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Der Kaufmann.

1795.

Gleich dem vorhergehenden Epigramm kulturhistorischen Charakters:

Wohin segelt das Schiff? Es trägt sidonische Männer,

Die von dem frierenden Nord bringen den Bernstein, das Zinn. Trag' es gnädig, Neptun, und wiegt es schonend, ihr Winde,

In bewirthender Bucht rausch' ihm ein trinkbarer Quell. Euch gehört der Kaufmann, ihr Götter! Er steuert nach Gütern, Aber, geknüpft an sein Schiff, folget das Gute ihm nach.

Zuerst im Musen - Almanach 1796. Vor der Aufnahme des Stücks in die Sammlung gab der Dichter dem Schlußdistichon folgende Gestalt:

Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen,
Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an.

Zur Erläuterung der kulturhistorischen Wichtigkeit des Handels geht Schiller zum ältesten Handelsvolk, den Phöniciern, zurück, deren älteste Stadt Sidon war. Angeblich dehnten sie ihre Handelsfahrten bis zu den Zinninseln oder Cassiteriden aus, worunter man die Scillyinseln oder Britannien zu verstehen hat, und an die Nordufer Deutschlands, vielleicht gar zu den Ostseeküsten, um den Bernstein zu holen. Vergl. Goethe's Apologie des Handels in Wilhelm Meisters Lehrjahren (B. 1).

Würde der Frauen.

1795.

Neben den vorher besprochenen kleinern Produktionen, die er einzelnen glücklichen Stunden und Augenblicken mit leichter Mühe abgewinnen mochte, gestaltete sich aber in dieser fruchtbaren Epoche auch wieder eine größere Komposition: die Würde der Frauen. Wie die oben erwähnten Epigramme: der spielende Knabe, das Kind in der Wiege und der philosophische Egoist den glücklichen Vater durchblicken lassen, so fühlt man wohl, daß er in das vorliegende Gedicht das Glück, das er als Gatte genoß, mit tiefbewegtem und dankbarem Herzen ausströmte. Aber wie dort, so find auch hier, nach Schiller'scher Weise, die individuellen Bezüge ausgelöscht, und die Huldigung ist den Frauen überhaupt dargebracht. Das Gedicht ist vor dem 7. September 1795 entstanden, da Schiller in einem Briefe dieses Datums an Humboldt seiner mit den Worten gedenkt: „In der Würde der Frauen ändere ich noch die zwei vorlegten Verse der ersten Strophe, die theils ungeschickt, theils für die Exposition des Ganzen zu leer find."

Es sei mir erlaubt, eine Erläuterung dieses Gedichtes, die ich vor vielen Jahren für ein Kränzchen zur gegenseitigen Erklärung deutscher Klassiker niederschrieb, hier aufzunehmen, wenn sie gleich, der Verschiedenheit des Tons wegen, sich etwas fremdartig unter den Bemerkungen zu den übrigen Gedichten ausnimmt:

„Bei didaktischen Gedichten von der Art des vorliegenden muß, wie mir scheint, der Interpret das Geschäft eines Auslegers im eigentlichen Sinn des Wortes, eines Auseinanderlegers, Entfalters übernehmen. Hier hat er nicht, um das Mißverständniß zu erleichtern, Erläuterungen aus der Geschichte, der Mythologie, der Geographie, der Grammatik u. s. w. zu liefern oder den nach Dichterweise künst

lich und verschlungen dargestellten Gedanken in einfacherer Sprache wiederzugeben, sondern er muß vor Allem den reichen Inhalt, den fast jeder Saß einschließt, ausbreiten, in seine Theile zerlegen, entfalten und zur Anschauung bringen. Sehr oft ist der Inhalt selbst eines kleinen Sazes außerordentlich mannichfach und umfassend, ja unbegrenzt und unermeßlich; und so dürfte der Interpret nicht hoffen, seinen Gegenstand ganz zu erschöpfen, auch wenn er weit über die einer solchen Erläuterung angemessenen Grenzen hinausgehen wollte. Er wird aber auch schon seiner Pflicht genügen, wenn er den Inhalt in seinen Hauptzügen gibt und dem Leser bei seinem Bestreben, sich die im Gedicht nur massenweise angedeutete Fülle des geistigen Gehalts mehr im Einzelnen zu vergegenwärtigen, zu Hülfe kommt. Und in diesem Sinne mag denn auch die nachstehende Entfaltung des vielgepriesenen Gedichtes Würde der Frauen" Ent= schuldigung finden, wenn sie nicht Alles berührt, was sich bei des = Dichters schönen Worten denken läßt.

Ehret die Frauen! Sie durchschlingen unser Leben mit vielen glücklichen Stunden und bereiten unserm Erdendasein manche Freu: den höherer, himmlischer Art. Sie, die sich selbst an die Geseze der Sitte, des Anstandes binden, fie achten sorgsam, daß überall Grazie und Zucht herrschend bleibe, daß Rohheit und Frechheit nicht aufkomme.

Denn ihnen ist am meisten dran gelegen,
Daß Alles wohl sich zieme, was geschieht.

Die Schicklichkeit umgibt mit einer Mauer

Das zarte, leichtverletzliche Geschlecht.

Wo Sittlichkeit regiert, regieren sie,

und wo die Frechheit herrscht, da sind sie Nichts.

Und wirst du die Geschlechter beide fragen:

Nach Freiheit strebt der Mann, das Weib nach Sitte.

(Goethe im Tasso.)

Wenn der Mann eine Richtung des Wirkens und Strebens eingeschlagen hat, so stürzen alle Kräfte seiner Seele in einen Strom

zusammen, der ihn gewaltsam nach dieser Seite fortreißt. Wie leicht treibt ihn da seine ungezügelte Kraft über die Grenzen des Wahren und Rechten hinaus! Wie leicht raubt ihm sein ungeduldiges Streben, das Eigne geltend zu machen, die Fähigkeit zu besonnener, aufrichtiger Prüfung des Fremden! Wie leicht überschäßt er seine Sache, seine Parthei, seinen Beruf, seine Kunst, seine Wissenschaft, sein System!

Ewig aus der Wahrheit Schranken
Schweift des Mannes wilde Kraft.

Was ihm Ruhe des Urtheils, Konsequenz im Denken erschwert, ist eben die Leidenschaftlichkeit, mit der er Alles umfaßt:

unstät treiben die Gedanken

Auf dem Meer der Leidenschaft.

Mit derselben Leidenschaftlichkeit strebt er stets in die Ferne. Goethe läßt im Tasso die Prinzessin sagen:

ihr strebt nach fernen Gütern,

und euer Streben muß gewaltsam sein.
Ihr wagt es, für die Ewigkeit zu handeln,
Wenn wir ein einzig nah beschränktes Gut
Auf dieser Erde nur besigen möchten,

und wünschen, daß es uns beständig bleibt.

Die nächste Umgebung bietet den Wünschen des Mannes, seinem Wissensdurste nicht genug. Bis zu des Nordpols schiffezermalmenden Eisbergen, bis in den glühenden Sand Libyens treibt ihn sein raftloser Geist.

Gierig greift er in die Ferne.

Ja, die Kenntniß der Mitwelt genügt ihm nicht, bis in der Vorwelt dunkelste Sagenhallen zurück sucht sein forschender Blick zu dringen. Die fernste Anhöhe des gesellschaftlichen Lebens, das Höchste in Rang, Ansehen und Würden liegt seinen Wünschen nicht zu ferne,

Was ist natürlicher, als daß er bei so unbegrenztem Streben felten oder nie volle Befriedigung findet!

Nimmer wird sein Herz gestillt.

Wagt er es ja doch, selbst über Dinge Hypothesen aufzustellen, worüber wir ihrer Natur nach nichts wissen können; wagt er doch über die Zustände ferner Weltkörper zu träumen!

Rastlos durch entlegne Sterne

Jagt er seines Traumes Bild.

Aber wohl ihm, daß die Natur Empfänglichkeit für den „zauberischfesselnden Blick" der Frau in sein Herz gelegt hat! Aus dem ruhelosen Umherschweifen in Entwürfen und Träumen führt ihn die Frau zu behaglichem Genuß der Gegenwart, zu sanftberuhigenden Freuden des Familienvereins zurück. Es ist eine weise Veranstal= tung der Natur, daß gerade die Zeit der sprudelnden Jugendkraft, wo den Mann sein Geist ins Unbegrenzte zu führen droht, auch die Zeit der erwachenden Liebe ist, die durch das Band der Ehe den Flüchtling an ein begrenztes Streben bindet:

Aber mit zauberisch fesselndem Blicke

Winken die Frauen den Flüchtling zurücke.

Das Bild eines schönen Familienvereins wird ihm eine Mahnung, eine Warnung, auch seine Wünsche, seine Entwürfe, seine Ansprüche zu beschränken, nicht bloß für ganz entfernte, noch sehr zweifelhafte Freuden zu arbeiten, sondern auch, was die Stunde bietet, zu genießen:

Warnend zurück in der Gegenwart Spur.

So ist also die Frau bestimmt, den Mann aus seiner Ueberspan= nung zu einem natürlichern, einfachern Dasein zurückzuführen. Und in der That eignet fie fich trefflich dazu. Ungleich des Mannes ftolzem Trachten, haben sich ihre bescheidenen Wünsche, ihre Bil

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