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Einleitung.

Kein Name der Literatur, außer Shakespeares, ist in England so bekannt wie der Samuel Johnsons. Er hatte das Glück, mit James Boswell zusammenzutreffen,1) dér uns seinen verehrten Meister menschlich so nahe gebracht hat, daß wir den Menschen Johnson kennen wie keine andere Größe der Literatur. Mit Recht betont einer seiner jüngsten Kritiker, 2) er habe a kind of semilegendary position erlangt, almost rivalling that of the great John Bull himself. Er ist immer ,,Doctor" Johnson, so wie ihn Boswell kannte, in voller Kraft seiner Autorität, a kind of Chairman to humanity, sitting on a chair in a tavern and roaring down opposition.) Seine Werke aber sind wenig oder nicht bekannt, auch unter den vielen Verehrern nicht. Höchstens hört man fast als Gemeinplatz sein abschätziges Urteil über Miltons Lycidas oder über Gray zitieren. Seine Kritik gilt als abgetan, als eng und reaktionär. In den letzten Jahren aber haben es sich Leute wie Courthope und besonders Raleigh zur Aufgabe gemacht, ihm von der heutigen Generation ein gerechteres Urteil zu teil werden zu lassen. Raleigh) bedauert, daß der Rambler, one of the most moving of books, und that splendid repository of wisdom and truth keine Leser finden könne, weist aber mit besonderem Nachdruck - und mit vollem Recht auf Johnsons Hauptwerk, die Lives, hin, a commentary of human destiny,") geschrieben in der Vollkraft seiner großen Gaben, als letzter, gewichtiger Protest gegen die romantische Strömung. Im Folgenden soll nun Johnsons Stellungnahme zu den literarischen Hauptfragen seiner Zeit genauer festgestellt und detailliert werden. Es wird sich dann herausstellen, ob er der blinde Reaktionär ist, wie oft gemeinhin angenommen wird.

1) Im Jahre 1759, in Tom Davie's backshop, Covent Garden.
2) Bailey, S. 8.

3) Raleigh, S. 20.
4) Raleigh, S. 12.
5) Raleigh, S. 26.

A. Die Kritik.

Wesen und Aufgabe der Kritik.

Im Rambler 1) finden wir folgende Allegorie über Ursprung und Wesen der Kritik. Die Kritik, die älteste Tochter des Fleißes und der Wahrheit, wurde von der Gerechtigkeit im Palaste der Weisheit erzogen. Die Götter erkannten bald ihre außergewöhnlichen Gaben und machten sie zur Erzieherin der Phantasie; sie durfte auch den Chor der Musen leiten, wenn er vor Jupiters Throne sang. Sie begleitete die Musen auf die Erde und bekam von der Gerechtigkeit ein Szepter und eine unlöschbare Fackel, die der Fleiß gemacht, und die Wahrheit in Brand gesetzt hatte. Im Scheine dieser Fackel zeigte sich alles in seiner wahren Gestalt. Was die Kritik nach den Regeln der wahren Dichtkunst geschaffen fand, berührte sie mit ihrem Szepter und machte es so unsterblich. Alles Falsche ließ sie unberührt liegen oder zerstörte es. Die Werke, in denen sich Wahres und Falsches die Wage hielten, überließ sie der Zeit zur endgültigen Beurteilung. Nachdem sie sich überzeugt hatte, daß die Zeit einige launische Einfälle ausgenommen im Sinne der Gerechtigkeit urteilte, verließ sie die Erde und begnügte sich von nun an, durch erfahrene und tugendreiche Auserwählte zu wirken. Vorurteil und Geschmacklosigkeit aber, im Bunde mit Betrug und Unfug, konnten jetzt ihr Werk der Zerstörung offener treiben. Schmeichelei und böser Wille ergriffen die Splitter des Szepters, das die Kritik vor ihrem Weggange zerbrochen; aber es hatte seine Macht verloren. Und die Zeit fällt in Muße ihr Urteil, ohne sich um die Rotte zu kümmern, die sich um die Schmeichelei und die Mißgunst scharten.

Im Dictionary definiert Johnson die Kritik als eine Norm des richtigen Beurteilens und zitiert als Belege Addisons und Drydens 2) Criticism, as it was first instituted by Aristotle, a standard of judging well.3) Um diese Norm zu erreichen, muß die Kritik

1) Ra. 3.

2) Dryden, The Author's Apology for Heroic Poetry and Poetic Licence, S. 122.

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