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2. A u s

Woldema r. “*)

a.

(Fünfter Band. S. 258.)

Den 20. Mai.

Wir hatten am Abend dieses etwas schwülen Lages am Wasserfall gesessen, und den schönsten Sonnenuntergang betrachtet. Nun zogen wir, durch leuchtende Schatten, am Ufer des Flusses her, und blieben stehen an der Wendung, wo das Auge einen Theil seiner Krümmung überschaut. Ein bezaubernder Anblick: wie die schlanken flammenden Pappeln sich in ihm spiegelten. Es schien, als hätten sie zur Luft sich untergetaucht, und es durchführe sie das füße Schrecken der angenehmsten Empfindung. Wunderbar ergriff einen das Gerege umher in allen Blättern. Uns wurde, als schwebten wir im Hauch der Lüfte, die zwi= schen den Aesten lispelten, und über den kleinen Fluß glitten, und mit der ganzen Natur sich ergeßten. Da kamen die Sterne hernieder. Der blaue Himmel schwamm zu unsern Füßen. Es hatte der Unermeßliche sich in niedres Gebüsch zu uns gelagert.

Wasser der Himmel - in Wassern der Erde!

Leben

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in Leben hinübergestralt!

Kraft mit Kraft sich

begattend!...

Hohe Ahndungen ergriffen meinen Geist. Meine Seele wähnte, dem Unbegreiflichen sich zu nähern. Sie, die einst nicht Einer Vorstelstellung sich bewußt war, nun so voll Empfindung und Gedanke! Eige= nes, gefühltes Dafeyn aus dem Nichts! Schöpfung!"

Dergleichen Auffäße flossen häufig aus Woldemars Feder, und waren nicht bestimmt, von jemand außer ihm gesehen zu werden. Er nannte sie die Schatten seiner abgeschiedenen Stunden, in dem nähmlichen Sinne, wie man auch die Seelen pflegt Schatten zu nennen.

b.

Woldemar an Biderthal.

(Fünfter Band S. 265.)

Pappelwiesen, den 23. August.

Seit gestern bin ich hier ganz allein. Die beiden Lanten mit Allwina und Henriette sind nach Schellenbrug, kommen aber diesen Abend zurück. Es war mir gar nicht zuwider, auf diese kurze Zeit in Einsamkeit versezt zu werden; ich habe köstliche Stunden zuge= bracht. Noch war ich nicht einmal zu einem solchen alleinigen, ganz stillen Anschauen meiner Glückseeligkeit gekommen; hatte mich eben auch nicht darnach gesehnt; aber mir geschah unaussprechlich wohl, da ich nun von ungefähr dazu gelangte. Könnte ich dir einigermaßen nur bedeuten, wie mir war, und wie mir ist!

Sobald meine Reisenden weg waren, Morgens um neun Uhr, lagerte ich mich, nicht weit unter der Krümmung des Bachs, in die wilde Laube unter den hohen Nußbäumen. Der Eine Nußbaum diente

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*),, Friedr. H. Jacobi's Werke. (Herausgegeben von Roth.) Leipzig. Fleischer. 6 Theile. 1812-1824, 8.

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mir, wie gewöhnlich, zur Lehne. Draußen ging ein starker Wind. Man hörte sein Anfallen an das dichte Gebüsch, wie er die Aeste bog und die Blätter drängte, dann im Laube verwehte, drinnen zum sanftesten Lüftchen wurde — und zwischen den jungen Eschen, Morellen, Pappelweiden, Quitten und Haseln in vieltönigem Gelispel sich verlor; dann wieder majestätisch rauschte, höher und hinauf von Krone zu Krone, in den Zweigen der Nußbäume, und beinah Sturm war in ihren Gipfeln. In den mannichfaltigen Millionen Blätter, welch unendliches Spiel! Welch ein Wallen und Wühlen der Aeste! Unter und über das luftige Laub - Meer! Ergriffen von seinen Wogen schwamm mein Auge hinweg in die schöne Fluth, und ließ sich von ihr verschlingen. Leise rieselte unterdessen der liebe Bach an meiner Seite; gaukelte kleine Wellen daher, Wirbel und Schlunde; - und die Fische hatten ihren Scherz, mit Springen, Schnalzen und Klatschen. Der mächtige Stamm, an den ich gestüzt war, schwankte, fast unmerklich hin und her bald stärker bald schwächer; wiegte meinen Rücken und bewegte sanft schauerlich mein Haupt. Nie war meine Seele so in allen meinen Sinnen! Lauter Genuß mein ganzes Wesen! Ewigkeit mein fliehendes Daseyn !

--

XL". Johann Joachim Eschenburg.

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(1743-1820.)

Aus dem Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Redekünste." **)

1. Ueber Geschmack und Genie.

(Einleitung. S. 23.)

Geschmack und Genie sind zwar darin wesentlich von einander verschieden, daß jener ein empfindendes und beurtheilendes, dieses hingegen ein thätiges und hervorbringendes oder schaffendes Vermögen ist; beide müssen indeß in Verbindung mit einander zur Vollendung eines Kunstwerks beitragen. Durch den Geschmack wird die Einbildungskraft zweckmäßig gelenkt und gerichtet, das Erfindungsvermögen auf die Wahl des Schönen geleitet, vor wilder Ausschweifung und Uebertrei bung gesichert, und innerhalb der Gränzen der Natur, der Wahrheit und der Schicklichkeit gehalten. Auch ist es der Geschmack, der das Kunstgenie nicht selten zur Thätigkeit veranlaßt und ermuntert, und den Künstler durch sein empfundene Wahrnehmungen an Gegenständen jeder Art zur Aeußerung seiner Fähigkeiten und zu neuen Erfindungen auffodert.

*) Berlin und Stettin. Fr. Nicolai. 1817.

2. Ueber die Wirkungsfähigkeit der schönen Künste.

(S. 24.)

Die gesammte Energie oder Wirkungsfähigkeit der schönen Künste läßt sich auf drei vorzügliche Quellen zurückführen, auf das Schöne, das Vollkommene und das Gute; und aus diesen Quellen entspringt eine dreifache ästhetische Kraft. Die erste besteht darin, daß die Kunstwerke sinnliches Wohlgefallen, Rührung und Ergözung bewirken; die zweite, daß sie dem Geiste Nahrung und Stof zum Denken geben; und die dritte, daß sie auf Herz und Willen wirź ken, und, gehörig angewandt, vermittelst der lebhaften Eindrücke auf die Sinnlichkeit und die klare Einsicht des Verstandes, Zuneigung für das Edle und Gute, und Abneigung vom Unedlen und Unsittlichen mit vorzüglicher Stärke hervorbringen.

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3. Ueber das Schön e.

(S. 25.)

Das erste und allgemeinste Wirkungsmittel der Kunstdarstellung, zur Erregung sinnlichen Wohlgefallens, ist das Schöne. In objektiver Hinsicht, sezt man gemeiniglich das Wesen des Schönen in eine sinnlich und anschaulich durch Einheit des Mannichfaltigen dargestellte Vollkommenheit - - obgleich diese Begriffe nicht durchaus zutreffend und erschöpfend sind; und subjektiv, oder in Hinsicht auf die Empfindung des Schönen, charakterisirt es sich dadurch, daß schon die bloße Vorstellung der Form des Gegenstandes mit unmittelbarem Wohlgefallen verknüpft ist, und das Schöne bloß in der Beurtheilung gefällt, ohne Hinsicht auf Zweck oder Interesse. In jeder schönen Form muß sich Mehrheit und Mehrartigkeit der Theile in voller Einheit und Zusam menstimmung zu einem wohlgefälligen Eindrucke finden. Die wirkliche, körperliche und empfindbare Schönheit läßt sich von der idealischen, geiftigen und intellektuellen unterscheiden; so wie die freie und für sich bestehende von der anhangenden oder bedingten, bei welcher zugleich auf Zweckmäßigkeit gesehen wird.

XLI. Johann Gottwerth Müller.

(1744-1828.)

Erziehungsgeschichte des Junkers Siegfried von Lindenberg. *) (Erster Theil. S. 49.)

Der Edelmann, so wie er dermalen leibte und lebte, hätte ganz aus der Reihe der Dinge weggenommen werden können, ohne daß außer seinem Gute irgend eine lebendige Seele dabeh zu kurz gekommen Doch nehm ich, nach reiflicher Ueberlegung, diejenigen Seelen aus, die wenn sie über andrer Leute Thorheiten lachen, zugleich in ihren

wäre.

* Siegfried von Lindenberg. Leipzig. Junius. Sechste rechtmäßige Ausgabe. Vier Theile. 1802. 8.

eignen Busen zu greifen pflegen. Von der Natur aber war er so wenig bestimmt, das Spiel eines närrischen Schulmeisters und feiner eignen Grillen zu werden, als mich vielleicht die Natur zum Geschichtschreiber seiner Thorheiten bestimmt haben mag. In seinem Charakter war so viel Güte, so viel Thätigkeit, so viel Größe, daß er, wenn der rohe Klumpen gehörig wäre geformet, und die leeren Fächer des Gehirns gebührend angefüllet worden, vermögend gewesen wäre, aus dem Kabinete Länder zu beglücken, in dem Felde eine Stüße seines Monarchen zu seyn, und aus der Studierstube die Welt aufzuklären. So aber war seine herrliche Anlage versäumt oder verderbt, jenes von seinem Vater, dieses von der gnädigen Frau Mama, beides von dem Lehrer feiner Jugend. Seine Güte war in Schwachheit, seine Thätigkeit in Alfanzerey, seine Größe in Abentheuerlichkeit, und in jenen närrischen Stolz ausgeartet, der Kaisern, Königen, Herzogen und Fürsten nichts vorauslassen wollte.

Sein Vater, Gott hab' ihn selig! war bey Leibes Leben ein wackrer Husarenoberstlieutenant gewesen, rauh wie sein Schnauzbart, und brav wie sein Säbel, der sein Metier aus dem Grunde verstand, sich viel Erfahrung und Menschenkenntniß gesammelt hatte, und beym Könige sehr in Gnaden stand. In den Wissenschaften aber hatte dieser Held es niemals weiter gebracht, als bis zur Fertigkeit, eine Ordre entziffern, und seinen Namen so unterzeichnen zu können, daher er auch bey andern Leuten nichts auf Schulfüchseren hielt. Am allerwenigsten war er Willens, den Kopf seines einzigen Erben mit solcherley Unrath ausstafiren zu lassen. Der Säbel war ihm alles, und diesen Sinn trachtete der alte muthige und ehrenvolle Krieger auch einzig und allein in der Seele seines Sohnes zu nähern. Er freute sich zum Voraus darauf, ihn, wenns einmal wieder vor den Feind gehen würde, an seiner Seite fechten zu sehen; und daher kams, daß unser Edelmann von Vaters wegen nichts weiter gelernet hatte, als Reiten, Fechten, das Gewehr präsentiren, vor nichts in der Welt erschrecken, und mit lateinischen Buchstaben seinen edlen Namen unleserlich genug zu krazen. Der hochfelige König hatte als Gevatter dem Kindlein eine Kornetstelle eingebunden, folglich war er Soldat, und folglich hatte er nach des Oberstlieutenants Meynung an jezt gedachten Geschicklichkeiten Gott und genug.

Seine gnädige Frau Mama ließ sich, wie manche Mutter, eine reichliche Portion Affenliebe gegen ihr Söhnchen zu Schulden kommen. Sie, eine Dame von uraltem Adel, und voll von jedem Vorurtheile, das irgend diesem Stande anhangen kann, wollte nicht, daß ihr Kind durch vieles Lernen an Kopf und Nerven geschwächt werden sollte. Alle irdische menschliche Weisheit hielt sie für eitel Land, und war vest überzeugt, Wit und Verstand müsse einem Edelmanne von selbst zufallen. Nicht eben, als hätte sie zuerst nach dem Reiche Gottes getrachtet; das war nicht ihr Fall, (denn sie wußte vom Reiche Gottes nicht viel mehr, als wenn gar keins gewesen wäre, und was sie davon zu wissen glaubte, war klare Heterodorie; so behauptete sie z. E. es sey unmöglich, daß Edelmann und Bauer auf einerley Fuß Erben des Göttlichen Reichs

werden könnten, und andre Kezereyen mehr) sondern, weil sie es wirklich für bürgerlich, das heißt in ihrer Sprache für pöbelhaft hielt, sich mit Büchern und Wissenschaften zu beschäfftigen, gab sie sich alle Mühe, ihrem Sohne eine tiefe Geringschäzung gegen solche Narrentheidungen beyzubringen. Dagegen predigte sie ihm täglich und stündlich die hohe Lehre von seinem alten Adel, und schärfte ihm tüchtig ein, daß er nach seines Vaters Tode, die Einkünfte seines freyen Gutes ungerechnet, jähr= lich weit über die dreißigtausend Thaler reiner Zinsen zu verzehren haben, und mit der Zeit noch viel höher kommen würde.

Der Hofmeister des edlen jungen Herrn war ein sklavischer Kerl, ein niedriger Speichellecker, der mit dem Herrn Oberstlieutenant Danziger trinken, und der gnädigen Frau die Hand küssen konnte, und bey diesem erhabenem Paare ganz ungemein in Gnaden stand. Groß war der Hofmeister und schön gebauet, breit von Schultern und stattlich von Waden. Die Moral hatte er bey einem Gellert, und das Jus Naturä bey einem Darjes gehöret, auch wußt er was Recht war so gut als Jesus Sirach; er hatte aber weder das Herz es zn sagen, noch die Entschlossenheit es zu üben, vor allen Dingen, wenn er den Grundsäßen der gnädigen Frau Oberstlieutenantinn, oder ihres narbigten Herrn Gemals hätte zu nahe treten müssen, denn er befand sich_treff= lich im Schlosse, und liebte faule Tage über alles. Die hatte er denn hier recht nach Herzenswunsche. Aber fechten konnt er tro Kahn, das muß ich sagen, und zu Pferde saß Euch der Bursch als eine Puppe, auch das muß wahr seyn; voltigiren konnt er wie ein Heupferd, das soll ihm selbst der Teufel nicht absprechen; und saht Ihr ihn tanzen, so stahl er Euch vollends das Herz aus dem Leibe. Auch, wenn der alte Herr Luft hatte Passe-dix, ooer die gnädige Frau Piket zu spie len, war niemand bereiter als er, dem Herrn und der Dame ihr Geld abzugewinnen.

Aller wesentliche Nußen, den unser Edelmann aus seiner Erziehung zog, bestand darin, daß die heftigen Leibesübungen mit dem Karabiner, mit dem Rapier, und auf der Reitbahn, seine Muskeln stärkten, seinen Körper dauerhaft machten, seine Natur abhärteten, und jenen edlen Anstand, den schon der Adel seiner Seele ihm gab, erhöhe= ten; und daß er, weil Mama und der Mentor ihn methodisch und zu gesezten Stunden in mancherley Spielen unterwiesen, durch diesen Zwang den heftigsten Widerwillen gegen alle Arten des Spiels faßte.

Vierzehn Jahr war unser Junker alt, wie sein Herr Vater das Zeitliche gesegnet. Seine gnädige Mama fand jezt in ihrem überreifen Alter den Soldatenstand beh weitem nicht mehr so reizend, als in jenen goldnen Tagen der leichten Jugend, da der gold besezte Doliman, die funkelnden Quasten und Schleifen des Pelzes, die reichen Franzen auf den knapp anschließenden Scharavari, die Grazie einer Falte in denselben, und der hohe winkende Federbusch auf dem Haupte des damaligen Herrn Rittmeisters von Lindenberg, jezt ihres wohlseligen Gemals, ihr siebzehnjähriges Herz in lichterlohe Flammen seßten. Sie bat um den Abschied ihres Sohns, schüßte eine schwächliche Leibesbeschaffenheit

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