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Unendliches, Ewiges, in seinen Anfang Zurücklaufendes dargestellt werden solle. „Die drehende Schöpfung", offenbar für die sich drehende Schöpfung, ein Sprachgebrauch, der sich mehrmals in Schiller's Jugendgedichten und häufig bei Lateinern und Griechen findet (z. B. Virg. Aen. I, 104 tum prora avertit st. avertit se). Weniger zu entschuldigen ist die Freiheit, die sich Schiller bei diesem Worte in den Kranichen des Jbykus genommen: „Und schauerlich gedreht im Kreise“, für sich drehend.

20.

Sprich, wie geschieht's, daß, rastlos bewegt, die Bildungen schwanken,
und die Regel doch bleibt, wenn die Gestalten auch fliehn?
Daß mit Herrscherkühnheit einher der Einzelne wandelt,

Keiner ihm sklavisch weicht, Keiner entgegen ihm stürmt?
Willst du es wissen? Es ist des Wohllauts mächtige Gottheit,
Die zum geselligen Tanz ordnet den tobenden Sprung,
25. Die, der Nemesis gleich, an des Rhythmus goldenem Zügel
Lenkt die brausende Lust und die gesehtoje zähmt.
und der Wohllaut der großen Natur umrauscht dich vergebens ?
Dich ergreift nicht der Strom dieser harmonischen Welt?
Nicht der begeisternde Takt, den alle Wesen dir schlagen,

30.

Nicht der wirbelnde Tanz, der durch den ewigen Raum
Leuchtende Sonnen wälzt in künstlich schlängelnden Bahnen?

Handelnd fliehst du das Maß, das du im Spiele doch ehrst?

Vers 19 hatte, wie aus Humboldt's Briefwechsel hervorgeht, zuerst im Manuscript folgende Form:

Sprich, was macht's, daß in rastlosem Wechsel die Bildungen schwanken

Jezt lautet Vers 19-22:

Sprich, wie geschieht's, daß, raftlos erneut, die Bildungen schwanken
und die Ruhe besteht in der bewegten Gestalt?

Jeder, ein Herrscher, frei nur dem eigenen Herzen gehorchet
und im eilenden Lauf findet die einzige Bahn?

Vers 27-28:

und dir rauschen umsonst die Harmonien des Weltalls?

Dich ergreift nicht der Strom dieses erhabnen Gesangs?

Vers 31 und 32:

Leuchtende Sonnen schwingt in kühn gewundenen Bohnen?

Das du im Spiele doch ehrst, fliehst du im Handeln, das Maß ? Außerdem hat der Dichter in Vers 26 „gefeßlose" in „verwilderte" verändert. In dem ältern Vers 20 war das Verhältniß der Gedanken zu einander bestimmter durch Konjunktionen ausgesprochen, als im jezigen. In diesem bezeichnet „Ruhe“ das Bleibende in dem Wandelbaren, die „Ordnung“, das stille Gesez (Vers 16 und 18).

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Der jeßige Vers 21 hat einen bessern metrischen Bau als der ältere, und fügt noch einen bedeutsamen Gedanken bei: „nur dem eigenen Herzen gehorchet“. „Die einzige Bahn“ (Vers 22 neuerer Form) ist die einzig mögliche, ohne die Ordnung des Ganzen zu stören. Was übrigens Schiller hier des Wohllauts mächtiger Gottheit zuschreibt, das sagt er anderswo von Sitte, Sittengesez, Vernunft; vergl. z. B. im eleusischen Feste Str. 26:

und allein durch seine Sitte

Kann er frei und mächtig sein.

Schiller meint ihrer Elemente, nur übermüthige

Und in der That ist es ja auch nur das lebendig im Herzen sprechende Moralgeseß, was Schiller hier durch „Wohllaut" bezeichnet. Indem der Mensch sich freiwillig dem göttlichen Geseße unterwirft, wird er frei und stark, „frei durch Vernunft, stark durch Geseze“ (Künstler, V. 7). Zu Vers 23 bemerkt Gößinger richtig, daß „Wohllaut“ hier nicht der passendste Ausdruck sei. damit wohl die gesammte Musik, die durch eines den Rhythmus, das regellose Springen, worin sich Kraft und Lustigkeit äußert, zum geselligen Tanze ordnet. Vers 25 („Die, der Nemesis gleich u. f. w.“) vergl. Herder's Abhandlung Nemesis, in den antiquarischen Auffäßen: „Die Göttin des Maßes und Einhalts ist Nemesis,“ die strenge Aufseherin und Bezähmerin der Begierden, eine Feindin alles Uebermuthes und Uebermaßes in menschlichen Dingen, die, sobald fie die

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ses gewahr wird, das Rad drehet und das Gleichgewicht herstellt. Wäre mir der Ausdruck erlaubt, so würde ich sie mißbilligende Göttin des Uebermuthes nennen, die dem Sterblichen folgt und ihm die kleinsten Ueberschreitungen ernst verdenket. Vergleiche die beiden Epigramme aus der griechischen Anthologie:

1.

Warum, o Nemesis, hältst du das Maß und die Zügel? Damit du
Handlungen gebest Maß, Worten anlegest den Zaum.

2.

Nemesis bin ich und halte das Maß. Was bedeutet das Maß denn?

Allen sagt es an: Schreite nicht über das Maß.

Wie in Vers 27 und ff., so wird auch in einem schönen griechischen Epigramm die Bewegung des Weltgebäudes als durch Musik und Tanz geregelt dargestellt, (f. Herder zur schönen Literatur und Kunst X, 120):

Der Chortänzer.

Fröhlich blick ich hinauf zum Chor der frohen Gestirne,

Führ' auf Erden, wie sie droben am Himmel, den Chor;
Blumenumkränzet das Haar, mit musikalischem Finger,

Rühr' ich ein Saitenspiel, rege die Herzen mit ihm.

und so leb' ich ein schönes, ein Sternenleben. Der Weltbau Ohne Gesang und Tanz könnte bestehen nicht mehr.

Ju Vers 30 („Nicht der wirbelnde Tanz u. f. w.“) scheint mir das Adjektiv wirbelnd nicht sehr passend gewählt, da es um die Darstellung des Tanzes als einer geregelten, gesezmäßigen Bewegung zu thun ist. Im jeßigen Schlußverse des Gedichtes erinnert die kühne Vorsehung des Relativsages („Das du im Spiele doch ehrst") an die freie Konstruktion der Alten.

Nicht uninteressant wird für den Leser Humboldt's Urtheil über dieses Gedicht sein, wie es sich in dem schon erwähnten Briefe an

Schiller findet: „Der Tanz ist vortrefflich, und es kann leicht an bloß subjektiven Gründen liegen, wenn ich ihm die Macht des Gesanges vorziehe. Er hat einen so großen philosophischen Gehalt, und das Bild der Lanzenden ist göttlich schön gemalt und voll Leben. Der Bewegung und Leichtigkeit der ersten Hälfte, die vorzüglich in einzelnen Versen („Säuselndes Saitengetön u. s. w., Stürzt der zierliche Bau u. s. w.") unübertrefflich ausgedrückt ist, stellt sich die Festigkeit und der Ernst der zweiten prächtig entgegen. Auch wird es Ihnen dadurch auf eine in der That ganz vorzügliche Art eigen. Die Idee drückt die Individualität Jhres Geistes, der immer in dem Verwirrten das Gesez aufsucht, und das Gesez wieder in scheinbare Verwirrung zu verbergen sucht, sehr treffend aus, und selbst die Bilder, die Sie brauchen, gehören, wie ich mich aus Gesprächen erinnere, zu denen, die Ihnen am geläufigsten sind. Es hat meiner Phantasie, seit ich jezt von Ihnen getrennt bin, das lebhafteste Bild von Ihnen gegeben, und ist mir darum doppelt werth." In Humboldt's Briefwechsel mit Schiller findet sich auch die Bemerkung, daß der Tanz ein Lieblingsgedicht Herder's gewe= sen sei. Humboldt erklärt sich dieses so: „Die Harmonie in scheinbarer Verwirrung, vorzüglich auf das Weltall bezogen, ist eine bei Herdern oft wiederkehrende Idee, und auch der Vortrag, ein Gleichniß, das zu einer kürzern Anwendung führt, ist ganz in seiner Manier. Hätte das Gedicht nicht eine Klarheit, eine Kraft und Grazie, die es nur Ihnen eigen macht, so hätte ich es ohne Anstoß für ein Herder'sches nehmen können." Brief an Schiller vom 22. September 1795.

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Die Antike an den nordischen Wanderer.

1795.

Nachdem Schiller einmal sich mit dem elegischen Versmaße befreundet hatte, wozu vielleicht die von Goethe ihm mitgetheilten römischen Elegien den Anstoß gaben, entstanden rasch nacheinander mehrere größere und kleinere Gedichte dieses Metrums, zu welchen leztern auch die Antike an den nordischen Wanderer, oder, wie es im Septemberheft der Horen 1795 heißt, an einen Wanderer aus Norden gehört. Humboldt gedenkt ihrer in dem mehrerwähnten Briefe vom 18. August 1795: „Die Antike ist ein prächtiges Stück. Ihr ernster scheltender Ton macht eine große Wirkung, und fie erregt eine Menge von Betrachtungen über die Gegenwart und die Vergangenheit und die unwiderruflichen Wirkungen der Zeit, die sich in eine Art der Wehmuth auflösen.“ Sie spricht den Gedanken aus, daß das Verständniß der Antiken, überhaupt des klassischen Geistes uns mehr durch die ganz verschiedene Denk- und Sinnesweise unsrer Zeit, als durch die Entfernung von den klassischen Ländern erschwert werde. Der Text in den Horen zählt vier Distichen mehr, als der gewöhnliche:

1. Ueber Ströme hast du geseht und Meere durchschwommen,

Ueber der Alpen Gebirg trug dich der schwindlige Steg, Mich in der Nähe zu schaun und meine Schöne zu preisen, Die der begeisterte Ruf rühmt durch die staunende Welt; 5. Und nun stehst du vor mir, du darfst mich heil'ge berühren, Aber bist du mir jeht näher und bin ich es dir ?

10.

Hinter dir liegt zwar dein neblichter Pol und dein eiserner Himmel,
Deine arkturische Nacht flieht vor Ausoniens Tag;

Aber hast du die Alpenwand des Jahrhunderts gespalten,

Die zwischen dir und mir finster und traurig sich thürmt?

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