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alles beschlossen unter dem Unglauben, damit er sich aller erbarme; und so vergleicht er denn die Heiden dem wilden Delbaum, dem die edlern Zweige des Judenthums aufgepfropft worden, eine kirchenhistorisches Bild, das uns immer vor Augen stehen sollte, wenn wir die Verhältnisse des Judenthums zum Heidenthum und beider zum Christenthum richtig beurtheilen wollen.

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Nun die Gemeinden, an die Paulus aus der Gefangenschaft schrieb. Da ist uns Colossä in Phrygien wichtig. Hier hatte eine eigenthümliche Irrlehre überhandgenommen. Die Phrygier waren von jeher empfänglich für ertravagante Religionsvorstellungen und Religionsübungen. Schon in der heidnischen Zeit hatte dort der Dienst der Göttermutter (Cybele) zu schwärmerischem Unwèsen geführt. Und so scheinen auch jezt unter dem Namen der Philosophie allerlei unfruchtbare Speculationen über die Natur der Engel u. dergl. an die Stelle des einfachen Christenthums getreten zu sein, verbunden mit selbsterwählten Kasteiungen in Absicht auf Speise und Trank oder auf bestimmte Feiertage, Neumonde und Sabbathe. Daher warnt der Apostel: Lasset auch niemand das Ziel verrücken, der nach eigner Wahl einhergehet in Demuth und Geistlichkeit der Engel, deß er nie keines gesehen hat, und ist ohne Sache aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinn." (Col. 2, 18 ff.) Und so weist er sie auf Christum, als das Haupt der Gemeinde, als den, in welchem allein alle Schäße der Weisheit und der Erkenntniß verborgen liegen. In diesem Colossä lebte auch jener Christ Philemon, an den wir einen kleinen Brief des Apostels haben, der uns zeigt, in welchem innigen, freundschaftlichen Verhältniß Paulus zu diesem Manne stand, den erst die spätere Sage zum Bischof von Colossä gemacht hat. Bald nach Empfang dieses Briefes traf übrigens die Stadt Colossä ein trauriges Schicksal. Sie wurde im fünften Regierungsjahr des Nero (62) durch ein Erdbeben verschüttet.

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Von den verschiedenen Gemeinden scheint dem Apostel keine so sehr am Herzen gelegen zu haben, als die Gemeinde zu Philippi, in Macedonien. Er nennt sie (wie übrigens auch die Gemeinde zu Theffalonich, 1 Theff. 2, 19) seine Freude, seine Krone (Phil. 4, 1). Er rechnet es ihr zum Vorzug an, daß er von ihr Liebesgaben empfängt (Phil. 4, 15) und rühmt es an ihren Gliedern, Hagenbach, Vorlesungen II.

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daß sie ihm allezeit gehorsam gewesen. Gleichwohl scheinen auch hier falsche Apostel Eingang gefunden zu haben, vor denen Paulus in starken Ausdrücken (Phil. 3, 2) zu warnen für gut fand. Weniger persönliche Beziehungen treten dagegen an dem Brief an die Epheser hervor, der seinem Inhalte nach manches mit dem Brief an die Coloffer gemein hat. Man hat sich dieß auf verschiedene Weise erklärt, was uns aber hier nicht aufhalten kann. Daß Paulus sonst gerade zu dieser Gemeinde in einem engern Verhältniß stand, daß er sich sogar längere Zeit (zwei Jahre) bei ihr aufhielt und noch auf seiner Heimreise sich von ihren Aeltesten. in Milet verabschiedete, haben wir schon früher erwähnt. Bei seinem Abgange hatte Paulus seinen Schüler Timotheus daselbst gelassen, an den auch die beiden Hirtenbriefe im neuen Testament gerichtet sind. Auch den Tychicus ordnete er dahin ab. (Ephes. 6, 21.)

So ward durch die paulinische Thätigkeit, verbunden mit der glücklichen Lage der Stadt, Ephesus der Mittelpunkt des Christenthums in Kleinasien, und als dann später nach dem Tode des Paulus der greise Johannes seine lezten Tage daselbst zubrachte, wie eine frühere Stunde uns gezeigt hat, so mußte das Ansehen dieser beiden großen Apostel zusammenwirken, um dieser Metropole eine geschichtliche Bedeutung zu geben, die der von Jerusalem und Antiochien gleich kam. Aus dem Brief an Titus lernen wir endlich auch noch die Verhältnisse der Kretensischen Gemeinden kennen. Die Apostelgeschichte bringt zwar Paulus mit der Insel Kreta (dem heutigen Candia) nur in flüchtige Verührung (Apostelg. 27, 7); den Titus nennt sie uns gar nicht; doch wäre möglich, daß Paulus schon früher von Corinth oder Ephesus aus einen Besuch daselbst gemacht und die Gemeinde gestiftet haben könnte; wenn wir nicht einen spätern Zeitraum, unter Voraussetzung einer zweiten Gefangenschaft Pauli, dafür in Anspruch nehmen dürfen. Aus dem Briefe an Titus sehen wir, daß dieser schon auf des Apostels Geheiß eine gewisse Gemeindeorganisation auf der Insel einführte, indem er von Stadt zu Stadt Aelteste verordnete.. Auch da fehlte es nicht an Kampf mit allerlei Widersachern und an Solchen, die Fabeln und Menschengebote an die Stelle der Wahrheit zu sehen sich bemühten, so daß Paulus sich veranlaßt sah, an den Spruch

eines griechischen Dichters zu erinnern, der die Kreter Lügner, böse Thiere und faule Bäuche nennt.

So weit über die Gemeinden, an welche Paulus Briefe ge= richtet hat. Es fragt sich, besigen wir alle Briefe des Paulus? Diese Frage muß aus den eigenen Briefen des Apostels verneint werden denn im Brief an die Coloffer beruft sich Paulus an einen Brief an die Laodicäer (Col. 4, 16), den wir nicht mehr haben, es wäre denn, daß der Brief an die Epheser seine Stelle verträte. Eben so ist nicht unwahrscheinlich, daß er auch an die Corinther einen frühern Brief geschrieben hat, der nicht_mehr vorhanden ist (1 Cor. 5, 9). Dem sei wie ihm wolle, schon aus diesen Briefen, so weit sie uns sind erhalten worden, ergiebt sich, wenn auch ein nicht vollständiges, doch sehr willkommenes Bild von dem Zustande der Gemeinden im apostolischen Zeitalter. Nun aber find uns außer den paulinischen noch andere Briefe apostolischer Männer in unserm Bibelkanon aufbewahrt, aus denen sich noch einige weitere Züge zur Vervollständigung des Bildes der ersten Kirche entnehmen lassen. Der Brief an die Hebräer, über deffen Abfassung von Alters her die Meinungen getheilt waren, indem die Einen ihn dem Apostel Paulus zuschrieben, Andere einem seiner Schüler oder Gehülfen (man hat auf Lucas, auf Barnabas, auf Apollos gerathen), muß zu einer Zeit an die Judenchristen in Jerusalem. geschrieben worden sein, als die Apostel bereits daselbst theils ausgestorben waren, theils ihre Size verlassen hatten (vgl. Hebr. 2, 3). Er zeigt, wie die alte Religionsverfassung, die in dem Tempeldienst ihren Mittelpunkt hatte, nunmehr ihre Bedeutung verloren habe und wie das, was nur als Vorbild und Schatten gedient, in Christo erfüllt sei. Es deutet der Brief ferner auf eine Zeit, da der Gemeinde die schwersten Prüfungen und Verfolgungen noch bevorstanden und deshalb sucht er ihr Muth und Glauben einzuflößen, indem er sie aufschauen lehrt auf den, der allenthalben versucht ward, auf den Anfänger und Vollender des Glaubens, Christum (Hebr. 12). Auf eben solche drangvolle Zeiten weisen auch die Briefe hin, die wir unter dem Namen der katholischen Briefe besigen. So ist der erste Brief des Petrus gerichtet an die Christen in Pontus, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien, der des Jacobus an die hin und her zerstreuten.

Gemeinden (die Christen in der Diaspora). Auch in diesen Briefen, so wie in dem zweiten Brief Petri und dem Brief Judä wird vielfach geklagt, theils über Mißbräuche in den Gemeinden selbst, theils über Irrlehrer, Betrüger und Verführer aller Art. Was die innern Mißbräuche betrifft, so sehen wir aus dem Brief Jacobi, daß die Reichen und Angesehenen in den Versammlungen schon jezt anfingen, sich über die ärmern Brüder zu erheben und von ihren weichen und guten Sigen herab auf sie herunter zu blicken (Jac. 2, 2 ff.), daß auch viel leeres und faules Geschwäß die Gemüther bethörte, daher die Warnung, daß nicht jeder sich unterwinde Lehrer zu sein und daß man die Zunge möge im Zaum halten (Jac. 2, 26. vgl. Cap. 3). Auch geht aus dem dogmatischen Theile des Briefes hervor, daß die paulinische Lehre von der Nechtfertigung durch den Glauben gröblich mißverstanden wurde, so daß es nöthig schien, diesem Mißverstand gegenüber die guten Werke wieder einzuschärfen, ohne die der Glaube todt ist. (Jac. 2, 14 ff.) 1)

Endlich haben wir noch in dem legten Buch der Bibel, in der Offenbarung Johannis steben merkwürdige Sendschreiben an sleben Gemeinden der Christenheit, unter denen wir einige schon genannt haben. Nur mit kurzen, aber charakteristischen Zügen wird uns hier die Physiognomie dieser Gemeinden gezeichnet und . ihr Gutes, wie ihr Schlimmes hervor gehoben. Es sind die Gemeinden zu Ephesus, zu Smyrna, zu Pergamus, zu Thyatira, zu Sardes, zu Philadelphia und zu Laodicäa. An der Gemeinde zu Ephesus wird gerühmt ihre Arbeit und Geduld, aber getadelt, daß sie die erste Liebe verlassen habe. Sie soll gedenken, wovon fie gefallen und Buße thun (Offenb. 2, 1-7). Auch an Smyrna wird die in Trübsal bewiesene Geduld hervor gehoben; sie wird ermuntert, getreu zu bleiben bis in den Tod, damit sie die Krone des Lebens empfange (Vs. 8-11). Ein ähnliches Lob ergeht an Pergamus; doch wird sie vor dem Einfluß gewisser Irrlehrer gewarnt (11—18), eben so Thyatira, Sardes, Philadelphia

1) Daß in dem Briefe Jacobi gar keine Rücksicht auf die paulinische Lehre genommen sei, ist doch wohl schwer anzunehmen. Vgl. Vers 23-25. Siehe übrigens Neander, Paulus und Jacobus, die Einheit der evange lischen Christen in verschiedenen Formen (vom Jahr 1822), in dessen kleinen Gelegenheitsschriften. Berlin 1829. S. i ff.

(2, 18. 3, 13). Am schärfften wird an der Gemeinde zu Laodicäa ihre Lauheit und Sicherheit gerügt: „Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest, weil du aber lau bist und weder kalt, noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist jämmerlich und arm und blind und bloß. Ich rathe dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, daß du reich werdest und weiße Kleider anzieheft und salbest deine Augen mit Augensalbe, daß du sehen mögest. Welche ich lieb habe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und thue Buße. Siehe, ich stehe vor der Thür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Thüre aufthun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. Wer überwindet, dem will ich geben mit mir auf meinem Stuhl zu fizen, wie ich überwunden habe und bin gesessen mit meinem Vater auf seinem Stuhl." (Offenb. 3, 14-21.)

Mit diesen feierlichen Worten, wie sie der Seher als Worte des Geistes an die Gemeinden vernahm, schließen wir unsere Betrachtung über die Gemeinden des neutestamentlichen Bereiches. Wir schauen noch einmal auf zu diesen Leuchtthürmen, zu diesen Feuersäulen des christlichen Geistes, von denen eben dieser Geist seine Lichtstrahlen aussandte in die umherliegende Nacht des Heidenthums. Wie es nun dem Schiffer geht, wenn er den Hafen verläßt, das Ufer mehr und mehr aus den Augen verliert und auf der offenen See sich nach Nichtpunkten umsehen muß, so weit eben seine Hülfsmittel reichen, so ergeht es dem Kirchenhistoriker, wenn er die Urkunden der neutestamentlichen Offenbarung hinter sich hat und nun über die weitere Ausbreitung des Christenthums auf dem Erdball Rechenschaft geben soll.

Eine Missionsgeschichte der ersten Zeit giebt es für uns nicht. Die paulinischen Neisen, die wir in der vorigen Stunde betrachtet haben, find die einzige zusammenhängende Berichterstattung über die Verbreitung des Christenthums in der ersten Zeit. Alles was wir noch sonst haben, verliert sich theils in das Dunkel der Sage oder beschränkt sich auf vereinzelte Spuren, denen wir wohl nachgehen können, ohne daß es uns vergönnt wäre, den Wea

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