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lische Dichter verfahre. Er beabsichtigte an dieses Gedicht noch ein anderes anzureihen, gewissermaßen ein angewandtes „Reich der Formen“, aber kein lehrendes, sondern ein darstellendes Gedicht, eine Idylle, wie er es nennt, welche die Vermählung des Herkules mit der Hebe zum Inhalte haben, also da fortfahren sollte, wo das Ideal und das Leben schließt. Von diesem Gedichte hoffte er, daß es Alles überbieten werde, was er je geschaffen. Er spricht sich darüber gegen Humboldt (Brief 35) mit wahrhafter Begeisterung aus: Denken Sie sich den Genuß, lieber Freund, in einer poetischen Darstellung alles Sterbliche ausgelöscht, lauter Licht, lauter Freiheit, lauter Vermögen keinen Schatten, keine Schranke, nichts

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von dem Allem mehr zu sehen. Mir schwindelt ordentlich, wenn ich an diese Aufgabe wenn ich an die Möglichkeit ihrer Auflösung denke u. s. w." Diese Aufgabe ist ungelös't geblieben, wie sie denn in der That auch unlösbar war. „Aus allgemeinen Ideen (sagt Hoffmeister) läßt sich noch weniger ein Gedicht schaffen, als aus bloßen Begriffen eine Philosophie entwickeln. Jene Meinyag konnte vorübergehend auch nur unserm Schiller in den Sinnerren; fie bezeichnet aber mehr als alles Andere seinen damalige:handpunkt. Zu derselben Zeit, wo sich in Deutschland eine transscendente Philosophie zu bilden ansing, versuchte sich Schiller vorübergehend an einer fich versteigenden Dichtung, indem er auch in seiner Weise dem Zeitgeist einen kleinen Tribut brachte. So blieb denn das erste dieser metaphysischen Stücke (denn die unbedeutende Epistel Poesie des Lebens kommt nicht in Betracht und ward auch erst später gedruckt) auch das äußerste der ganzen Gattung. Höher vermochte sich seine Muse nicht zu erheben. Er konnte sein Talent nicht besser darthun, als daß er einem solchen abstrakten Gegenstand so viel Le= schon und Anschaulichkeit ertheilte; was aber dennoch nur einer Riewie ift gelang, wie sie vor allen andern Dichtern ihm eigen war.“ nicht, und ahne ne.

Der Genius.

1795.

Im Briefwechsel zwischen Schiller und Humboldt wird dieses Gedichtes zuerst in einem Briefe vom 21. August 1795 Erwähnung gethan, wornach zu vermuthen, daß es spätestens gegen die Mitte Augusts entstanden ist. Die Quelle des Stückes haben wir in den kunstphilosophischen Betrachtungen zu suchen, die Schillern damals beschäftigten, und aus denen auch um jene Zeit der auf gleichen Grundideen, wie unser Gedicht, ruhende Aufsaß über naive und sentimentalische Dichtung entsprang. „Ich bin jezt gerade", schrieb er am 7. Sept. 1795 an Humboldt, „bei meinem Aufsaß übers Naive, wo ich von dem Gegensaz zwischen Einfalt der Natur und Kultur viel zu sagen habe“, demselben Gegensaß, welchen der Genius behandelt, mit dem Unterschiede jedoch, daß im Gedichte die Anwendung auf das Sittliche, in der Abhandlung auf das Aesthe= tische gerichtet ist. Aus diesem innigen Zusammenhang des Gedichtes mit den Ideen, die ihn damals so tief und anhaltend beschäftigten, erklärt sich auch des Dichters Vorliebe für das Stück; das Reich der Schatten ausgenommen, war es ihm zu der Zeit unter seinen Gedichten das liebste. Auch Humboldt lobte es sehr, obwohl er es, wie er später gestand, etwas zu scharf auf den Gedanken gerichtet fand. In einem Briefe an den Dichter sagte er: „Da die so natürliche Frage (ob nur die Wissenschaft zum Seelenfrieden führen könne) schon an sich so oft aufgeworfen wird, und die Lage der Zeit selbst die Beantwortung noch nothwendiger macht, so kann es ihr auch an allgemeinem Interesse nicht fehlen; und die Antwort ist zu einfach, um nicht ohne Mühe verstanden zu werden. Es lag wahrscheinlich nicht in Ihrem Plan, sonst hätte ich gewünscht, Sie hätten die Idee weiter verfolgt und wären auf die Frage gekommen, ob die Dauer einer solchen natürlichen, zweifellosen Unschuld wahr

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scheinlich oder nur möglich ist? was fie verbürgt? wozu eigentlich der Mensch als Mensch bestimmt sei? Die Behandlung wäre in einem Gedicht nicht leicht gewesen, hätte aber doch zu sehr poetischen und schön gegen einander kontrastirenden Gemälden Anlaß gegeben. Die Trockenheit, die allerdings, wie Sie sagen, dem Stoff Jhres Gedichtes eigen sein mag, haben Sie ihm durch die Behandlung gänzlich genommen. Die Schilderung der Natur ist sehr schön und anziehend, und auch die finstere Schule malt Jhre Hand der Phantafie in großen und prächtigen Bildern." Schiller antwortete: "Was Sie in diesem Gedichte noch ausgeführt gewünscht hätten, würde es dem Philosophen zwar befriedigender machen, aber seine einfache Form zerstören, und auch den poetischen Zweck beeinträchtigen. Die Auflösung soll durch das Herz, aber nicht durch den Verstand verrichtet werden; die Betrachtung, daß der Mensch sich von der Natur entfernen mußte, kann nie verhindern, daß der Verlust jenes reinen Zustandes nicht schmerzt, und nur an diesen hält sich der Poet. Ich weiß nicht, ob ich mich hier deutlich genug mache, aber das fühle ich, ein jedes andere Denouement durch den Verstand würde den ganzen Geist des Gedichtes verändert haben." So zeigte uns Schiller auch hier, daß er, wie innig der Philosoph und der Dichter in ihm zusammenhangen mochten, doch in der Praxis die Forderungen beider sehr wohl zu sondern wußte. Hier im Gedichte, wo er durch die Darstellung des unentweihten Friedens der Natur im Gegensaß zu dem Zwiespalt der begonnenen, aber noch unvollendeten Kultur einen schönen Herzenseindruck erzielte, mußte er die von Humboldt gewünschten Untersuchungen, die ein bloßes Verstandesinteresse gewährt hatten, fern halten, und auch jene glückliche Zeit der Vormundschaft der Natur in einem günstigeren Lichte erscheinen lassen, als es der Philosoph hätte thun dürfen. Wirklich erklärt Schiller S. 1035 seiner Werke in E. B. diesen Abfall des Menschen von seinem Instinkte, der das moralische Uebel zwar in die Schöpfung brachte, aber nur um das joralische Gute darin

möglich zu machen, für die glücklichste und größte Begebenheit in der Menschengeschichte. „Der Dichter, wie der Volkslehrer, hat Recht, sie einen Fall zu nennen; denn der Mensch wurde aus einem unschuldigen Geschöpf ein schuldiges, aus einem vollkommenen Zögling der Natur ein unvollkommenes moralisches Wesen, aus einem glücklichen Instrument ein unglücklicher Künstler; aber der Philosoph hat Recht, sie einen Riesenschritt der Menschheit zu nennen; denn der Mensch wurde dadurch aus einem Sklaven des Naturtriebes ein freihandelndes Geschöpf, aus einem Automat ein sittliches Wesen, und mit diesem Schritt trat er zuerst auf die Leiter, die ihn nach Verlauf von vielen Jahrtausenden zur Selbstherrschaft führen wird.“

Ursprünglich (in den Horen 1795, Str. 9, S. 89) hieß die Ueberschrift Natur und Schule. Warum änderte wohl Schiller diesen Titel in den gegenwärtigen? Schon Humboldt's Aeußerungen über das Gedicht mochten ihn besorgen lassen, man werde in diesem eine in poetisches Gewand gekleidete philosophische Betrachtung des Verhältnisses von Natur und Kultur erblicken, und es verkennen, daß in dem Stücke keine zwei Gegenbilder aufgestellt wer= den, sondern die Schilderung der Schule nur den Schatten in dem lichtvollen Gemälde der seligen goldenen Zeit bilden solle. Um nun nicht auch noch durch die Ueberschrift eine zu sehr dualistische Auffassung des Stückes zu fördern, wählte er den mehr auf Einheit deutenden Titel Genius, womit er jenen „schüßenden Engel“ meint, der dem Herzen, das ihn nie verloren, ein sichrerer Führer ist, als das Wort, welches der Weisheit Meister lehren.

Der folgende, aus den Horen entnommene Text ist in manchen Versen von dem gewöhnlichen abweichend und um mehrere Distichen länger.

1. Ist es denn wahr sprichst du,,,was der Weisheit Meister mich lehren *),

„Das der Lehrlinge Schaar sicher und fertig beschwört?

Jest:,,Glaub' ich“, sprichst du,,,dem Wort, das der Weisheit u. s. w. Biehoff, Schiller II.

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,,Kann die Wissenschaft nur zum wahren Frieden mich führen, ,,Nur des Systemes Gebälk stüßen das Glück und das Recht? 5.,,Muß ich dem Trieb mißtraun, der leise mich warnt, dem Geseße, ,,Das du selber, Natur, mir in den Busen geprägt,

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,,Bis auf die ewige Schrift die Schul' ihr Siegel gedrücket, ,,und der Formel Gefäß bindet den flüchtigen Geist? Sage du mir's; du bist in diese Tiefen *) gestiegen, 10. ,,Aus dem modrigen Grab kamst du erhalten zurück; „Dir ist bekannt, was die Gruft der dunklen Wörter bewahret, ,,Ob der Lebenden Trost dort bei den Mumien wohnt! „Muß ich ihn wandeln, den nächtlichen Weg? Mir graut, ich bekenn' es! ,,Wandeln will ich ihn doch, führt er zu Wahrheit undRecht."

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Wen hat man sich unter dem Sprechenden, wen unter dem Angeredeten vorzustellen? Bei der Juterpretation des Stückes in Schulen habe ich bemerkt, daß manche sich die Rede an den Genius gerichtet dachten, den sie dann freilich nicht, wie es oben ge= schehen, als den schüßenden Engel, als „den Führer im eigenen Busen“ (wie es in dem Einem jungen Freunde gewidmeten Distichon heißt), sondern als ein höheres, über das Wohl und Wehe der Menschheit aufgeklärteres Wesen betrachteten. Bei genauerer Ansicht ergibt sich indeß klar, daß der Dichter sich selbst durch einen andern, etwa durch einen jungen Freund anreden läßt, der sich von vielen Seiten zum Studium der Weltweisheit aufgefordert sah. Durch Kant hatte damals die Philosophie einen neuen gewaltigen Aufschwung genommen; die bessern Köpfe widmeten sich ihr mit Eifer; allgemein hörte man die Behauptung, daß nur durch sie ein fester Grund für Glück und Seelenfrieden gewonnen werden könnte. Der Dichter konnte wissen, was an dieser Behauptung Wahres war, er hatte um diese Zeit den Weg durch den größten und wichtigsten Theil der Philosophie zurückgelegt; drum wendet sich der Freund an ihn mit der Frage, ob es durchaus nöthig sei, den „nächtlichen Weg" durch die Wissenschaft zu nehmen, um zu fester Selbstberuhi

Jeht: Tiefe.

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