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Es ergiebt sich daraus von selbsten der Schluß, daß solchemnach eine jede Haupt- Classe und Gattung der Menschen wiederum ihr eige nes Publicum ausmache, und diese wollen wir näher beleuchten.

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Das Publicum der Souverains und Regenten ist eigentlich die Nachwelt, welche ihre Thaten und Handlungen mit einem richtenden Auge betrachtet. Diesen inappellablen Richter Stul haben die Regenten selbst anerkannt, und die Erempel könnten mit tausenden angeführet werden, da sie sich selbst darauf berufen, ihre Handlungen dergeftalt eingerichtet zu haben, oder einrichten zu wollen, wie sie solche vor GOtt und der Nachwelt zu verantworten sich getrauen.

Das ist ein gefährliches Publicum vor einen Herrn, der nur groß ware, so lang er lebte.

Ihm drohen in der Nachwelt Feinde,

Die sehen seine Grösse klein.

Gleichwie aber die Erforschungen der Nachwelt eigentlich auf die jenige Handlungen gerichtet seynd, welche man entweder ganz zu verbergen, oder unter dem Deckmantel des Rechts und der Wahrheit der Welt vorzulegen beslissen gewesen, so ist hinwiederum eine von den Souverain's selbst anerkannte Pflicht, auch bey ihren Lebzeyten von grossen Begebenheiten und Unternehmungen eine Art der Rechenschaft vor der gegenwärtig Welt abzulegen, welches der Grund der häufigen Manifeste ist, womit die Kriege unter den Groffen der Welt angekündet, begleitet und gerechtfertiget werden.

Auch ausser dieser feyerlichen Gelegenheit lassen sowohl grosse Herren als andere vielfältig ihre Ansprüche und wahre oder vermeintliche Rechte, Streit - Schriften u. durch den Druck gemein machen, mit der demüthigen Aufschrift: Dem unpartheyischen Publico zur Prüfung vorgelegt u. f. w. Das unpartheyische Publicum aber seynd in diesem Fall nur die Leute, welche ein so gut Gemüth haben, alles das zu glauben, was hier gesagt und behauptet wird. Das Publicum ist hier ein Ja-Herr, dergleichen Patrioten man hie und da in Collegiis findet; wer aber den mindesten Zweifel hat, oder gar Einwürfe zu machen sich beygehen läßt, der gehöret ein- vor allemal nicht mehr zum unparthevischen Publico.

Gleichwohl ist es in der That selbst an dem, daß, wann auch die Götter der Erden uns Kleinen die Ehre nicht erwiesen, die Gültigkeit ihrer Rechte unserer Prüfung und Beurtheilung zu übergeben, so wür den wir uns auch ohngebeten diese Freyheit ohnehin herausnehmen; ja es ist so wahr, daß die Groffen das Urtheil der Welt über ihre Handlung und Betragen hoch zu schäzen wissen, daß in Cabinets = und Staats- Auffäßen alle ersinnliche Mühe angewendet wird, dieselbe von ihrer schönen, oder wenigstens entschuldbaren Seite darzustellen.

Es sizen zu allen Zeiten und in jedem Staat Männer auf der Warthe, welche einen weit grösseren Horizont haben, um scharfe Blicke in das Ganze zu thun, als diejenige, so sich mitten in dem Getümmel und Lermen der Geschäfte befinden; ihr Zeugniß verewigt in gleichem Grad grosse Tugenden und grosse Fehler, um ihr Lob buhlen Monar

chen, Ministers, Helden und Gelehrte mit eben dem Eifer, als ihr Tadel zugleich der Lohn schlechter und lasterhafter Handlungen ist, und nach dem Ausspruch der grossen und tugendhaften Königin Maria von Groß- Britannien, ist diese Rache, ihr Gedächtniß zu beschimpfen, in einem überaus geringen Verhältniß gegen das unendliche Unheil, welches die Mächtigen der Erden unter den Menschen anrichten.

Unsere Leutsche aus so vielen grossen und kleinen Herren, ächten und falschen Grund - Sägen, löblichen und tadelhaften Absichten, vermischte und an Wundern göttlicher Vorsehung zusammenhängende StaatsVerfassung macht ein Publikum von ganz besonderer Art aus. In den Expeditionen der Reichs- Canzley findet sich das Teutsche Publicum so eng als möglich, beysammen. Alle und jede Chur-Fürsten und Fürsten, Geistliche und Weltliche, Prälaten, Grafen, Freyen, Herren, Ritter, Knechte, Landvoigte, Hauptleute, Vize- Domben, Voigte, Pfleger. Verweser, Amtleute, Landrichter, Schultheisse, Bürgermeister, Richter, Räthe, Burger, Gemeinden und sonst alle andere unsere und des Reichs Unterthanen und Getreue, in was Würden, Stand und Wesen die sehen. Die Rang-Ordnung ist hier eben nicht sonderlich beobachtet, die Formul ist aber noch aus der alten Welt, und wir, wir leben jezt in der besten und zwar Leutschen Welt.

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Wer daran noch zweifelt, kan, ohne eine Theodice oder Metaphysic zu lesen, davon überzeugt werden, wann er nur unsere Reichs- und Grays Tags Handlungen mit Aufmerksamkeit betrachtet. Das müste wohl bey uns die beste Welt im vollkommensten Verstande seyn, wana die so häufig vorkommende Formuln von Salus publica. Bonum publicum, Securitas publica, und dergleichen Weyd-Sprüche so sehr in der Bedeutung in Erfüllung giengen, als diese Worte an sich fräftig und patriotisch klingen. Es seynd schon geraume Jahre, die ich in Erforschung der Teutschen Staats-Verfassung zubringe, es kan seyn, andere sehen noch tiefer, ich liefere meine Erklärung, so gut sie mir meine eigene Erfahrung an die Hand giebt:

Salus publica ist eine Galanterie, eine Artigkeit und Ehren-Wort, das bey Gastmahlen und Gesundheit - Trinken an hohen Geburts = und Namens Festen mit der meisten Devotion ausgesprochen wird. Zu Leutsch trinkt man es auch zuweilen in dem schönen Neim:

Guter Sachen Wohlergehen,

Schlimmer Sachen besser stehen.

Das Bonum publicum bezieht sich auf eine Stelle in der güldenen Bulle, darinnen steht: Quod Imperator debeat esse Vir bonus, ein guter Herr, oder, wie die Alten sagten, ein guter Mann, so wie ihn die Leutsche gern haben möchten, der die Grosse machen läßt, was sie wollen, der ein Auge zuthut, wann der Mächtigere den Schwächern drückt u. s. w. Bonum Publicum heißt also nach der Reichs-GrundSprache: Ach du gutes Publicum! Wie wirds dir noch gehen? Wo wills noch mit dir hinaus? so wie wir alle Tage im gemeinen Leben sagen: Der gute Mensch! er dauert mich, es mag ihm wohl übel gehen ic. und so schickt man ihn unter lauter Bedauren von einem zum

andern und der lezte weißt ihm den Weg ins Lazareth, wo die Nothleidende auf Kosten des verstorbenen barmherzigen Publici exquicket werden.

Securitas publica ist ein Wort, das man zu Kriegs- und Friedens-Zeiten höret. Wann der Rhein ein Stück von der Reichs-Vestung Kehl nach Holland hinunter geführet hatte, oder wann die ArbeitsLeute und Commendanten zu Philippsburg ihre Rechnungen einschicken, dann hört man eifrig von der Securitate Publica sprechen; zu KriegsZeiten aber ist es eine Warnungs- Stimme gegen die Teutsche Schlafsucht, und man hörte sie sehr oft und laut, als der fromme Cardinal Fleury und sein Waffen Träger de la Noue uns bereden wollte: Wir sollten nur sicher und ruhig seyn, er wolle uns mit 50000 Mann bewachen, daß wir in unserer Schlaf- Trunckenheit nicht gestöhret würden. Diese Krankheit wandelt den alten gebrechlichen Staats- Cörper so oft an, daß daraus noch weit gefährlichere, ja tödtliche Zufälle entstehen können.

Mit unbeschreiblicher Mühe oder doch wenigstens Freude überliefert ein Auctor das Werk seiner Hände (dann der Geist wird oft dabey vermißt) der Presse, es kommt auf die Messen, von da in die Zeitun gen und das ist der eigentliche Zeitpunct der declarirten Autorschaft. Ein paar hundert Leute lesens und denken dabey, was sie wollen; der hat schon etliche Bücher von der Materie, und spottet also dessen, der abgedroschene Dinge schreibt, jener hat wohl selbst davon schreiben wollen, und ärgert ihn, daß ihm dieser zuvor gekommen, in dieser Gesinnung nimmt er sich vor, ihn zu tadeln und zu schimpfen, nach wenigen Jahren schreibt endlich ein anderer noch schöner und besser, da wird Auctor, Zeitung und Journal miteinander zu Maculatur. Indessen haben doch beyde das Vergnügen gehabt, daß das Publicum eine Zeit- ̧ lang von ihren geredt, gelesen und geschrieben hat.

Wie mancher Gelehrte versigt sich bey später Lampe Gesundheit und Ruhe, um ein Vorwurf der Reden des Publici, oder, nach der gelehrten Sprache, um unsterblich zu werden, welche Verewigung sich aber oftermalen mit einer sehr sichtbaren zeitlichen Auszehrung endiget, die um so betrübter ist, weil sich ein Haus voll Kinder, ein gewöhnliches Glück fleißiger Gelehrten, nicht wohl auf die Nachwelt aßigniren läßt, wann der Auctor sich nicht bey Lebzeiten mit einem mit baaren Mitteln versehenen Publico bekannt gemacht hat.

Regius ist ein arbeitsamer, fleißiger, geschickter Rach, der bis Mitternacht unter den Acten sizt, mit Chicanen einschläft, von Terminen, Bescheiden, Interlocuten, Läuterungen und Ober- Läuterungen träumt und über den Urthels - Gebühren wieder erwacht. Elendes Leben vor einen zur Ewigkeit geschaffenen Geist. Er lebt, schwebt, ißt, trinkt, geht, steht und denkt in lauter Processen, und zum Glück ist ihm lezt= hin sein Bedienter entwischt, als er ihn in Gedanken vor einen Libellum Gravaminum angesehen, und übel mit ihm umspringen wollen. Wann er halb so viel arbeitete, würde doch noch Zank genug in der Welt übrig bleiben, er bekommt deswegen nicht mehr Besoldung, die Sachen selbst werden nicht mehrers gefördert, dann er arbeitet immer

in Vorrath, er thut es auch nicht aus Mitleiden, dann er ist in allen andern Sachen ein rauher Mann, sein einiger Zweck ist, den er auch erhält, zu hören: Der Mann opfert sich dem Dienst des gemeinen Wesens ganz auf, das muß man ihm lassen, `er ist der fleißigste im ganzen Collegio. Laßt es viel seyn, so sprechen 500 Leute, so, das mag mir ein Publicum heissen. Fünf Stund davon ist ein ander Publicum, wo man von Regio gar nichts weiß, sein Haupt ist ein Amtmann, der 20 Dörfer und Höfe unter sich hat, welche bey etlich tausend Menschen in sich fassen. Er thut sein Amt, wie jener Pfaf:

Stat bene cum Superioribus et facit officium suum taliter qualiter, indessen lobt ihn das ganze Amt, und kein Bauer geht aus der Schenke, daß er nicht seines Amtmanns Gesundheit getrunken hätte, welche er selbst ohnehin auf das beste zu pflegen unermüdet ist. Ich glaube nicht, daß dieser mit dem Regius jemals tauschen wird.

Zu wichtigern Personen zu kommen, wie mancher Minister hat sich an dem Glüks - Rad Europens müde gedrehet, und er ist begraben und vergessen. Der ehrwürdige Verfasser der güldenen Bulle ist vergessen, und die Baademagd Kayser Wenzels ist bey den Zierrathen der güldenen Bulle in Kupfer gestochen, ja die Nachwelt hebt ihren Namen, den nichtswerthen Nahmen, auf, wann mancher redliche Ritter vergebens um eine Ahne sucht, die ihm in seinem Stamm - Baum fehlet.

Sollte eine reife Erwegung aller dieser Umstände nicht im Stand seyn, die mannigfaltige Krankheiten zu vertreiben, woran jeder in seinem eigenen Spital darnieder liegt: Die Helden - Sucht, das AuctorFieber, der unordentliche Appetit nach Rang, Tituln, Lob und Ruhm und andern schädlichen Speisen, die schwer zu verdauen sind, und nicht selten die edelste Säfte in Fäulniß sezen.

Es ist schön gelebt, wann man sich würklich um die Welt verdient gemacht hat, und diesen Ruhm kan ein jeder in seiner Maasse erwerben. Männer von Gaben und Verstand verdienen den Dank der Welt durch Entdeckungen in Wissenschaften und gemeinnüzlichen Künsten; oder auch durch mehrere Erhellung und Erweiterung an sich schon bekannter Wahrheiten. Eben so wahr ist aber auch, daß nicht alle Weltweise berufen seynd, Leibnitze zu seyn, und bey der unzählbaren Menge wahrer und titular - Patrioten reicht ein .. eines Haupts höher über alles Volk. Ich mache daraus den Schluß, daß ein jeder Verdienste genug habe, wann er treu und beflissen ist in demjenigen Stand, worein ihn die göttliche Vorsehung gesezt hat. Ein Minister muß sich freylich auf eine andere Art um den Staat verdient machen, als ein Fabricant, und dieser wieder anders als ein Lumpen - Sammler, ohngeachtet diese beyde lezte eben wohl nöthige und nügliche Personen in einem Lande seynd.

Viele Menschen erwerben sich auch dadurch Verdienste, wann sie gar nichts thun, wenigstens möchte ich diese Art Verdienste der Gattung Teutscher Dichter wünschen, welche mit ihren verdammlichen und verbuhleten Liedern das Heiligthum der Dichtkunst entweyhet, und ihre

Namen bey denen, die Tugend lieben und reines Herzens sevnd, so verewigt haben, als die Namen derer, die an dem Schand-Pfahl ange= nagelt seynd, verewigt werden.

2. Reliqui en. *)

Die Gedächtniß- Münzen zu Ehren verdienter Männer erreichen ihren Zweck nur halb, sie werden in geringer Anzahl ausgeprägt und verschließen sich in Cabineten. Sie sollten geringer an innerm Werth, in größerer Menge und als eine currente Land - Münze ausgeprägt werden; um das Andenken deßen, zu weßen Ehren sie dienen sollen, dadurch bekannter und den Eindruck zur Nacheiferung stärker und allgemeiner zu machen. **)

Es gibt gebohrne ehrliche Leute und gebohrne Spizbuben.

Es kommen tausend Fälle in dem Leben eines tugendhafften Manns vor, von deren Thun oder Laßen er so wenig jemand überzeugen kan, als man zu Zeiten den Grund des Wohl- oder Nichtgefallens von einem Gemählde anzugeben im Stand ist; die Zärtlichkeit seines moralischen Gefühls ist der einige Entscheidungs - Grund, er wird nur von denen, so gleich delicaten Herzens sind, verstanden.

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Ein treuer Diener ist in dem Regiment des Landes, was die Träger an einem Haus sind, sie dürfen nicht lang unerfezt bleiben, sonst sinckts.

Das Vorurtheil hat aufgehört, daß zu gewißen Geschäfften nur eine gewiße Gattung Menschen brauchbar seyen, das jezige Jahrhundert hat große militarische Gesandten aufzuweisen. —

Verstand allein ist der Fürst im einfärbigen Kleid am Gala-Tage seines Hofs, Wiz allein, das Braut - Gesicht einer Schöne, Verstand und Wiz beysammen Salomo in seiner Herrlichkeit.

XV. Immanuel Kant.

(1724-1804.)

1. Aus der ,,Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels.“

(1755)

Man darf nicht erstaunen, selbst in dem Großen der Werke Gottes, eine Vergänglichkeit zu verstatten. Alles, was endlich ist, was einen Anfang und Ursprung hat, hat das Merkmal seiner eingeschränkten Natur in sich; es muß vergehen und ein Ende haben. Die Dauer eines Weltbaues hat durch die Vortrefflichkeit ihrer Errichtung, eine Beständigkeit in sich, die, unsern Begriffen nach, einer unendlichen Dauer nahe kommt. Vielleicht werden tausend, vielleicht Millionen Jahrhunderte sie nicht vernichten; allein, weil die Eitelkeit, die an den endlichen Naturen haftet, beständig an ihrer Zerstörung arbeitet; so

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,,Reliquien. Frankfurt am Mayn. Gebhard. 1766.“ 8. **) Dies ist wirklich in neuerer Zeit durch einen Cabinetsbefehl des Königs Ludwig von Bayern im Münzwesen eingeführt worden.

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