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der Ehrgeiz ihn beherrscht habe, und daß er sein ganzes Leben hindurch der ausschweifendsten und schwärmerischsten Erwartungen voll gewesen sei. Bitter låchelte er, wenn er von seinen Plånen sprach, die er mit Recht unsinnig nannte. Meine ehrgeizigen Absichten," sagte er, »gingen in's Unbestimmte und Ungemessene; ich wußte selbst nicht genau, was aus mir werden sollte. Wåren meine geistigen Kräfte auf einen einzigen Punkt gerichtet gewesen, hätte ich meine Fähigkeiten richtiger und bescheidener gewürdigt, dann hätte vielleicht etwas aus

mir werden können!

hatte ich kein Geld

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Außerdem, Doktor,

keine feste Grundlage, um

darauf zu bauen; das war der faule Fleck! Ach! Doktor! sprach er tief seufzend weiter, » wåre es mir möglich gewesen, die Dinge vor drei Jahren so anzusehen, wie ich sie jest ansehe: so würde ich in diesem Augenblicke ein tüchtiges und geachtetes Mitglied der Gesellschaft sein; nun aber sterbe ich als ein überlåstiger Auswürfling — ein Narr — ein Bettler ! « Hier brach er in Thrånen aus, fuhr aber bald wieder fort: »Sie, Doktor, find ohne Zweifel daran gewöhnt, diese Selbstanklagen auf dem Sterbebette, diese Seelengeißelungen, diese Reuergüsse über ein schlecht benußtes Leben anzuhören! Ach! jegt, da

ich der Ewigkeit nahe bin, ist es mir, als såhe ich die Dinge und insbesondere mein eignes In

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nere durch das Medium eines seltsamen, alldurchdringenden, unerfreulichen Lichtes. O wie Vieles, Vieles macht es klar, was ich gern für immer vergessen håtte! Gedenken Sie, Doktor, jener schrecklichen Worte der Schrift, wo das menschliche Herz mit einem Käfig voll unreinen Gevogels verglichen wird! Ich verließ ihn diesen Abend, tief durchdrungen von den ernsten Wahrheiten, die er vorgebracht hatte; niemals zuvor war meine Aufmerksamkeit so nachdenklich darauf gerichtet ge= wesen. Ein einziges Sterbebett wie ein schottis scher Gottesgelehrter gesagt hat predigt gewaltiger, als eine ganze Versammlung von Bischöfen.

Herr war ein vollendeter Hellenist, insbesondere wohl bewandert in den griechischen Dramati= kern, und liebte leidenschaftlich vor Allen den Sophokles. Ich erinnere mich, wie er eines Abends, mit eben so viel Kraft als Gefühl, die rührende Ausrufung des Chors im Oedipus tyrannus recitirte:

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die, wie er sagte, ihm stets, er mochte schlafen oder wachen, gegenwärtig war. Einst fragte ich ihn, ob er nicht bedaure, sein Leben ausschließlich dem Stu: dium der Klassiker gewidmet zu haben? Er erwiederte mit Begeisterung: »Nein, Doktor, nein, nein! Wie könnte ich es bedauern, mit den größesten und edelsten Månnern, die jemals die Erde trug, durch ihre Werke in beständigem Umgange gelebt zu ha ben!? Ich habe in Elysium gelebt habe die himmlische Luft jener heiligen Fluren eingeathmet, während ich mit den Werken der Weisen und Dichter Griechenlands und Roms beschäftigt war. Ja selbst bei meinem bittern und frühzeitigen Hinsterben ist es mir ein füßer Trost, zu denken, daß meine Seele diesen elenden, siechen, unwürdigen Leib getränkt von dem Balsamdufte - wiederstrahlend

*) Weh mir! von Leiden ohne Zahl
Wird nun mein Herz bedrückt!
Erkrankt ist meine Streitmacht all';
Und es gebricht der Denkkraft Wehr,
Das Unheil abzuwenden!

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von der ewigen Jugend und Schönheit der herrlichsten Dichtkunst und Philosophie, die die Welt ge= sehen hat, verlassen wird! Mit meinem geschårften und erhöheten Denkvermögen scheide ich vertrauenss voll, um mit den Großen der Ewigkeit in nåhere Beziehung zu treten. Sie wissen, daß ich ihre Werke liebe daß all' meine Lebenskraft in ihrem Studium verzehrt ist - sie werden ihren Sohn, ihren Zögling willkommen heißen!« So krank er war, sagte er doch dieß Alles genau der ange= führten Worte sich bedienend, wenn ich nicht gånzlich irre mit einem Nachdrucke, einer Begeiste rung und einer Beredsamkeit, die ich nie übertrof fen gefunden habe. Doch er stockte plößlich, auf dem Gipfel der Aufregung, und klagte bitterlich, daß seine Liebe für die klassische Literatur eine krankhafte Empfindlichkeit in ihm erzeugt, und ihn dadurch untauglich für das gewöhnliche Leben und den Umgang mit Menschen gemacht habe.

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Oft fand ich ihn aufrecht im Bette sigend, und feine Lieblingstragödie, Üschylus gefesselten Prometheus lesend, während sein blasses und abgemagertes Antlig wie in verzückter Begeisterung glühete. Er sagte mir, seiner Meinung nach walte durch diese Tragödie mehr dichterischer Schwung

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und Erhabenheit, als in irgend einem andern Erzeugniß ter griechischen Dramatiker erreicht worden sei; besonders ergreifend und rührend komme ihm der Eröffnungsdialog vor. Er wußte fast drei Viertel des ganzen Stückes auswendig! Einst fragte ich ihn, wie es käme, daß ein Mann von seiner ausgezeichneten klassischen Gelehrsamkeit nicht eine einträgliche Stelle als Lehrer oder Erzieher erhalten habe? Er antwortete mit ziemlich hochmüthiger Miene, daß er lieber Steine auf der Heerstraße zerschlagen haben würde! Die herrliche Sprache Griechenlands," sagte er, den harmonischen Tonfall der Sprache der Römer von einfältigen Jun: gen und noch stumpfsinnigern Hülfs-Lehrern verstümmeln und entstellen zu hören, o! das wäre für mich eine Entweihung gewesen, wie die heiligen Haine des Alterthums sie erfuhren, wenn ihre feierliche Stille durch eine rohe, unheilige Schaar von Bacchanten gestört wurde. Ich wäre umgekommen, Doktor! Ich sagte ihm, daß ich nicht umhin könne, eine so thōrichte und krankhafte Empfindelei zu bedauern; eine Äußerung, die ihn sehr schmerzlich zu berühren schien. Möglich, daß er dachte, ich håtte den hohen Ton, den er annahm, eher bewundern als tadeln sollen. Ich fragte ihn, ob nicht

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