صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

Zweiter Theil.

Der dritten Periode erste Abtheilung:

Das Jahr der Ideendichtung

und

das Epigram men ja hr.

1795 und 1796.

Das Jahr der Ideendichtung.

Poesie des Lebens.

An

1795.

Mit der vorliegenden poetischen Epistel kehrte unser Dichter aus seiner langen Laufbahn philosophischer Selbstverständigung auf die Bahn der Poesie zurück, ohne sich jedoch sofort den schwerfälligern Schritt der Philosophie abgewöhnen zu können. Ueber die Zeit, wann das Gedicht entstanden ist, gibt ein Brief an Goethe vom 12. Juni nähere Auskunft. „Der Uebergang von einem andern Geschäft,“ schrieb Schiller, „war mir von jeher ein harter Stand, und jezt vollends, wo ich von Metaphyfik zu Gedichten hinüberspringen soll. Indeß habe ich mir, so gut es angeht, eine Brücke gebaut, und mache den Anfang mit einer gereimten Epistel, welche Poesie des Lebens überschrieben ist, und also, wie Sie sehen, an die Materie, die ich verlassen habe, gränzt. Könnten Sie kommen und Ihren Geist auch nur sechs Wochen lang, und nur so viel ich davon in mich aufnehmen kann, in mich hauchen, so würde mir geholfen sein." Der Dichter fühlte selbst nur zu sehr, wie schwer sich in ihm der Genius von den Fesseln der Philosophie losrang, und mußte es sich um so deutlicher bewußt werden, je näher er Goethe's freies, heiteres Schaffen beobachten konnte. Ist aber der Stoff des Biehoff, Schiller II.

1

vorliegenden Gedichtes noch der Philosophie, womit er sich zu= legt beschäftigt hatte, entlehnt, so beruht die Form *), die ganze Behandlungsart vorzugsweise auf der rhetorischen Form der Distribution, d. h. der Specialifirung, der Zerlegung eines umfassendern Gedankens in seine einzelnen Theile, weßhalb Körner (Briefw. mit Schiller IV, 126) es mit Recht als „zur rhetorischen Klasse ge= hörig“ bezeichnet, und Hoffmeister es zur zweiten Gattung der Schiller'schen Ideenpoefie zählt, derjenigen, welche sich auf die Subordination der Vorstellungen gründet, welche „das Ideale als ein Allgemeines und das Reale als ein Besonderes auffaßt, so daß sie im Verhältniß der Ueber- und Unterordnung stehen.“ Der Text des Gedichtes, im J. 1798 retouchirt und 1799 erschienen, bietet keine Varianten.

1.,,Wer möchte sich an Schattenbildern weiden,

Die mit erborgtem Schein das Wesen überkleiden,
Mit trüg'rischem Besitz die Hoffnung hintergehn?
Entblößt muß ich die Wahrheit sehn,

5. Soll gleich mit meinem Wahn mein ganzer Himmel schwinden,
Soll gleich den freien Geist, den der erhab'ne Flug

Ins grenzenlose Reich der Möglichkeiten trug,

Die Gegenwart mit strengen Fesseln binden ;

Er lernt sich selber überwinden,

10. Ihn wird das heilige Gebot

Der Pflicht, das furchtbare der Noth

Nur desto unterwürf'ger finden.

Wer schon der Wahrheit milde Herrschaft scheut,

Wie trägt er die Nothwendigkeit ?"

In diesem ersten Abschnitt läßt der Dichter einen schroffen Realisten die poetische Anschauung des Lebens und der Welt angreifen. Der

* In gewisser Beziehung, als Epistel nämlich, schließt sich das Gedicht auch der Form nach an seine letztere Beschäftigung an. In den ersten Monaten des Jahres hatte er die letzte Abtheilung der Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen geschrieben,

« السابقةمتابعة »