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uns am Fest der Kyria erst neulich gar lebhaft vorgestellt haben) vor eine ganze Gemeine, als ob sie ein mensch, eine person vor Ihm wäre, hinkniet, und ihnen allen zusammen, in einem Leibe die füße wäschet: So soll Er, wie wir gläuben und bitten, von Seinem Leichnam, darauf die pflüger geakkert und furchen gezogen haben, (zu seinem eigenen trofte, zu seiner eigenen freude, die Er an der schönheit seiner Braut sehen wird) Blutströpflein herunter fliessen und solche durch seine von Lodsschweiß triefende Finger gehen lassen, um seinen Leib von allen auklebungen, von den geringsten beflekkungen des leibes und des gemüths, zu reinigen, damit er Ihm in allen stükken gefallen kann.

Warum sollte Er uns aber mit seinen Haaren troknen?

Die redensart ist hergenommen von dem, was wir in der Litaney zu der Kirche sagen: Gesalbte Lokken deines haars, sind die Liturgi des Altars, sie liegen vor dem Josua, Ihm den schweiß abzutroknen, da. Und das ist hergenommen von der Sünderin, die den Heiland mit den haaren ihres hauptes getroknet hat, da sie Ihm die Füsse gewaschen hatte, aus liebe und zärtlichkeit. f. Luc. 7, 37. 38.

Er thut uns alle die dienste wieder, die wir Ihm thun oder doch gerne thun wollen. Aber wir thun sie alle nur zu bezeigung unserer herzlichkeit, unserer zarten liebe, so wie etwa die kinder spänchen zum bau tragen: Er thut sie uns aber, kraft Seines Verdiensts cum effectu, wenn Er sie uns thut, wenn Er uns sein verdienst applicirt, wenn Fr unter uns herum geht, wie ein Diener, wenn Er Abendmahl mit uns hält, wie Er versprochen hat. Er gibt uns von seinem Fleische zu essen, und von seinem Blute zu trinken, und vorher wäscht Er uns, als ein treuer, freundlicher wirth, unsere bestäubte füsse.

Was kan Er nun besser zum abtroknen nehmen, als das Haar seines Hauptes, das auch für uns voll schweiß und voller blut ist? Es ist nicht gewöhnlich, es ist auch nicht das allerangenehmste, daß man die füsse mit etwas feuchtem abtroknet.

Ich habe das auch gewußt, da ich die Redens - art, zerschwigte Haare, hier gebraucht habe: ich habe aber meine ursache zu dem ausdruck gehabt, und habe damit anzeigen wollen, daß, wenn der Heiland unsere füsse troknet, Er sie nie so troknen solle, daß nicht noch eine feuchtigkeit von seinem blutigen schweisse zurück bleibe. Denn es ist ein segen für unsere füsse, es ist eine gnade für uns, wenn uns die wäsche des heiligen Bades durch die zurückgebliebenen schweiß- tröpflein, immer erneuert wird, wenn wir in einer beständigen anfeuchtung von seinen Buß thränen und Todesschweiß-tropfen einhergehen. Wie vom Kirchenauge gesungen wird, Es wird nie träuge,,, man rede dieses oder das, ,,so machts das arme äuglein naß, wenns Lamm und Blut bedeut't, ,,nun mischt sich Lamm und Blut in all's, und überm denkmaal unsers falls sets auch noch zährlein, drum macht das theuere Hohe-lied, das ,,auf die Braut des Lammes sieht, vom Kirchenauge den vergleich auf ,,einen wasserreichen teich;" So wünsche ich, daß unsere füsse, und unser ganzer äusserlicher mensch unser sterbendes gebeine,,,das sündige hütt,,lein voll Liebe und Schmerz, voll liebe zum Freund, voll schmerzen und

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„schaam, dieweil er uns nahm," niemals möge austroknen von seinem Brodem; und lieber unser ganzer geistlicher mensch selber den namen eines schweiß tropfs JEsu behaupten mag, bis ins grab.

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Das ist der stun, wenn wir uns die füsse getroknet wünschen mit den zerschwizten haaren des GOttes - Lämmleins, des Marter-mannes, der an leib und seele gelitten, und dabey alle unsere sünde ausgeschwizet hat, bis auf den lezten gift- tropfen. Er hat der fünde alle kraft und macht über uns, und alle nothwendige connexion mit unserm herzen, und alles Recht an unsern leib und seel genommen, darum daß Er sie ausgeschwizt, oder mit seinen buß-thränen ersäufft hat.

Wenn sich endlich nur die kraft der wahrheit, und das wesen der sache am Herzen eines menschen annoch beweist; so wollen wir's ihm gerne gönnen, daß er sich die allerabstracteste idee davon macht, die in seinem philosophischen kopfe nur möglich ist, und wir wollen ihm gerne die vorstellungen schenken, die wir davon haben: aber er muß uns wieder die empfindung von dem gönnen, was wahrhaftig da ist, das gefühl der gegenwart des Mannes, der für uns Bluts-tröpflein geschwist hai, und der von dem ewig geltenden und immer fortfließenden Versöhnungs-blute (welches eigentlich der born ist gegen alle ungerechtigkeit, und der Heils-quell in uns, der bis ins ewige Leben fort quillet, und nicht wasser allein, sondern Wasser und Blut fourniren muß) so oft als wir es bedürfen, zu unserer Fuß-wäsche anwendet, soviel dazu vonnöthen.

Denn seine Leidensperson, seine Greuz gestalt wird uns nimmer alt, und verschwindet uns nimmer; von den vollgültigen, verdienstlichen thränen soll sich unser herz und auge nimmermehr entwöhnen: sondern es soll uns immer seyn, wie Auguftinus sagt, als wenn Er den Augenblick vor uns kämpfte, schwißte, gecreuzigt würde und stürbe; und als wenn Er seiner Kirche alle augenblick seinen erblaßten und mit Wunden-narben gezeichneten Leichnam präsentirte.

IV. Johann Jacob Breitinger.

(1701 1776.)

Aus der Critischen Dichtkunst.“ *)

Von der Nachahmung der Natur.

Die beyden Künste, des Mahlers und des Poeten, bestehen angeregter Massen in einer geschickten Nachahmung der Natur. Die Natur

Johann Jacob Breitingers Critische Dichtkunst Worinnen die Poetische Mahlerey in Absicht auf die Erfindung Im Grunde untersuchet und mit Beyspielen aus den berühmtesten Alten und Neuern erläutert wird. Mit einer Vorrede eingeführet von Johann Jacob Bodemer. Zürich, C. Orell. 1740. 8.

ist die weise Lehrmeisterin, bey welcher diese Künstler in die Schule gehen; sie leget ihnen eine unzählbare Menge der vortrefflichsten Urbilder zur Bewunderung und Nachahmung vor, woran sie das Vermögen ihrer Kunst versuchen, und auf die Probe sezen können. Wie nun der Mahler zur Materie der Nachahmung alles dasjenige nehmen kan, was dem sinnlichen Werckzeuge des Gesichtes durch Licht und Farben kan begreifflich und vorstellig gemachet werden; also stehet es in dem Vermögen der poetischen Mahler-Kunst, alles, was mit Worten und Figu ren der Rede auf eine sinnliche, fühlbare und nachdrückliche Weise kan nachgeahmet und der Phantasie, als dem Auge der Seele, eingepräget werden, nach dem Leben und der Natur abzuschildern. Hierinn übertrifft die Poesie alle anderen Künste, da ihr die ganze Natur in ihrem weiten Umkreise zum Muster der Nachahmung dienen muß. Alles was der menschliche Verstand von den Würckungen und Kräften der Natur in seinen Registern aufgezeichnet hat, kan der Poet durch sinnliche Bilder auszieren, und der Phantasie, als in einem sichtbaren Gemählde, vorlegen; so daß sich das Gebiethe der Poesie fast eben so weit erstrecket, als die menschliche Erkenntniß, welche unter dem Namen der Weltweißheit alles begreifft, was durch menschlichen Fleiß und Nachforschen von möglichen und würcklichen Dingen kan erkennet werden. Nur müssen wir einige allgemeine und abgezogene Wahrheiten und Begriffe, die alleine dem reinen und von den Sinnen ganz abgekehrten Verstand vernehmlich sind, von der Nachahmung der Poesie ausschließen; von welcher Art in der Vernunft - Lehre, in der Meß - Kunst, in der Lehre von dem Wesen der Dinge, in der Rechen - Kunst, sehr viele enthalten sind, die man wohl durch Worte, Zahlen und Linien dem Verstande zu begreiffen geben, aber darum nicht abschildern, oder in Farben und Bilder einkleiden, und für die Phantasie sichtbar machen kan.

Die Natur, oder vielmehr der Schöpfer, der in derselben und durch dieselbe würcket, hat unter allen möglichen Welt - Gebäuden das gegenwärtige erwehlet, daß er es in den Stand der Würcklichkeit überbrächte; weil er es nach seiner unbetrüglichen Einsicht vor das beste unter allen, und vor dasjenige befand, das vor seine Absichten am bequemsten war. Dasselbe kan nun füglich in die sichtbare und die unsichtbare Welt unterschieden werden. Jene, die sichtbare und materialische Welt, begreiffet in sich alle Cörper, die Elemente, die Sternen, den Menschen in Ansehung seiner äusserlichen Würckungen, die Thiere, die Pflanzen, die Edelsteine, und so fort, ferner alles, was die Kunst auf so verschiedene Weise nachahmet, und zum Schuß, zur Zierde und Bequemlichkeit des menschlichen Lebens erfindet; mit einem Worte alles, was der Prüffung der Sinnen unterworffen ist. Diese, die unsichtbare Welt faffet in ihrem Inbegriffe Gott, die Engel, die Seelen der Menschen; ihre Gedancken, Meinungen, Zuneigungen, Handlungen; Tugenden, Kräfte. Alle diese Sachen haben, weil sie würcklich sind, eine eigentliche und festgesezte Wahrheit, die in dem Zeugniß der Sinnen, das damit übereinstimmet, dem Zeugniß des Gewissens, und der göttlichen Offenbarung gegründet ist. Wenn nun der Poet die Originale, welche ihm die große Künstlerin,

die Natur, auf dem unendlich geraumen Schauplah dieser würcklichen. Welt darstellet, entweder absonderlich oder in ihrem natürlichen Zusammenhang nachschildert, so handelt er bloß als ein guter Abdrücker, und unterscheidet sich von dem Historico alleine durch den Zweck und die Kunst seiner Gemählde. Was insbesondere die unsichtbare Welt der Geister ansiehet, so hat dieselbe zwar eben so viel Wahrheit und Würcklichkeit als die sichtbare, zumahl da sie den Grund und die Quelle aller Würcklichkeit in sich hat; alleine weil sie vor den groben Sinnen gang verschlossen ist, so hat sie vor die Einbildung nicht mehrere Wahrheit als die möglichen Dinge, und der Poet muß diese unsichtbaren Wesen in sichtbare Cörper, hiemit in eine ganz fremde Natur einkleiden, woferne er sie der Phantasie vernehmlich und fühlbar vorstellen will, in welchem Stücke seine Kunst sich ungemein geschickter und ver= wundersamer erweiset, als in der Nachahmung der sichtbaren Wercke.

Alleine da dieser Zusammenhang der würcklichen Dinge, den wir die gegenwärtige Welt nennen, nicht lediglich nothwendig ist, und unendlich vielemahl könnte verändert werden, so müssen ausser derselben noch unzehlbar viele Welten möglich seyn, in welchen ein anderer Zusammenhang und Verknüpfung der Dinge, andere Geseze der Natur und Bewegung, mehr oder weniger Vollkommenheit in absonderlichen Stücken, ja gar Geschöpfe und Wesen, von einer ganz neuen und besonderen Art Plaz haben. Alle diese mögliche Welten, ob sie gleich nicht würcklich und nicht sichtbar sind, haben dennoch eine eigentliche Wahrheit, die in ihrer Möglichkeit, so von allem Widerspruch fret ist, und in der allesvermögenden Kraft des Schöpfers der Natur gegründet ist. Nun stehen auch dieselben dem poetischen Mahler zum Gebrauche bereit und offen, uud leihen ihm die Muster und die Materie zu seiner Nachahmung; und da er die Natur nicht alleine in dem Würcklichen, sondern auch in dem Möglichen nachzuahmen fähig ist, so erstrecket sich das Vermögen seiner Kunst eben so weit, als die Kräfte der Natur selbst; folglich muß der Poet sich nicht alleine die Wercke der Natur, die durch die Kraft der Schöpfung ihre Würcklichkeit erlanget haben, bekannt machen, sondern auch, was in ihren Kräften annoch verborgen lieget, fleissig studieren, um so viel mehr, da dieses leztere, nemlich die Nachahmung der Natur in dem Möglichen, das eigene und Haupt- Werck der Poesie ist. Denn ich darf vor gewiß sezen, daß die Dichtkunst, insoferne sie von der Historie unterschieden ist, ihre Originale und die Materie ihrer Nachahmung nicht so fast aus der gegenwärtigen, als vielmehr aus der Welt der möglichen Dinge entlehnen müsse. Es ist das Amt der natürlichen, politischen, und moralischen Historie, die sichtbaren Gegenstände und Phänomena, den Lauf der Begebenheiten, und die Sitten und Handlungen der Menschen, wie sie würcklich sind, nach ihrer Natur und Wahrheit zu erzehlen und zu beschreiben. Ihre Absicht ist demnach diejenige Wahrheit, die in der Würcklichkeit der Dinge, und dem Zeugnisse der Sinnen gegründet ist; darum ist auch ihre ganze Bemühung in den Kreiß der gegenwärtigen Welt der würcklichen Dinge eingeschlossen. Dagegen hat der Poet zur Absicht, durch wohlerfundene

und lehrreiche Schildereyen die Phantasie des Lesers angenehm einzu nehmen, und sich seines Gemüthes zu bemächtigen; Diese Absicht zu erreichen wird eben nicht erfordert, daß seine poetischen Erzehlungen würckliche und historische Wahrheiten seyen; sondern es ist schon genug, wenn sie nur nicht unmöglich und unwahrscheinlich sind. Der Poet sucht nicht den Glauben eines Zeugen zu erhalten, aber er vermeidet den Vorwurff eines Lügners; wenn er daher auch solche Personen in seinen Gedichten aufführet, die nach dem Zeugniß der Historie würcklich vorhanden gewesen sind, versezet er dieselben in ganz neue Umstände, und läßt sie dann reden, thun und handeln, wie sie nach ihrer Natur und Beschaffenheit wahrscheinlicher Weise reden und handeln könnten und würden.

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Es wird mir dahero etwas gar leichtes sevn, die Nohtwendigkeit der elenden Scribenten, meinem Versprechen gemäß, eben so gründlich, als ihre Vortrefflichkeit, zu behaupten. Ich will es mit wenigem thun, und frage unsere Feinde: Ob die Buchhandlung und Druckerey nicht ehrliche, und dem gemeinen Wesen nüzliche Handthierungen sind? Sie können nicht anders als Ja antworten. Sie müssen also auch gestehen, daß diejenigen, welche eine so nüzliche Profession treiben, Leute sind, die verdienen, daß man ihnen alles Gutes gönne, und ihre Nahrung befördere. Ich möchte aber gerne wissen, was die armen Buchführer und Buchdrucker wohl anfangen wollten, wenn keine elende Scribenten in der Welt wären? Wir sind diejenigen, die ihnen am meisten zu verdienen geben: von uns leben sie, und müßten also betteln gehen, wenn wir aufhören sollten zu schreiben. Von den Werken der guten Scribenten würden sie das liebe Brodt nicht haben. Ich will sezen, es sind in Deutschland nur 6000 Personen, die von der Druckerey und Buchhandlung leben. Nun nehme man die Verzeich nisse der neuen Bücher, die alle Messe herauskommen, nur von 10 Jahren her, und mache den Ueberschlag, wie viel gute darunter sind. Ich habe es gethan, und, nach einer genauen Ausrechnung, gefunden, daß, ein Jahr ins andere gerechnet, ohngefehr drev gute Bücher des Jahrs zum Vorschein kommen. Was ist das aber unter so viele? Und würde also nicht eine grosse Menge ehrlicher Leute Hungers sterben müssen, wenn

*) Sammlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt und Leipzig. 1739. 8. Der Aufsatz, aus dem wir dieses Bruchstück mitge theilt haben, führt den Titel: Die Vortrefflichkeit und Nohtwendigkeit der elenden Scribenten gründlich erwiesen von ***. 1736."

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