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in einer ihm eigens angewiesenen Richtung erfüllt, wie kein Anderer, so ist das ein Urtheil, zu dem die unbefangene Betrachtung seines Lebens und Wirkens uns allerdings berechtigt, ja uns hindrängt. Paulus hat, indem er mit seinem Herrn und Meister und seinen Mitaposteln auf einem Grunde des Heils steht, dennoch wieder seine eigenthümliche Stellung, seine eigenthümliche Mission, seinen eignen, ihm angehörenden Ideenkreis und in sofern allerdings audy seine Sprache, seine Vorstellungs- und Darstellungsweise, seine Philosophie und Theologie. Aber das Alles hat er auch als hätte er es nicht, hat er nicht als das Seine, sondern als das ihm Gegebene, als das ihm Anvertraute und Gewordene. Und so konnte er denn auch von seinen Gemeinden und von seiner Arbeit an ihnen mit einem Bewußtsein reden, das ihm keine Kritik verkümmern darf. Vielmehr wird es die Aufgabe der Geschichte sein, nachdem sie das auserlesene Rüstzeug des Apostels selbst kennen gelernt hat, nun auch über den Kreis seiner Thätigkeit sich eine genauere Ansicht zu verschaffen. Die paulinischen Gemeinden und das Verhältniß des Apostels zu ihnen wird demnach das Erste sein, womit wir uns in der nächsten Stunde zu beschäftigen haben.

Sechste Vorlesung.

Die paulinischen Gemeinden und die Briefe an sie. Der Brief an die Die katholischen Briefe.

Hebräer.

Apocalypse.

sche Männer.

-

Die sieben Gemeinden der Sagen über Verbreitung des Christenthums durch apostoliStatistische Nundschau über die christliche Kirche der drei Christenverfolgungen im römischen Neich unter Nero. Die Zerstörung Jerusalems.

ersten Jahrhunderte.

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Wir sind in der legten Stunde dem Apostel Paulus auf seinen Reisen gefolgt, ohne jedoch bei den Gemeinden selbst, die er gestiftet, zu verweilen, und das persönliche Verhältniß des Apostels zu ihnen genauer zu betrachten. Unsere Aufgabe kann nun freilich nicht sein, die Geschichte jeder dieser Gemeinden in's Einzelne zu verfolgen. Die Kirchengeschichte kann nur die Kirche Christi als Gesammtheit in's Auge fassen. Allein wir haben früher gezeigt, wie diese Kirche Christi nicht so plöhlich als Kirche in die Welt trat. Erst aus den einzelnen Gemeinden hat sich die Kirche gebildet. Und darum muß für uns das Gemeindeleben der ersten Christen doch wieder das sein, woran wir uns halten, weil sich aus ihm erst das Kirchenleben gebildet hat. Die Quellen, an die wir hier fast ausschließlich gewiesen sind, sind nicht sowohl die Apostelgeschichte, als vielmehr die Briefe, die der Apostel Paulus an diese Gemeinden oder auch an seine Schüler, die Vorsteher dieser Gemeinden waren, geschrieben hat. Auch diese Briefe können wir jezt nicht mit dem Auge des Schriftforschers betrachten. So manches von ihrem tiefen Lehrinhalt müssen wir bei Seite laffen und nur das aus ihnen herausheben, was auf das Gemeindeverhältniß Licht

wirft und die Physiognomie dieser Gemeinden uns erkennen läßt. Wir besigen bekanntlich 13 Briefe des Apostels in unserm Bibelbuche (Kanon), wenn wir nämlich den Brief an die Hebräer nicht mitzählen, der auch nicht unter seinem Namen erscheint. Diese 13 Briefe find uns aber doch nicht nach der Zeitfolge mitgetheilt, und es ist daher nothwendig, daß wir sie geschichtlich in ihre Zeit einreihen, wenn wir sie ganz verstehen wollen. So weit nun unsre Kunde reicht, sind sie nach folgender Ordnung entstanden: zuerst die beiden Briefe an die Thessalonicher von dem ersten Aufenthalt in Corinth aus geschrieben; sodann von Ephesus aus der Brief an die Galater und der erste Brief an die Corinther; demnächst von Macedonien aus der zweite Brief an die Corinther, und dann von einem spätern Aufenthalt in Corinth aus der Brief an die Christen zu Rom. Die übrigen Briefe, mit Ausnahme des ersten Briefs an den Timotheus und an Titus find alle, wie ihr Inhalt zeigt, aus der Gefangenschaft geschrieben; so der Brief an die Epheser, an die Philipper, an die Coloffer, an Philemon und der zweite Brief an den Timotheus. Ob die erstern aus einer frühern, der zweite Brief an den Timotheus aber aus einer spätern Gefangenschaft, das lassen wir hier dahingestellt, da es für unsern Zweck von keinem weitern Belang ist. Uns gilt es hauptsächlich, uns ein Bild zu verschaffen von dem Zustande jener Gemeinden und dem Verhältniß des Apostels zu ihnen. Und da werden wir finden, daß diese Zustände bei aller Einheit des Bekenntnisses sehr verschieden waren und daß auch der Ton der Briefe nach dieser Verschiedenheit sich richtet. So sehen wir aus den beiden Briefen an die Thessalonicher, daß in jener Gemeinde viele Gemüther beunruhigt waren wegen der zu erwartenden Zukunft des Herrn, und Paulus sah sich genöthigt, hierüber die nöthigen Belehrungen zu geben und die Gemeinde ebensowohl vor Vorwiß und Müffiggang, als vor Troftlosigkeit zu warnen. Aus dem Brief an die Galater sehen wir, wie es jüdischen Irrlehrern gelungen war, die noch junge und unbefestigte Gemeinde wieder unter das Joch der jüdischen Sagungen gefangen zu nehmen, und der Apostel wandte Alles auf, sie wieder zur rechten Freiheit in Christo zurückzuführen. Daß er dabei selbst des Petrus nicht schonte, der aus Menschenfürcht seine bessere Ueberzeugung unterdrückte, ist nyr ein

Beweis von seiner Freimüthigkeit und Unabhängigkeit; zugleich auch ein Beweis davon, daß die Apostel, auch nach Empfang des heil. Geistes am Pfingstfeste, nicht über alle Schwankungen des Glaubens erhaben waren. Aber von allen Gemeinden, an die wir Briefe der Apostel haben, erhalten wir von keiner ein so anschauliches und in Einzelheiten gegliedertes Bild, als von der Gemeinde zu Corinth. Da sehen wir, wie diese Gemeinde schon frühzeitig in Parteiungen zerfallen war, indem die eine sich an Paulus, die andere sich an Kephas (Petrus), wieder andere an Apollos anschlossen und eine vierte Partei sich zusammenthat, die sich die Christuspartei nannte. Und wie sehr hatte der Apostel zu kämpfen gegen diesen Parteigeist, indem er darauf hinwies, daß Christus nicht getheilt, und daß auch ihrer Keiner auf Paulus oder Apollos getauft sei. Wie demüthig redet er da von seiner Arbeit und voch wie entschieden von seiner Stellung zu den übrigen Lehrern. — Wir erfahren ferner, daß der sittliche Zustand der corinthischen Gemeinde keineswegs ein musterhafter war, wie man sich ihn wohl bei einer christlichen Gemeinde der Urzeit denken möchte. Wir hören von Ausschweifungen, „wie sie selbst bei den Heiden nicht vorkommen" (1. Cor. 5, 1), von ärgerlichen Prozessen, von Absonderung der Reichen bei den gemeinschaftlichen Liebesmahlen und von Entweihung des h. Mahles selbst. Dabei thun wir aber auch Blicke in die gottesdienstlichen Einrichtungen der Gemeinde, wir werden bekannt mit ihrer Art zu beten, zu weissagen; es treten uns merkwürdige Aeußerungen der Geistesgaben entgegen in dem 1. g. Zungenreden, das einen gehobenen Seelenzustand vorausseßte, von dem wir uns faum einen richtigen Begriff machen können, und in der Weissagung, die mehr aus einer verständigen Schriftauslegung zu bestehen schien, wie sie auch noch unsere Kirche bedarf. Ueberall sehen wir da den Apostel belehrend, zurechtleitend eingreifen. Wir begegnen schon den Anfängen einer christlichen Kirchenzucht und einer Verbindung der Gemeinden unter= einander durch Reisen, durch Sendbriefe, durch Betreibung von Liebessteuern. Und auch von den persönlichen Schicksalen des Apostels, von den Gefahren, die er um des Evangeliums willen ausgestanden, bietet der zweite Vrief an die Corinther uns manche Ergänzung zu dem, was die Apostelgeschichte erzählt. Wir erfahren da, wie

er unter anderm mit den Thieren gekämpft, wie er auf dem Meere Echiffbruch gelitten u. a. m. Wie in der Gemeinde von Thessa= lonich, so waren auch in der von Corinth Streitigkeiten, Zweifel und Zerwürfnisse entstanden, über die leßten Dinge, namentlich über die Auferstehung der Todten. Da entwickelt denn Paulus in großartigen Zügen seine Ansichten hierüber, die er nicht nur als persönliche Ansichten, sondern als Offenbarung mittheilt. Wie geistig und erhaben behandelt er seinen Gegenstand! wie großartig erscheint der Zusammenhang zwischen Christus dem Auferstandenen und der Gemeinde, von der er das Haupt und der Erstling ist; wie ferne von allem krassen Materialismus feine Ideen über den einstigen Auferstehungsleib! Den innersten Kern seiner Theologie aber, die Lehre von der Rechtfertigung, sehen wir ihn entwickeln in seinem Vrief an die römischen Christen. Er hatte diesen Brief, wie schon bemerkt, von Corinth aus geschrieben, noch ehe er persönlich mit der Gemeinde zu Rom bekannt war.

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Wie sich diese Gemeinde in Rom gebildet? läßt sich nicht in Namen und Zahlen angeben. Es ist schon früher erwähnt worden, daß die Sage den Apostel Vetrus dahin kommen läßt, und wenn wir auch diese Sage nicht als grundlos verwerfen, so sind wir doch keineswegs berechtigt, Petrus ohne weiters als den Stifter der Gemeinde von Romi zu bezeichnen. Wir wissen aber, daß seit Pompejus Juven in Rom wohnten; auch auf dem ersten christlichen Pfingstfeste waren Juden und Judengenossen aus Rom gegenwärtig und konnten die ersten christlichen Eindrücke mit nach Hause ge= nommen haben. Auch der Bewegung unter Claudius und der Vertreibung der Juden aus Rom haben wir erwähnt. Aquila und Priscilla gehörten zu jenen Vertriebenen, kehrten aber bald, und zwar als Christen, wieder dahin zurück. Wir haben uns diese erste christliche Gemeinde in Rom nicht als sehr bedeutend zu denken in weltlichem Sinne (Vornehme und Reiche gehörten nicht zu ihr); doch mußte sie in den Augen des Apostels bedeutend genug sein, um ihn zur Abfassung eines so inhaltreichen Briefes an sie zu bewegen. Sie scheint aus Juden- und Heidenchristen bestanden zu haben; denn Paulus nimmt in seinem Brief auf beide Rücksicht, indem er zeigt, wie weder Juden noch Heiden einen rechtmäßigen Anspruch haben auf die Gnade Gottes, sondern wie Gott

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