meisters selbst

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