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Ausbildung des Lehnwesens.

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trat hinter den Geschäften, welche die Verwaltung der Güter und der damit verbundenen politischen Rechte nöthig machten, ganz zurück, und die Vorsteher dieser Institute, Próbste und Decane genannt, wurden zu einem geistlichen Herrenstand, der dem weltlichen an Macht nichts nachgab. Durch die Chorherren wurde ferner die Gewalt des Bischofs über seinen Sprengel in so 'fern beschränkt, als diese unter dem Namen des Kapitels als Rath an seine Seite traten. Der Wille dieser Versammlung band den Bischof in vielen Fållen und späterhin hing auch ges wöhnlich die Wahl desselben von den Kanouikern ab.

Die wichtigste Veränderung geschieht aber in dieser Zeit auf dem Gebiete des Staats selbst. Es ist die Gestaltung des Lehnsystems zur einzigen Form des politischen Lebens. Wir haben gesehen, wie schnelle Fortschritte die Verleihung von Gütern und die Ausbildung einer hierauf begründeten Aristokratie unter den Merovingern gemacht hatte, Die Kraft der Vorfahren Karl's des Großen und seine eigene hatte diese aufgehalten, jezt aber beschleunigten sie die Schwäche der Herrscher, der Sturm der auswärtigen Kriege, der Drang der inneren Fehden. Es gab nirgend Recht mehr, nur Raub und Gewalt. Die wohlthätige Einrichtung der Sendboten war ganz verschwunden, und keine Aufsicht hielt die Macht der größeren Lehnstråger im Zaume. Troß der Verbote der Könige befestigten sie ihre Höfe, und bauten Schlösser zur Abwehr wider den äußeren Feind, und Zwingburgen für die umliegende Gegend. Wenn schon früher Mangel an Unterhalt viele vermocht hatte, die Leute der Reicheren zu werden, so traten jest Hungerjahre ein, welche die Våter nöthigten, ihre Kinder als Knechte zu verkaufen. Die Grafen mißbrauchten ihre Gewalt, bis die freien Eigenthümer der Gaue ihnen ihr Gut auftrugen und es als Lehen zurückempfingen. Befehdeten sich die Vasallen, so mußten die Freien Schuß unter des einen oder des anderen Lehnsfahne suchen; die årmeren wurden Zinspflichtige oder Leibeigene, und der Gutsherr machte in der Behandlung beider Klassen eben keinen großen Unterschied. So verschwanden die kleineren Bauern mit freiem Eigenthum in Italien und Frankreich fast ganz, in Deutschland ́erhielten sie sich etwas zahlreicher in einzelnen Gegenden, in den Hochgebirgen des Südens und an den Küsten der Nordsee.

Auch die ersten Schritte zur Erblichkeit der Lehen waren schon geschehen, man betrachtete es als Regel, daß Aemter, welche, wie z. B. die Grafengewalt, jest auch als Lehen angesehen wurden, und Territorialbeneficien des Vaters auf den Sohn übergingen, und die schwachen Becker's W. G. 7te X.* IV.

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Könige, ihre Gewalt durch beständige Austheilung der Stammgúter, um sich nur auf dem Throne zu erhalten, noch mehr vermindernd, hatten keine Mittel, sich hierin durchgreifend zu widersehen. Die sittliche Grundlage des Gefolgwesens war vie persönliche Liebe und treue Anhänglichkeit an den Führer gewesen, welche den Gefährten wiederum die Ehre gab. Diese Ergebenheit mußte jezt durch das Interesse, welches die Vasallen gegen die Fürsten geltend machten, -die Sicherung ihres Besißes für sich und ihre Familie, — immer mehr untergraben werden, und die Erblichkeit, als ein rein natürliches Príncip, dieselbe fast ganz umstürzen. Ueberdies hatten die reich gewordenen Vasallen Mittel genug in Hånden, auch ihren eigenen Willen durchzusehen, und ob fie gehorchen wollten oder nicht, die gelobte Treue bewahren oder brechen, stand nur bei ihnen. Denn im Könige erblicken sie nicht jene allgemeine Spiße und Zusammenfassung des Staats wie die neuere Zeit, er steht ihnen ebenfalls nur als ein einzelner gegenüber, und hat, un sie zu zwingen, nur seine zufällige Privatmacht. So ist es gekommen, daß der auf die Liebe und Treue gegründete Staat der Germanen nur zu bald und zu oft in den des Hasses, der Untreue und der Gewalt übergegangen ist, in welchem der König sich fast durchgängig im Zustande der Abwehr gegen die Vasallen befindet, in welchem die einzelnen gewöhnlich nicht die Zwecke des Staats, sondern jeder seine besonderen verfolgt. Auf diese Weise hat sich jene reiche Welt von Einzelheiten und Selbståndigkeiten erzeugt, welche den Charakter des Mittelalters ausmacht. Auch die Römische Kaiserwürde, welche bald auf die Deutschen Könige überging, war nur eine Idee der im Grunde alle Realitåt mangelte, und es kam, wie überall in den weltlichen Verhältnissen des Mittelalters, rein auf das Talent und die Kraft der Persönlichkeit an, ob und in welchem Maße die in ihr liegenden Ansprüche geltend gemacht werden konnten.

8. Die Französischen Karolinger.
(843-987.)

Wir haben gesehen, daß Karl der Kahle seine Hånde nach der Kaiserkrone von Italien ausstreckte. Aber er konnte daheim sein Erbreich kaum behaupten. Die Seeprovinzen von Frankreich und die Städte an den Ufern größerer Flüsse waren ein vorzügliches Ziel der råuberischen Normannischen Geschwader. Ja diese kühnen Nordmånner spotteten

Gründung der Burgundischen Reiche... 211

der Macht Frankreich's so sehr, daß sie im Jahre 841 Rouen zerstörten, und 845 auf der Seine bis nach Paris segelten, und der Enkel des Mannes, dessen Schwert in ganz Europa mächtig gewaltet hatte, kaufte ihnen den Rückzug schimpflich ab. Dies wurde natürlich nur eine größere Lockung für sie; fast jedes Jahr erschienen sie wieder, und plůnderten bald dort bald hier. Bordeaur, Orleans, Tours, Blois und andere Städte gingen in Flammen auf; sogar ihre Winterlager nahmen die Normannen in Frankreich. Den Süden verheerten die Saracenen. Es möge sich jeder helfen so gut er könne, sprach der König. Eben so tief wie das Ansehen des Reiches nach außen, sank die königliche Macht im Innern herab. Karl der Kahle wurde von den troigen Großen zu einer Reihe von Bewilligungen gezwungen, durch welche die Krone an Gewalt über die Vasallen immer mehr einbüßte. Ob die Erbfolge in den Grafschaften unter diesem Könige schon gesetzlich wurde, ist nicht ganz klar, gewiß aber erhielt das Herkommen, wonach der Sohn dem Vater in den großen Beneficien wie in einem Eigenthum folgte, alle Wirkungen eines ausdrücklichen Gesetzes. Die Grafen wurden aus Richtern und Anführern zu wahren Gebietern in ihren Bezirken, maßten sich in denselben fast alle Rechte der obersten Staatsgewalt an, und benutten jede Gelegenheit, um ihre Besihungen und Rechte zu vermehren. Die Mächtigsten derselben führten bald wieder den herzoglichen Titel. Auch rissen sich nach Karl dem Kahlen die zu dem ehemaligen Königreiche Burgund gehörigen Provinzen gänzlich von Frankreich ab. Die dortigen Bischöfe trugen unter Mitwirkung Papst Jo-, hannes VIII. im Jahre 879 dem Herzog Boso von Provence, einem Schwager Karl's des Kahlen, die Krone an, welche dieser bereitwillig annahm. Der neue Staat bestand außer der Provence und der Dauphiné, aus Theilen von Languedoc und der Franche Comté, dem Gebiet von Lyon u. s. w., und hieß das Königreich Provence, nachmals das Eisjuranische Burgund, zum Unterschiede von einem zweiten, Transjuranischen Königreiche Burgund, welches den größten Theil der Schweiz, Savoyen's und der Franche Comté umfaßte, und dessen erster König, Rudolf, ein Enkel des Welfen Konrad, des Bruders der Kaiserin Judith, war.

Den Entschluß, sich in den Gegenden, deren Statthalter er bisher gewesen, zum König aufzuwerfen, faßte Rudolf um die Zeit, wo Karl der Dicke abgesetzt und gestorben war (SSS), und in allen Ländern des ehemaligen Karolingischen Großreiches die Mächtigsten nach der Krone

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griffen, in Deutschland Arnulf, in Italien Berengar und Guido. Auch der Adel des nördlichen Frankreich's bedurfte eines kräftigen Führers gegen die Normannen, und erhob daher den durch Tapferkeit erprobten Grafen von Paris unt Herzog von Francien, Odo, gegen den indeß bald eine andere Partei aufstand, welche Karl den Einfältigen (oben S. 202.) zum Könige krönte. Nach Odo's Tode (898) wurde Karl, jezt neunzehn Jahr alt, zwar von allen Vasallen anerkannt, aber leider war es gerade seine ungemeine Schwäche, welche sie dazu bewog, da sie nun desto ungestörter um sich greifen und ihre Macht befestigen konnten. Die Normannen, die auch Odo nicht hatte besiegen können, seßten ihre råuberischen Einfälle unaufhörlich fort, und Karl mußte sich endlich entschließen, einem kühnen Führer derselben, Rollo, von seinem Volke Gangahrolf d. i. Hrolf der Gånger genannt, der bis nach Clermont vorgedrungen war, eine ganze Provinz zu überlassen, unter der Bedingung, daß er sich mit seinen Begleitern taufen lasse, und ihn, den König von Frankreich, als seinen Oberlehnsherrn erkenne (911). So wurde Rollo, in der Taufe Robert genannt, der erste Herzog der Normandie, welche Benennung die ihm eingeräumte Provinz von den neuen Ansiedlern erhielt, und der benachbarte Graf von Bretagne ward ihm sogar noch als Vafall untergeordnet. Bald wurden die Normannen der Sprache nach zu Franzosen und dieser Veränderung folgten dann auch Sitten und Gesinnung, welche sich jedoch eine festere Haltung bewahrten; aber um die Könige des neuen Vaterlandes bekümmerten sich ihre Herzoge wenig oder gar nicht.

Mit der Abfindung dieses beschwerlichen Feindes war für Karl den Einfältigen keine Zeit der Ruhe gekommen, vielmehr stand ihm das schwerste Mißgeschick noch bevor. Odo's Bruder Robert, der Erbe seiner Macht, erhob sich wider ihn als Gegenkönig, und nachdem dieser in einer Schlacht gefallen war (923), Rudolf Herzog von Burgund, besonders unterstüßt von Robert's Sohn, Hugo dem Weißen, welcher nachher der Große genannt ward. Karl starb in der Gefangenschaft (929). Rudolf war nun zwar allein König, aber die verderblichen Parteiungen unter den Großen dauerten fort. Nach Rudolf's Tode (936) holten sie einen Sohn Karl's des Einfältigen, den seine Mutter nach England geflüchtet hatte, Ludwig IV., welcher deswegen der überseeische (d'Outremer) genannt wurde, von dort her, und ließen ihn zu Rheims zum Könige krönen. Auch er, wenn gleich kräftig und geschickt, war der Spielball der mächtigen Vasallen, besonders Hugo's

Lothar und Ludwig V. (954-987).

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des Großen, dem jezt auch das Herzogthum Burgund zugefallen war, und so an Ruhm, Ansehen und Größe der Besizungen weit über alle Andere hervorragte. Abtretungen und Geschenke waren für diese schon so geschwächten Könige das einzige Mittel, die trobigen Vasallen zur Ruhe zu bringen, und sie hatten sich dadurch zuleht so arm geschenkt, daß Ludwig von dem großen Reichsgute der Karolinger nichts mehr übrig hatte, als die einzige Stadt Laon. Darum konnte auch dem Sohne und Nachfolger dieses Ludwig, Lothar (954-986), obschon es auch ihm weder an geistigen Fähigkeiten, noch an Muth fehlte, die Wiederherstellung der zu einem leeren Schatten herabgesunkenen königlichen Macht nicht gelingen. Selbst der Tod Hugo's des Großen ånderte wenig, sein åltester Sohn Hugo Capet erbte mit dem Herzogthume Francien des Vaters Ansehen. Als nun Lothar's Sohn, Ludwig V., der wegen seiner Unthätigkeit den Beinamen des Faulen erhalten hat, schon nach einer Regierung von fünf Vierteljahren starb (987), rief Hugo Capet schnell seine Anhänger zusammen, nahm den Königstitel an, und wurde von den übrigen großen Vasallen im Norden der Loire bald anerkannt. Die südlichen Herzoge und Grafen zögerten, und mußten zum Theil mit den Waffen gezwungen werden, ihren Widerstand aufzugeben. Indeß konnte Karl, Herzog von Niederlothringen (f. unten Abschn. 13.), der leşte noch übrige Karolinger, seine Ansprüche nicht geltend machen, und starb zuleht als Gefangener seines Gegners. Von Hugo Capet stammen alle Könige ab, welche Frankreich bis auf den heutigen Tag beherrscht haben.

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9. Frankreich unter den ersten Capetingern.

(987-1060.)

Es war einer der ersten Schritte Hugo's, sich die Geistlichkeit durch Rückgabe vieler Abteien und Besizungen, welche sein Haus an sich gerissen hatte, geneigt zu machen, denn er bedurfte mächtiger und einflußreicher Freunde. Der König war jest als Herzog von Francien (Isle de France), welches den größten Theil der Länder zwischen der Seine und Loire, Paris und Orleans, in sich begriff, zwar der mächtigste Güterbefizer in Frankreich, aber er war doch immer nur der Erste unter Vielen, die ihm an Macht sehr nahe kamen. Diese großen unmittelbaren Kronvafallen waren: die Herzoge von Burgund (der Bourgogne, nicht mit den Burgundischen Königreichen zu verwechseln), von der

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